Flucht nach vorn!

27.04.1995

Seit zirka einem halben Jahr sitzen so manche Geschaeftsfuehrer auf dem heissen Stuhl. Was ihnen einheizt, ist eine neue Verantwortung, die sie gleichwohl delegieren koennen, naemlich fuer die eventuelle Verwendung von Raubkopien in ihren Unternehmen beziehungsweise ein mangelhaftes Lizenzen-Management. Sollten sie dies dulden, kann das beachtliche Geldstrafen beziehungsweise unfreiwillige Aufenthalte hinter Mauern ohne Ausgangsberechtigung zur Folge haben.

Wird nicht so heiss gegessen! Das mag heute gelten; morgen mit Sicherheit in Unternehmen mit ueber 50 PCs nicht mehr.

- Nicht nur, dass immaterielle Produkte, wie sie Software nun einmal darstellt, mit herkoemmlichen Monitoring-Methoden wie manuellem Auflisten etc. nicht zeitgemaess und exakt zu handhaben, also nicht zumutbar sind;

- nicht nur, dass man moeglicherweise ganz naiv und unprofessionell gegen geltendes Recht verstoesst;

- nicht nur, dass man sich den Blick auf Sparpotentiale und Nutzungstrends verstellt:

Die Verantwortlichen begeben sich auch in eine aeusserst unangenehme weitere Abhaengigkeit von ihren Mitarbeitern. Veraergerte, Gefrustete, Neurotiker, sie werden sich ihre Koepfe nicht mehr ueber raffinierte Sabotagemethoden zerbrechen, sie haengen ganz einfach die Software-Verantwortlichen hin. Kesseltreiben also von allen Seiten.

Was tun? Flucht nach vorn! Der Ausweg ist vorgezeichnet, indes mit Kosten verbunden. 15 000 Mark hin oder her - so eine haeufig auftretende Groessenordnung in kleinen und mittleren Unternehmen -, sie muessen fuer Metering-Software wohl berappt werden. Kurzsichtig, wer vorrechnet, damit koenne ja soundsoviel neue Software (samt Lizenzen) erworben werden. Diese Argumentation waere wohl ausschliesslich in Unternehmen oder solchen Verwaltungseinheiten adaequat, die nicht wachsen wollen. Das soll es ja auch geben.

Kurz: Wer das noetige Problembewusstsein jetzt an den Tag legt, kann sich noch an die Spitze der Bewegung setzen, mit all den Vorteilen, die mit einer solchen Position verbunden sind:

a) Verantwortung (die Bosse sind sie gerne los),

b) Erwerb eines facettenreichen Software-Know-hows (es gibt noch wenig Spezialwissen im Markt),

c) Sensorfunktion am Puls der firmeninternen und -externen Softwaretrends und

d) moeglicherweise langfristig eine wichtige, gesetzlich abgesicherte Zusatzfunktion zum Job in der DV, die des Sicherheitsbeauftragten. Der ist vor diesem Hintergrund in letzter Zeit fachlich und finanziell wieder sehr attraktiv geworden.