COMPUTERWOCHE-Studie über Telearbeit und -kooperation

Firmen erleben Höhenflug durch das Internet

07.08.1998

Es gibt sie noch, die Mittelständler, die sich keine E-Mail-Adresse angeschafft haben. Aber sie sind in der Minderheit, und im Jahr 2000 werden sie zu den absoluten Ausnahmen gehören.

Eines nämlich hat die COMPUTERWOCHE-Untersuchung (siehe Kasten "Die Studie" auf Seite 22) zum Thema Telearbeit, Telekooperation und Electronic Commerce eindeutig gezeigt: Die deutschen Manager sind keine Technikmuffel, und sie haben die Zeichen der Zeit erkannt. Auf die Frage, welche Informations- und Kommunikationstechniken (IuK) sie einsetzen beziehungsweise planen einzusetzen, antworteten immerhin 82 Prozent der Befragten, daß sie mit E-Mail arbeiten, und weitere 14 Prozent wollen spätestens im Jahr 2000 soweit sein.

Noch optimistischer sind die Zahlen beim Thema Internet. 80 Prozent der deutschen Unternehmen gehören schon zu den Web-Surfern, und weitere 18 Prozent wollen bis zur Jahrtausendwende dabei sein. Das bedeutet also, daß so gut wie alle Betriebe zur Jahrtausendwende eine wichtige Voraussetzung erfüllen, um in der Infowelt bestehen zu können. Sie haben die Tatsache erkannt, daß an der elektronischen Kommunikation kein Weg vorbeiführt, will man im globalen Geschäft mitmischen.

Die große Mehrheit der befragten Unternehmen nutzt die elektronische Kommunikation, um die firmeninterne Zusammenarbeit zu verbessern. Etwas mehr als die Hälfte ist einen Schritt weiter und setzt IT bereits in der Kooperation mit Kunden ein. Weitere 39 Prozent der Antwortgeber planen zusätzliche Verbesserungen der Kundenkommunikation.

Carsten Klinge von der TA Telearbeit GmbH in Geilenkirchen, die diese Studie im Auftrag der COMPUTERWOCHE erarbeitete, beobachtet, daß viele Unternehmen gerade dabei sind, den ersten Schritt in die neue IuK-Welt umzusetzen. Dieser bestehe in der Optimierung der firmeninternen Kommunikation durch den Einsatz moderner IuK-Techniken wie E-Mail und Internet. Im zweiten Schritt werde die Kommunikation zum Kunden verbessert, und im dritten gehe es dann darum, diese zu anderen Partnern wie externen Dienstleistern und Lieferanten auszubauen.

Bei der Frage nach den Investitionen in IuK meinen 42 Prozent der Befragten, daß sie eher zunehmen, 44 Prozent, daß sie stagnieren, und nur acht Prozent rechnen damit, daß sie zurückgehen werden - beste Voraussetzungen also, um die Arbeitsprozesse des dritten Jahrtausends wie Telearbeit, Telekoopera- tion und Electronic Commerce umzusetzen.

Die ersten Schritte in diese Richtung sind getan, wie die Studie belegt. 39 Prozent der Befragten haben bereits heute Telearbeit eingeführt, und weitere 39 Prozent wollen dies im Laufe der nächsten zwei Jahre tun.

Es scheint, daß "Telearbeit die meisten Manager-Köpfe erreicht hat", wie Klinge es formuliert. In dieses Bild paßt ein weiteres Ergebnis. Drei Viertel der Teilnehmer sind der Auffassung, daß Telearbeit zunehmen, weitere 18 Prozent, daß sie "stark zunehmen" wird. Bei der Umsetzung liegen die Beratungshäuser sowie Firmen der Iuk-Branche ganz vorne, gefolgt von den Banken und Versicherungen sowie dem verarbeitenden Gewerbe.

Immerhin beschäftigen die Studienteilnehmer 17600 Teleworker. Das war nicht immer so, weiß der TA-Projektleiter. Er vergleicht das aktuelle Ergebnis mit dem einer Untersuchung aus dem Jahre 1996. Damals gaben gerade einmal 22 Prozent der befragten Unternehmen an, daß sie diese Form der Arbeit einsetzen, aber nur weitere acht Prozent wollten Telearbeitsplätze einrichten. In einem Zeitraum von knapp zwei Jahren hat die Telearbeit also einen deutlichen Bedeutungszuwachs erzielt.

Sehr positiv sieht das Ergebnis beim Thema Telekooperation aus. Genau die Hälfte der befragten Unternehmen verwendet IuK-Techniken in der Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen. Und in zwei Jahren wollen es fast alle tun, nämlich 97 Prozent.

Als Bestätigung läßt sich die Antwort auf die Frage nach der Einschätzung der Telekooperation heranziehen: Drei Viertel der Teilnehmer sprechen von einer "zunehmenden" und nochmals 17 Prozent von einer "stark zunehmenden Bedeutung" dieser Form der Zusammenarbeit. Das verwundert nicht, wenn man beispielsweise beobachtet, in welch schnellem Tempo die Automobilindustrie die Vernetzung mit ihren Zulieferern vorangetrieben hat. Auch auf anderen Gebieten hält die Telekooperation Einzug. Die branchenübergreifende weltweite Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partnern mit Hilfe von IuK, etwa beim Bau von Industrieanlagen, ist keine Seltenheit mehr.

Um so weniger überraschen die Ergebnisse bei der Bewertung der Telekooperation. 81 Prozent der Befragten versprechen sich Einsparungen bei Reisekosten und -zeiten - ein Gebiet, auf dem Controller noch immer großen Handlungsbedarf sehen. An zweiter Stelle rangiert der Wunsch nach einer schnelleren Vorgangsbearbeitung (79 Prozent), was einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil ausmachen kann. Gleich danach folgt schon die Aussage, daß Telekooperation den Kundenservice verbessert.

Zurückhaltender äußern sich die Teilnehmer zum Sektor Teleservice- und Call-Center, wobei TA-Projektleiter Klinge meint, daß es auf die Betrachtungsweise ankommt. Zwar haben sich diese Formen der Dienstleistung nicht durchgesetzt, ihre Bedeutung werde aber durchaus anerkannt, wie die Angaben der Befragten zum Planungsgrad zeigen.

So nutzen zwölf Prozent den Service von Telecentern, und weitere 36 Prozent wollen es in den nächsten beiden Jahren noch tun. Eher anerkannt - vor allem als Möglichkeit, den Kontakt zum Kunden zu verbessern - wird das Call-Center. 59 Prozent gaben an, daß sie diese Dienstleistung nutzen oder in nächster Zeit in Anspruch nehmen werden.

Abschließend wurden die Teilnehmer gebeten, ihr Urteil zu allgemeinen Entwicklungen abzugeben, die Auswirkungen auf unsere zukünftige Arbeitswelt haben, wobei es darum ging, 16 vorgegebene Aussagen zu bewerten.

93 Prozent der Befragten meinen, daß Internet und Intranet selbstverständlich werden. Das heißt, die deutschen Unternehmer haben erkannt, daß sie am globalen Wettbewerb nur teilnehmen können, wenn sie das Netz der Netze im vollen Umfang nutzen. Fast genauso wichtig sind den Befragten Aussagen wie "Flexible Arbeitszeitmodelle werden an Bedeutung gewinnen" und "Eine Ausbildung wird nicht ausreichen, Mitarbeiter werden im Laufe ihres Berufslebens zunehmend in unterschiedlichen Bereichen tätig sein". In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, daß rund 80 Prozent der Befragten der Aussage zustimmen, daß "Arbeiten und Lernen zukünftig nicht mehr zu trennen sind, so daß Telelearning an Bedeutung gewinnen wird".

Die Studie

Telearbeit, Telekooperation, Electronic Commerce, Teleservice-Centren, Call-Center - zu diesen Themen und ganz allgemein zur Frage, welche IuK-Techniken Unternehmen nutzen, befragte die TA Telearbeit GmbH, Geilenkirchen, 526 Führungskräfte im Auftrag der COMPUTERWOCHE. Etwa 4000 Manager wurden angeschrieben. Die Auskunftgeber kamen vor allem aus der Geschäftsführung beziehungsweise Unternehmensleitung (48 Prozent), 30 Prozent waren Leiter DV/Organisation, und 15 Prozent rechneten sich dem mittleren Management zu.

Mehr als ein Drittel (35 Prozent) der Befragten kamen aus der Informationstechnik- und Telekommunikationsindustrie, 17 Prozent aus dem Dienstleistungssektor, 16 Prozent aus dem verarbeitenden Gewerbe, 13 Prozent aus dem Sektor Handel, Banken und Versicherungen, und der Rest verteilt sich auf die übrigen Branchen.

Bezogen auf die Mitarbeiter- und Umsatzzahlen dominieren die kleinen und mittleren Unternehmen. Etwas weniger als ein Drittel (32 Prozent) der befragten Firmen gehören zur Unternehmensgröße 50 bis 500 Mitarbeiter, weitere 23 Prozent haben zehn bis 49 Beschäftigte, und 22 Prozent unter zehn Mitarbeiter. Über 500 Mitarbeiter haben 23 Prozent. Was die Umsatzverteilung betrifft, so erwirtschaften 39 Prozent der Studienteilnehmer zwischen einer und 50 Millionen Mark. Darunter bleiben 20 Prozent, auf über eine Milliarde Mark kommen zwölf Pozent.

Begriffserläuterung

Call-Center sind zentrale Telefonservice-Einrichtungen. Sie kommen zum Einsatz, wo Unternehmen einen Großteil der Kundenkontakte über das Telefon pflegen. Den Kern jedes Call-Centers bildet die Integration von Telefon und Computer.

Telearbeit: Tätigkeiten, die unterstützt durch IuK-Technik räumlich entfernt vom Standort des Arbeitgebers erfolgen. Der Teleworker arbeitet dabei ganz oder teilweise zu Hause oder unterwegs.

Telekooperation: Freiwillige Zusammenarbeit von wirtschaftlich selbständigen Unternehmen mit der Absicht, unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechniken in bestimmten betrieblichen Teilbereichen gemeinsame wirtschaftliche Ziele zu erreichen.

Teleservice-Center: Von den Unternehmensstandorten getrennte informations- und kommunikationstechnisch ausgestattete selbständige Büros, in denen unterschiedliche und wechselnde Nutzergruppen arbeiten oder eigenständig Teledienstleistungen anbieten.