Viele Unternehmen verlagern Tätigkeiten auf Tochter- oder Schwestergesellschaften im Ausland. Diese betriebswirtschaftlich motivierten Restrukturierungen können weitreichende steuerliche Auswirkungen haben. Welche Rahmenbedingungen zu beachten sind und welcher Handlungsspielraum bleibt, zeigt der nachfolgende Beitrag.
In Deutschland planen, im Ausland produzieren und die Produkte und Dienstleistungen lokal über Auslandsvertretungen vertreiben: Viele Mittelständler folgen dem Beispiel von Großunternehmen. Sie verlagern betriebliche Funktionen an ausländische Standorte oder Tochtergesellschaften. Damit begegnen Unternehmen dem anhaltend hohen Wettbewerbsdruck und nutzen die Chancen der Globalisierung. Einige Tätigkeiten können von nahe stehenden Firmen im Ausland deutlich kostengünstiger und effizienter abgewickelt werden. Doch Vorsicht: Firmenlenker sollten die Rechnung nie ohne den Fiskus machen. Potenziellen Einsparungen können erhebliche steuerliche Mehrbelastungen gegenüberstehen.
Im Visier der Betriebsprüfer
Der Fiskus beäugt alle Formen von grenzüberschreitenden Restrukturierungen sehr kritisch. Die Finanzbehörden fürchten, dass ihnen langfristig Steuereinnahmen entgehen und fordern deshalb einen finanziellen Ausgleich. Handelt es sich um eine steuerlich relevante Funktionsverlagerung, wird das Gewinnpotenzial der verlagerten Tätigkeit ermittelt und einer sofortigen Besteuerung unterworfen. Erfolgt eine Übertragung, ohne eine Preisanpassungsmöglichkeit zu regeln, wird die einmalig vorgenommene Besteuerung zudem in die Zukunft gerichtet überwacht. In derartigen Fällen kann der Fiskus innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren einen einmaligen Nachschlag verlangen, wenn die Tätigkeit zu "billig" übertragen wurde.
Was wertet der Fiskus als Funktionsverlagerung? Das Bundesfinanzministerium hat in einem umfangreichen Anwendungserlass die gesetzlichen Rahmenbedingungen präzisiert. Nichtsdestotrotz bleiben in der Praxis zahlreiche Punkte unklar oder gehen über den gesetzlich abgesteckten Rahmen hinaus. Dies ist umso bedauerlicher, als sich die Identifikation und Bewertung von Funktionsverlagerungen zu einem Schwerpunkt bei Betriebsprüfungen mit Auslandsbezug entwickeln wird.
Der Fiskus kann angesichts der zum Teil schwierigen Auslegung ab dem Veranlagungszeitraum 2008 erhebliche Mehrsteuern festsetzen. Zudem kann es wegen der fehlenden Akzeptanz im Ausland zu effektiven Doppelbelastungen des Steuerpflichtigen kommen. International tätige Unternehmensgruppen sollten sich deshalb frühzeitig und systematisch mit den steuerlichen Konsequenzen auseinandersetzen und mögliche Gestaltungsoptionen nutzen.
Grundsätzlich gilt: Eine steuerlich relevante Funktionsverlagerung liegt vor, wenn eine Geschäftstätigkeit im Ausland aufgenommen und gleichzeitig dieselbe Tätigkeit in Deutschland eingeschränkt oder eingestellt wird. Die Geschäftstätigkeit selbst und die der Geschäftstätigkeit zuzuordnenden Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile , das sogenannte Transferpaket, müssen hierzu zumindest wirtschaftlich auf das nahe stehende ausländische Unternehmen übertragen werden. Eine wichtige Voraussetzung ist darüber hinaus eine gewisse Eigenständigkeit der Funktion, die es ermöglicht, ihr bestimmte Erträge oder Aufwendungen sowie bestimmte Chancen und Risiken zuzuordnen. Im Regelfall geht es um die Verlagerung einer Produktions- bzw. Vertriebsfunktion.
Die Abgrenzung in der Praxis ist schwierig. Wird etwa im Ausland eine Funktion aufgenommen, ohne dass im Inland die entsprechende Tätigkeit eingestellt wird, liegt eine Funktionsverdoppelung vor. In diesen Fällen lässt sich eine Besteuerung der übergehenden Gewinnpotenziale verhindern. Zur Vermeidung von missbräuchlichen Gestaltungen gilt dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass es fünf Jahre lang zu keiner Einschränkung der inländischen Funktion kommt. Die Finanzverwaltung überwacht dies genau; Maßstab ist der im Inland erzielte Umsatz. Ab einem Umsatzrückgang von einer Million Euro im Vergleich zum Vorjahr stufen die Finanzbehörden den Fall als Funktionsverlagerung ein.