First look: Erste Eindruecke von Open Insight 2.0 Objektorientiertes SDK bietet Repository fuer die PC-Umgebung

17.06.1994

Von Johann Baumeister*

Der Einsatz eines Repositories zur Programmentwicklung ist in der PC-Umgebung eher noch die Ausnahme. Insofern beschreitet die britische Revelation Technologies mit "Open Insight 2.0" neue Wege: Das objektorientierte Entwicklungs-Tool bietet ein Repository, in das sich unter Windows alle Programmkomponenten einbinden lassen.

Software-Entwicklungsumgebungen fuer Windows haben mit Produkten wie Visual Basic, Powerbuilder oder SQL-Windows einen hohen Standard erreicht. Ihnen gemeinsam ist die grafische Ausrichtung, mit der sich Programme elegant aufbauen lassen. Open Insight ergaenzt diese Technik um ein integriertes Repository. Repositories dienen zur Verwaltung von Programmen mit den dazugehoerigen Komponenten, Regeln und Ablaeufen. Damit sind diese Tools weiter gefasst als ein Data-Dictionary, das lediglich die Daten mit ihren Abhaengigkeiten beschreibt.

Konzipiert fuer Multiuser-Anwendung, unterstuetzt Open Insight mehrere Benutzer und Netzwerke. Dazu stellt es Mechanismen (Check- out-, Check-in-Verfahren) bereit, um Programmkomponenten von einem Entwickler zur Bearbeitung laden zu lassen und in dieser Zeit fuer andere zu sperren. Ferner existieren an Benutzer gekoppelte Rechte, etwa die Passwortvergabe oder die Unterscheidung nach Administrator, Anwender und Application Author.

Beim Aufruf startet Open Insight mit dem Fenster des Application Managers. In ihm findet sich eine Liste von Klassen all jener Komponenten, die eine Open-Insight-Applikation ausmachen koennen. Diese Klassenliste besitzt einen hierarchischen Aufbau und beherbergt das Repository. Fuer Open Insight besteht jedes Programm aus einer Sammlung dieser Objekte.

Um eigene Objekte in das Repository zu integrieren und dort zu verwalten, laesst sich Open Insight durch ein Software-Development- Kit (SDK) erweitern. Anhand des SDKs koennen erfahrene Entwickler Klassen mit konkreten Objekten fuellen und daraus ein Programm zusammensetzen. Einmal erstellte Objekte lassen sich - getreu dem Prinzip der Wiederverwendbarkeit - auf andere Applikationen uebertragen.

Um einen Ueberblick ueber die Module und ihren Einsatz zu behalten, ist eine Unterstuetzung durch das Programmsystem unbedingt erforderlich. Durch Impact Analysis stellt Open Insight sicher, dass Aenderungen, die weiterreichende Auswirkungen haben koennen, kontrolliert, durchgefuehrt oder abgelehnt werden.

Abgesehen von der Analyse der Benutzeranforderungen und dem Erstellen von Funktions- und Datenmodellen laeuft der Aufbau von Programmen fuer grafische Oberflaechen meist nach dem gleichen Strickmuster ab: Erzeugen der Benutzerfenster mit Menues, Dialogboxen, Aktionsknoepfen etc.; Anbindung an die Datenbank (sofern vorhanden); Integration des applikationsspezifischen Codes.

Auch Open Insight passt sich diesem Schema an und liefert die dazu notwendigen Werkzeuge: Ein Database Manager, Table Builder und Table Browser dienen zum Erzeugen und Ueberwachen einer Datenbank mit ihren Tabellen.

Open Insight beinhaltet zudem ein eigenes Datenformat mit variablen Satzlaengen. Darueber hinaus verarbeitet das Produkt Daten im Dbase- sowie ASCII-Format und unterstuetzt ueber den Einsatz von Treibern den SQL Server von Microsoft. Der Datei-Export erfolgt ueber normalisierte Tabellen.

Um Benutzerfenster zu erzeugen, liefert der Hersteller einen Window Designer. Dieser kennt die Fenstertypen Form, Collector und Dialog Box. Hinter der Form verbirgt sich eine Bildschirmmaske mit Datenbankbezug; der Collector stellt ein Verarbeitungsfenster oder einen Auswahlbildschirm dar. Weitere Werkzeuge unterstuetzen die Erstellung von Menues, Pop-up-Fenstern, Listen und Abfragen. Auch ein Debugger zur Fehlersuche ist dem Produkt beigefuegt.

Neben den Fenstern spielen Ereignisse (Events) eine zentrale Rolle in Programmen mit grafischen Oberflaechen. Open Insight unterscheidet hierbei nach Standard-Events und Quick-Events. Bei letzteren wird davon ausgegangen, dass man fuer eine Reihe von Funktionen, etwa das Anzeigen von Meldungen, keinen eigenen Code erstellen muss, sondern auf vorhandene Prozeduren zurueckgreifen kann. Die Kopplung eines Quick-Events mit der jeweiligen Prozedur geschieht auf einfache und schluessige Weise.

Natuerlich wird keine Applikation ohne eigenen Benutzercode auskommen. Daher hat der Hersteller seine Programmiersprache Basic+ in das Paket integriert. Dieses 4GL-System ist an Basic angelehnt, bietet darueber hinaus jedoch umfangreiche Features wie dynamische Arrays, Bedingungen und Schleifen-, Datei- und String- Bearbeitung, logische und numerische Operationen sowie Netzwerkunterstuetzung. Alle Objekte, die der Entwickler erstellt, finden sich anschliessend in der Repository-Liste des Application Managers wieder. Durch Doppelklick auf ein Objekt startet das System das zugehoerige Tool mit dem selektierten Objekt und ermoeglicht dessen Aenderung.

In Vorbereitung ist laut Hersteller derzeit noch der Anschluss von Open Insight an Lotus Notes. Damit wird der Nachteil des Produkts - die geringe Anzahl unterstuetzter Datenbanken - etwas gemildert.

Die vollstaendige Integration aller Programmkomponenten in das Repository ist ein Novum in der PC-Umgebung. Es hat den Anschein, dass der Desktop mit seinen Entwicklungswerkzeugen hier in einem weiteren Bereich ansetzt, den Systemen der mittleren Datentechnik ebenbuertig zu werden oder diese gar zu uebertrumpfen. Nach dem Massstab des Benutzerkomforts ist dies jedenfalls gelungen.

Tip

Um mit Open Insight fluessig arbeiten zu koennen, sollte ein 486er PC mit 8 MB RAM verwendet werden. Da Revelation Technologies derzeit die deutschen Vertriebsstrukturen neu organisiert, koennen sich Interessenten nur direkt an den Hersteller im englischen Stamford (0044-908-233255) wenden.

*Johann Baumeister arbeitet als Systemanalytiker und Berater in Muenchen.