Beteiligungsverkäufe schönen die Telekom-Bilanz

Finanzministerium verlangt weniger Regulierung

08.12.2000
BERLIN (CW) - Angesichts der schlechten Geschäftszahlen und dem Kursverfall der Telekom-Aktie sorgt sich der Mehrheitseigentümer Bund offenbar um seine Kapitalanlage. Schon fordert das Finanzministerium eine Lockerung der Regulierung, um der Telekom zu helfen.

Im März war die Welt für das Bundesfinanzministerium noch in Ordnung: Die T-Aktie stand bei über 100 Euro, und der Bund, mit einem Anteil von 43,2 Prozent größter Telekom-Aktionär, konnte auf ein Riesenvermögen blicken. Neun Monate später sieht die Lage nicht mehr so rosig aus. Die T-Aktie sank an der Börse mittlerweile unter den Ausgabekurs des zweiten Börsengangs 1999, und die Geschäftszahlen geben auch keinen Anlass zur Begeisterung.

Vor diesem Hintergrund fordert das Bundesfinanzministerium mittlerweile vom Wirtschaftsministerium eine Rücknahme der Telekom-Regulierung. Dem Wirtschaftsministerium ist die für Regulierungsfragen zuständige Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (Reg TP) unterstellt. Formal arbeitet die Behörde zwar unabhängig, doch das Ministerium kann in Form von Weisungen auf Entscheidungen Einfluss nehmen. Nach Ansicht des Finanzministeriums benachteiligt die Reg TP mit der Regulierung die Telekom bei der Preisgestaltung für Ferngespräche in die USA, die Türkei sowie Dänemark. Ferner monierte das Ministerium die festgelegte Interconnection-Gebühr.

Rückendeckung erhält das Ministerium mittlerweile von der SPD-Bundestagsfraktion. Diese fordert eine "Akzentverschiebung" in der Regulierung. Ferner beklagt Klaus Barthel, Vorsitzender des Bundestags-Unterausschusses für Telekommunikation und Post, dass die Telekom seit der TK-Liberalisierung 1998 über Gebühr belastet werde.

Mit ihrem Vorstoß machen sich das Finanzministerium und die SPD Argumente der Telekom zu Eigen. Der Bonner Konzern drängt bereits seit Monaten auf eine Lockerung der Regulierung. Dabei befindet sich der Bund in einer Zwickmühle: Zum einen hat er als Regulierer auf faire Marktchancen für die Telekom-Konkurrenten zu achten, zum anderen dürfte er als Großaktionär kaum ein Interesse an einem sinkenden Kurs der T-Aktie haben. Zwar erhält er nach der Neunmonatsbilanz der Telekom pro Aktie eine Dividende von 2,79 Euro, doch dieses positive Ergebnis beruht hauptsächlich auf dem Verkauf von Beteiligungen. So stieg der Konzernüberschuss gegenüber dem Vorjahr von rund 1,3 Milliarden auf 8,4 Milliarden Euro, doch darin sind einmalige Einnahmen in Höhe von zirka elf Milliarden Euro enthalten. Diese stammen aus dem Verkauf von Beteiligungen sowie dem Börsengang von T-Online.

Für das Gesamtjahr prognostiziert die Telekom ein Umsatzplus von 14 bis 15 Prozent. Allerdings kann diese Entwicklung nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich im Festnetz der Vorsteuergewinn halbierte und das Unternehmen trotz Booms im Mobilfunk in dieser Sparte rote Zahlen schrieb.