Firmenwagen für alle

06.10.2006
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Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.
Dienstwägen galten lange als Statussymbol, in dessen Genuss nur der exklusive Kreis der Manager und Vertriebsmitarbeiter kamen. Einige IT-Firmen bieten inzwischen Firmenautos der ganzen Belegschaft an.

Von Winfried Gertz*

Was der Firmenwagen kostet

Die private Nutzung eines Firmenwagens hat der Mitarbeiter als Geldwerten Vorteil durch den Arbeitgeber zusammen mit dem Gehalt zu versteuern. Die Höhe des Geldwerten Vorteils errechnet sich

1. entweder anhand der anteiligen tatsächlichen Kosten, wobei die privaten Kosten beziehungsweise Fahrten in einem Fahrtenbuch nachzuweisen sind,

2. oder auf Basis des pauschalen Nutzungswertes von 0,03 Prozent des Listenpreises je Entfernungskilometer: Brutto-Inlands-Listenpreis des Fahrzeuges 23270,00 E mal 1 Prozent pro Monat 232,00 E + 0,03 Prozent pro Kilometer Entfernung 69,60 E zur Arbeit (hier: 10 km)

= geldwerter Vorteil 301,60 E

Im Gegenzug kann der Arbeitnehmer für die Fahrten für die ersten zehn Kilometer 0,36 Cent und für jeden weiteren Kilometer 0,40 Cent pro Entfernungskilometer als Werbungskosten geltend machen und so die Höhe des Geldwerten Vorteils mindern.

Hier lesen Sie …

• warum IT-Fimen wie Dell allen Mitarbeitern ein Fahrzeug anbieten;

• für wen sich ein Firmenwagen auszahlt.

Ob ein Cabrio oder lieber einen Kombi, die Mitarbeiter der deutschen Dell-Niederlassung in Langen haben seit wenigen Monaten die freie Wahl, für welchen Firmenwagen sie sich entscheiden. Personalchef Benedikt Morsey bekräftigt: "Jeder Mitarbeiter darf fahren, was er will." Während zuvor lediglich Manager und Vertriebsleute in den Genuss eines beruflich wie privat nutzbaren Autos kamen, können dieses Angebot nun auch Angestellte im Support oder in der Buchhaltung in Anspruch nehmen. Der Computerbauer hat den Anwärterkreis auf die gesamte Belegschaft ausgeweitet und folgt damit dem Beispiel anderer IT-Firmen wie EDS oder Software AG.

Das Prinzip heißt Bruttoentgeltumwandlung: Auch ohne Anspruch auf einen arbeitgeber-finanzierten Pkw können hierbei Mitarbeiter ein Auto über einen Firmen-Leasing-Vertrag beziehen. Die Leasing-Rate wird brutto abgezogen. Gegengerechnet wird der geldwerte Vorteil (siehe Kasten). Sollte der Steuervorteil aus der Bruttoentgeltumwandlung höher ausfallen, so hat sich das Ganze für den Mitarbeiter gelohnt. Zudem erhalten Unternehmen deutlich bessere Leasing-Konditionen als Privatkunden. Wenn viele Beschäftigte davon Gebrauch machen, könnten auch die Unternehmen einen Zusatznutzen erzielen. "Je mehr Autos über einen Gruppenvertrag erfasst werden, umso größer ist der Einkaufsvorteil", so Uwe Dewein von der Frankfurter Rating und Finanzberatungs GmbH.

Berechnung im Intranet

Der sich in der Wirtschaft abzeichnende Trend, Teile der Vergütung zu variabilisieren und das Entgelt leistungsbezogen zu bemessen, hat auch seine Vorteile. Viele IT-Firmen richten ihre Gehälter stärker als zuvor an der Leistung des Mitarbeiters und des Teams sowie an den Geschäftsergebnissen aus. Sind die Umsätze höher als erwartet, können Mitarbeiter ein dickes Plus auf ihrem Konto verbuchen. Sind Firmen wie Dell oder die Software AG auf steilem Wachstumskurs, kommt als attraktiver "Leistungsanreiz" sogar ein Auto hinzu.

Freilich sollte sich ein bei der Software AG angestellter Entwickler genau überlegen, ob er das großzügige Angebot seines Arbeitgebers annehmen sollte. Um die Entscheidung zu erleichtern, hat die Firma zahlreiche Berechnungsbeispiele ins Intranet gestellt. Laut Vergütungsexperte Martin Hofferberth von der Frankfurter Unternehmensberatung Towers Perrin wird dem Mitarbeiter die Brutto-Leasing-Rate unversteuert vom Gehalt abgezogen. Dieser Einkommensverlust sowie der zu versteuernde geldwerte Vorteil - immerhin 3600 Euro bei einem 30000 Euro teuren Auto - werde nur dann kompensiert, wenn genug steuerlich relevante Entfernungskilometer geltend gemacht werden. Daumenregel: Der Wagen muss überwiegend in beruflicher Mission Strecken zurücklegen, sonst geht die Rechnung nicht auf.

"Wir wollen in der Branche vorn dabei sein", begründet Rainer Fritsch, Leiter Compensations and Benefits warum sich die Software AG 2002 für das attraktive Firmenwagenmodell entscheiden hat. "Top-Leute, die das Unternehmen unbedingt benötigt, erwarten ein erstklassiges Gehaltspaket." Inzwischen fährt jeder dritte Mitarbeiter ein solches Leasing-Auto, in Deutschland umfasst die Flotte 250 Wägen. "Unsere Entwickler lieben es eher unauffällig und fahren gern Audi A4 oder Passat", sagt Fritsch. "Hochpreisige Modelle wie ein BMW 530 werden nur vom Management gefahren."

Die Deutsche Leasing, Bad Homburg, verwaltet die europaweit 700 Fahrzeuge der Software AG. Über ein Reporting-System kann die Software AG verfolgen, ob die Kosten im Plan liegen, welche Fahrzeuge die Laufleistung überschreiten und wie die Verträge optimal angepasst werden können. Zum Service gehören die Wartung, die Abrechnung und bei Unfällen die unverzügliche Bereitstellung eines Ersatzwagens.

Auto sogar für den Partner

An Attraktivität ist das Leasing-Angebot kaum zu überbieten. Mitarbeiter profitieren von einem "Sorglos-Paket", beschreibt Dell-Manager Morsey die geldwerte Sachleistung des Arbeitgebers. "Ich fahre immer einen Neuwagen, den ich mit einer Tankkarte günstig betanken kann und der für alle Fälle versichert ist." Towers-Berater Hofferberth beobachtet, dass das Leasing-Modell viele Mitarbeiter anspornt. "Der Motivationsaspekt ist enorm. Einen Firmenwagen zu fahren stärkt die emotionale Bindung. Viele Mitarbeiter sind nach wie vor sehr erpicht auf dieses Statussymbol."

Laut Hofferberth ermöglichen einige Firmen ihren Mitarbeitern, einen weiteren Wagen etwa für ihren Partner zu leasen. Doch zu viel Begeisterung ist gefährlich, warnt Finanzberater Dewein. "Ich kenne Firmen, die den Bindungsanspruch übertreiben und ihren Mitarbeitern sogar Leasing-Laufzeiten von 54 Monaten aufschwatzen." Entscheidet sich der Mitarbeiter jedoch, das Unternehmen vorzeitig zu verlassen, was in der IT-Industrie eher die Regel als die Ausnahme ist, ist Streit programmiert. Wurde für diese Situation keine Vereinbarung getroffen, "kommt der Firmenwagen dem Mitarbeiter teuer zu stehen". (am)