Datenverarbeitung in der Rechtspraxis

Folge 11

08.02.1980

c.c. Rechte des Anwenders bei fehlerhaften Betriebssystemen

Wie auch immer Vermieter oder Verkäufer von EDV-Anlagen die Rechtsbeiziehungen hinsichtlich der Betriebssysteme vertraglich regeln, ein gänzliche Freizeichnung von Gewährleistung und Haftung für Fehler derselben ist nicht möglich.

Ein Durchschlagen solcher Fehler auf die Rechtbeziehungen zur Hardware läßt sich ebenfalls nicht ausschließen, es sei denn durch ausdrückliche individuelle Vereinbarung zwischen dem Lieferanten und dem Anwender.

Zu früherer Zeit glaubte man, Gewährleistungs- und

Haftungsrisiken dadurch zu vermeiden, daß Betriebssysteme vertraglich ganz und gar unerwähnt blieben. Ein besonderes Entgelt für die Bereitstellung von Betriebssystemen wurde ja nicht gefordert. Dieses Konzept, mit dem sich viele Anwender "ins Boxhorn jagen" ließen, war jedoch von vorne herein zum Scheitern verurteilt.

Einmal setzte sich - insbesondere auch auf Lieferantenseite - zunehmend die Erkenntnis durch, daß Hardware und Betriebssysteme aufgrund der technischen Interdependenzen rechtlich als wirtschaftliche Einheit aufzufassen sind, also gewissermaßen das Betriebssystem zur Hardware zu rechnen war.

Bei entsprechendem Druck des Anwenders waren die Lieferanten dann auch bereit "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" entsprechende Konsequenzen zu ziehen

Zum anderen aber tauchte im Laufe der Zeit die Besorgnis auf, daß ohne vertragliche Erwähnung der Betriebssysteme im Hardwarevertrag oder gesondert der Lieferant für Fehler der Betriebssystem voll haften könnte, da höchst zweifelhaft sein mußte, ob die Gewährleistungs- und Haftungsregelungen des Hardware-Vertrages Platz greifen würden, wenn das Betriebssystem als Vertragsgegenstand nicht in der Vertrag einbezogen war.

Diesbezügliche Zweifel und Unklarheiten gehen rechtlich voll zu Lasten des Lieferanten, der es ja in der Hand hat, sich in seinen Standardbedingungen eindeutig auszudrücken.

Da die freie, das heiß vertraglich nicht geregelte Bereitstellung von Betriebssystemen somit in den Augen der Lieferanten nur Nachteile brachte, werden heute ganz überwiegend die Betriebssysteme in die Hardware-Verträge einbezogen. Es

handelt sich dabei rechtlich um sogenannte gemischte Verträge.

Zwar kann man nicht sagen, daß

das Betriebssystem Bestandteil der Hardware ist. Das Betriebssystem ist keine Sache, kann deshalb nicht Bestandteil einer anderen sein.

An ihm können nur Nutzungsrechte begründet werden. Diese unterliegen dem Pachrecht des Bürgerlichen Rechtes, welches in den hier interessierenden Punkten das Mietrecht Anwendung finden läßt.

Das heißt:

Der Lieferant haftet für das Betriebssystem wie für die Hardware!

Auch die Grundsätze der Zusammengehörigkeit die bereits früher innerhalb des Hardware-Bereiches abgehandelt worden sind, finden Anwendung. Das bedeutet, daß der Mieter wegen fehlerhafter Betriebssysteme mit dem Nutzungsrecht an diesem auch die Hardware vorzeitig kündigen kann, der Käufer mit der Kündigung dieses Nutzungsrechtes auch zur Wandlung der Kaufsache berechtigt ist, unabhängig davon ob für die Hardware Gewährleistungs- oder Garantiefristen noch laufen oder nicht. Der Fehler liegt in der Software! Insoweit besteht ein Dauerschuldverhältnis. Die einmalige Abgeltung desselben mit einem Teil des vorgesehenen Kaufpreises ist unschädlich. Mängel können während der gesamten Laufzeit geltend gemacht werden.

Bei gemischten Verträgen ist auch nicht fraglich, ob wegen fehlerhafter Betriebsysteme auch gemindert werden kann. Maßgeblich ist zunächst der Anteil des Betriebssystems am vereinbarten Mietzins oder Kaufpreis. Dieser ist nicht ausgewiesen, andererseits aber auch nicht gesagt, daß Bereitstellung der Betriebssysteme unentgeltlich erfolgt.

Somit finden die komplizierten Berechnungsgrundsätze des ° 472 Abs. 2 BGB Anwendung.

Ob darüber hinaus auch eine Minderung des Hardware-Anteils möglich ist, ist überaus fraglich. Insoweit gilt das zur Minderung zusammen gehöriger Hardware-Komponenten Gesagte.

e. Ausfälle und Störungen verursacht durch fehlerhafte Anwendungssoftware

Stellt der Hardware- Lieferant neben der EDV-Anlage auch die gesamte Anwendungssoftware zur Verfügung, spricht man in der EDV-Branche gerne von einer Paketlösung. Mit diesem saloppen Begriff ist nichts anderes gemeint als die bereits mehrfach zur Sprache gekommene Zusammengehörigkeit verschiedener Leistungen.

Das bedeutet, daß eine Zusammengehörigkeit auch gegeben sein kann zwischen der Hardware und der Anwendungssoftware, welche üblichen reise im Rahmen von sogenannten Lizenzverträgen zur Verfügung gestellt wird. Mängel des einen Leistungsbereiches greifen somit auch auf den anderen mit den bereits ausführlich beschriebenen Konsequenzen über.

Nicht jede zusammen mit der Hardware durch die Lieferanten bereitgestellte Anwendungssoftware begründet eine Zusammengehörigkeit. Werden nur einzelne Anwendungsprogamme, vielleicht sogar im Verhältnis zu anderen weniger wichtige, bereitgestellt, wird man zu einer Zusammengehörigkeit nur auf dem Wege über eine konkrete Vereinbarung oder aber aufgrund von schwerwiegenden Umständen kommen können.

Wird fortgesetzt.