Nach jahrelangen zähen Bemühungen

Finanzamt erkennt DV-Berater als freiberuflich Tätigen an

07.06.1996

Der DV-Berater, dessen Fall hier geschildert wird, ist diplomierter Betriebswirt und seit 1972 in der DV tätig. Im Rahmen seiner als Angestellter ausgeübten elfjährigen Tätigkeiten erwarb er vielfältige Kenntnisse auf zahlreichen Gebieten der Informationstechnik. Im Jahre 1983 machte er sich selbständig. Das zuständige Finanzamt stufte ihn als Gewerbetreibenden ein und verlangte die Zahlung von Gewerbesteuer.

Gegen die in diesem Zusammenhang erlassenen Gewerbesteuermeßbescheide für die Jahre 1984 und 1985 legte der DV-Berater Widerspruch ein mit der Begründung, er sei beratender Betriebswirt im Sinne des Paragraphen 18 Absatz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) und damit Freiberufler. Da das Finanzamt bei seiner Auffassung blieb, erhob der DV-Berater Klage vor dem Finanzgericht. Dieses wies die Klage ab. Das Urteil vom Oktober 1993 ist rechtskräftig. Der Freiberufler erhob dann gegen die weiteren Bescheide für die Jahre 1986 bis 1992 erneut Einsprüche beim Finanzamt, die es ebenfalls ablehnte, so daß eine neue Klage erhoben wurde. Die bis 1995 aufgelaufenen gestundeten Gewerbesteuerzahlungen summierten sich auf rund 250000 Mark. In dieser Phase des Verfahrens schaltete der Berater einen auf diesem Gebiet spezialisierten Anwalt ein.

Vergleich ist sinnvoller als ein Klageverfahren

Nach der ersten Kontaktaufnahme mit dem Finanzgericht, das eine Entscheidung frühestens in zwei bis drei Jahren in Aussicht stellte, wandte sich der Anwalt direkt an das Finanzamt. Hintergrund dieser Vorgehensweise war der Gedanke, zum Vergleich zu kommen, was oftmals sinnvoller ist, als ein Klageverfahren zu betreiben.

Das Finanzamt erhielt umfangreiche und detaillierte Ausbildungs- und Tätigkeitsunterlagen des DV-Beraters, die auch inhaltlich eine neue Zielrichtung hatten. Bis dato hatte der DV-Berater als beratender Betriebswirt (erfolglos) argumentiert - nunmehr wurde erheblich zutreffender auf den ebenfalls in Paragraph 18 Absatz 1 Nr. 1 EStG genannten Beruf des Ingenieurs Bezug genommen. Dies hatte nicht zuletzt auch seinen Grund in der Rechtsprechung, die den selbständigen DV-Berater bislang noch in keiner Entscheidung als beratenden Betriebswirt freiberuflich anerkannte, den Diplom-Wirtschaftsinformatiker (FH) jedoch als eine dem Ingenieur vergleichbare Tätigkeit einstuft.

Darüber hinaus stellte der Freiberufler schlüssig dar, daß er die vom BFH geforderten Kenntnisse aufweist und in der Entwicklung von Systemsoftware tätig ist, wozu der BFH unter anderem Betriebssysteme, Hilfs- und Dienstprogramme, Compiler oder Datenbanksysteme zählt.

Nach mehreren Briefwechseln und einem persönlichen Gespräch zwischen dem zuständigen Sachbearbeiter des Finanzamtes, dem DV-Berater und seinem Anwalt war das Finanzamt schließlich bereit, sämtliche Gewerbesteuermeßbescheide aufzuheben, falls der DV-Berater seine diesbezügliche Klage zurückziehe. Auf diesen Vorschlag ist der DV-Berater eingegangen.

Der DV-Berater hat also innerhalb von rund sechs Monaten die Anerkennung als Freiberufler erhalten - und zwar trotz einer zuvor verlorenen Klage, trotz der zumindest anfangs starren Haltung des Finanzamtes, trotz der für selbständige DV-Berater negativen Rechtsprechung des BFH und trotz eines relativ hohen Betrags an nunmehr erlassener Gewerbesteuer.

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*Dr. Benno Grunewald ist Rechtsanwant in Bremen.