"Firmen beschäftigen weniger Informatiker"

25.08.2006
Weniger IT-Profis müssen mehr können, meint Karl-Heinz Theiling, Mitglied der Geschäftsleitung der Onventis GmbH aus Stuttgart.

CW: Als Anbieter von Supplier-Relationship Management (SRM) on Demand gehen Sie davon aus, dass sich der Übergang in der IT-Branche von Software als Produkt zu Software als Service beschleunigen wird. Was bedeutet das für Informatiker?

THEILING: Zunächst einmal wird der Übergang zu einer Service-orientierten Softwarearchitektur die Implementierung und Integration neuer Applikationen in vorhandene Systeme vereinfachen. Das heißt, Unternehmen werden in Zukunft weniger Informatiker beschäftigen. Bei denen, die bleiben, ist konzeptionelles und strategisches Denken gefragt. Einzelne Software- und Hardwaresysteme lassen sich nicht mehr isoliert betrachten, da jede Veränderung sich auf andere Anwendungen auswirkt. Informatiker müssen in Zukunft durchgängige Business- und IT-Konzepte erstellen können - und sie bei wechselnden Anforderungen unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit permanent anpassen.

CW: Was wird sich für den Informatiker im Vergleich zu früher am meisten verändern - bezogen auf das Know-how und die Anforderungen der Firmen?

THEILING: Computerfachleute müssen viel stärker konzeptionell denken, immer das Ganze im Blick haben. Die Lösungen der Zukunft sind keine Monolithen mehr; sie werden aus Modulen bestehen. Und da der Markt noch schnelllebiger wird, müssen Mitarbeiter auch immer schneller agieren. Das setzt jedoch voraus, dass Informatiker betriebswirtschaftliches Wissen mitbringen. Sie müssen verstehen, dass Software die Geschäftsprozesse vereinfachen und zur Kostensenkung beitragen muss.

CW: Wird es neben den veränderten Aufgaben der Informatiker in den Unternehmen auch zu Auswirkungen auf die Beschäftigten von Systemhäusern kommen?

THEILING: Je mehr On-Demand-Angebote auf den Markt gelangen, desto schwieriger wird es sein, aufwändige IT-Projekte zu verkaufen. Daher wird auch hier eine Vereinfachung eintreten. Es wird mit weniger Personal gearbeitet, und auch die Preise werden fallen.

CW: Wie können sich Informatiker auf diese Entwicklung vorbereiten?

THEILING: Sie sollten sich intensiv mit den betriebswirtschaftlichen Kennziffern ihres Unternehmens auseinandersetzen. Und sie sollten dem Konzept der Service-orientierten Architektur offen gegenüberstehen. Dann können sie als Diskussionspartner auftreten und die Unternehmensleitung darin beraten, welche Leistungen inhouse zu erbringen sind und was über das Netz kommen könnte.

CW: Worauf sollten die Bildungseinrichtungen in der Ausbildung von Informatikern achten?

THEILING: Der ideale Mitarbeiter der Zukunft sollte sowohl ein generalistisches Informatikwissen mitbringen als auch den Blick auf die Kundenbedürfnisse. Er muss den Spagat zwischen Technik- und Geschäftsorientierung beherrschen. Wer sich dann noch mit Philosophie, Soziologie und Psychologie beschäftigt, der weitet seinen Blick und kann im Berufsleben leichter über den Tellerrand blicken. (hk)