First Look: Eindruecke von Paradox 5.0 fuer Windows Borland ruestet neue Datenbank fuer den Client-Server-Einsatz

15.07.1994

Mit "Paradox 5.0" startet Borland neben Dbase fuer Windows einen weiteren Versuch, am Upsizing-Markt fuer Client-Server-Datenbanken Fuss zu fassen, denn im Endanwenderbereich laesst sich mit Microsoft kaum noch konkurrieren. Dort wird das Feld anderen Produkten wie MS-Access 2.0 oder Approach 3.0 von Lotus ueberlassen. Nicht zu Unrecht, sind diese beiden Programme doch bedienungsfreundlicher als das neue Paradox.

Verstecken braucht sich Paradox 5.0 in Sachen Benutzerfreundlichkeit vor den Konkurrenzprodukten allerdings nicht. Der neue Project Viewer dient als Datei-Manager: Fuer jede Kategorie von Datenbankobjekten werden die einzelnen Dateien rechts daneben angezeigt; zugleich erlaubt die Viewer-Funktion das Blaettern durch Aliasse (benutzerdefinierte Pfade) und Verzeichnisse. Ein Kontextmenue stellt Befehle wie Kopieren etc. bereit. Die Coaches, zu deutsch etwa Trainer, weisen den Anwender in bestimmte Aufgaben ein, waehrend die sogenannten Experts, eine Art Assistenten, zu schnelleren Ergebnissen bei Eingabemasken, Berichten und Etiketten beitragen sollen.

Button erleichtert die Tabellendefinition

Die Online-Hilfe wurde voellig umstrukturiert, der Zugriff auf Informationen ist damit leichter geworden. Ueber den neuen Restructure-Button laesst sich die Tabellendefinitionsbox rasch aufrufen. Um es mit Access 2.0 und Approach 3.0 aufnehmen zu koennen, muesste Paradox allerdings noch mehr Assistenten und Quicktips enthalten.

Das Paradox-Update laesst sich als OLE-2.0-Client fuer Tabellen, Formulare und Reports einsetzen, Server-Funktionen uebernimmt es dagegen nur bei Tabellen: Der Benutzer kann eine Tabelle in einem Winword-Dokument aus der Textverarbeitung heraus editieren. Fuer den Entwurf von Formularen und Berichten sind die Dialogfenster verbessert worden, wobei jetzt auch Layoutvorlagen und die Vorschau unterstuetzt werden. Es lassen sich anwenderspezifische Layouts definieren, sowohl fuer den Bildschirm wie auch fuer den Druck. Neue Feldtypen sind hinzugekommen, alte Bezeichnungen wurden geaendert. Neu sind: Autoincrement (Zaehler), Timestamp (Datum und Zeit), Long integer, BCD (fuer Klang, Barcode, Magnetstreifendaten), Logisch, Bytes und Time. Hier hat sich Paradox anderen Datenbanken wie Dbase und Access angenaehert.

Filter lassen sich mit Tabellen und Formularen verknuepfen und recht detailliert einstellen. Mit Hilfe des Kontextmenues koennen ueber die rechte Maustaste Eigenschaften von Objekten, unter anderem auch Filter, durch den Object Inspector bestimmt werden. Dabei ist es ebenso moeglich, Bedingungen vorzugeben - allerdings fehlen Optionen fuer mathematische Operatoren. Live-Query-Abfragen erlauben nun die Aenderung einer Quell- durch die Antworttabelle.

Datenmodelle lassen sich in Paradox 5.0 endlich als Datei sichern. Das heisst, der Benutzer kann ein Datenmodell als Vorlage fuer den Entwurf weiterer Datenbanken heranziehen.

Ueber diverse neue SQL-Befehle kann Borlands Programmiersprache Object PAL (Paradox Application Language) als SQL-Abfragesprache eingesetzt werden, um beispielsweise Sybase, Oracle 7, Informix sowie ODBC-kompatible Datenbanken zu erreichen. Zu Borlands SQL- Server Interbase ist ein sogenannter Express Link fuer den schnelleren Datenzugriff hergestellt worden. Paradox soll E-Mail auf der Basis von MHS, MAPI und VIM (Lotus, CC:Mail) unterstuetzen.

Fuer Entwickler haelt Paradox eine neue integrierte Entwicklungsumgebung (IDE) bereit, die sich besonders durch den ueberarbeiteten Debugger und verschiedene neue Dialogfenster sowie eine eigene Online-Hilfe auszeichnet. Zu Object PAL wurden ueber hundert Methoden und mehr als 200 Object-PAL-Eigenschaften hinzugefuegt, etwa fuer die Bearbeitung von Reports und der Benutzeroberflaeche. Im Bereich Dokumentation kann der Entwickler aehnlich wie in Access Tabellenstrukturen, Datenmodelle und Objekthierarchien (Object Trees) anzeigen und drucken.

Der in der ab Juli verfuegbaren US-Version von Paradox 5.0 integrierte Workgroup-Desktop soll uebersetzt auch im deutschen Release enthalten sein, das voraussichtlich ab September ausgeliefert wird. Damit koennen vernetzte Anwender ueber verschiedene Kommunikationsdienste wie MCI und Compuserve unternehmensuebergreifend Daten austauschen.

Benutzer der DOS-Version von Paradox 3.5, 4.0 oder 4.5 sollen ihre Anwendungen laut Borland in die Formate des neuen Windows-Release konvertieren koennen. Momentan werden diese Dateien in einem Kompatibilitaetsfenster ausgefuehrt, die Tabellen der genannten Versionen lassen sich ohne Schwierigkeiten oeffnen. Ein Update Paradox 5.0 fuer DOS stellt Borland uebrigens nicht unbedingt in Aussicht.

Um die Migration nach Windows zu erleichtern, bietet Paradox fuer Windows sogenannte Object Converters fuer Formulare aus Applikationen der DOS-Variante und aus dem ehemaligen Borland- Programmierwerkzeug Object Vision an. Konverter fuer Reports, Skripte und Abfragen sollen in kuenftigen Versionen folgen.