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Gruppenbild in Schwarz

"Financial Times Deutschland" erscheint zum letzten Mal

07.12.2012
Am letzten Arbeitstag trug die Redaktion schwarz: Die "Financial Times Deutschland" stellt heute ihr Erscheinen ein.

Die Wirtschaftszeitung aus Hamburg verabschiedet sich nach fast 13 Jahren vom Markt. Das Aus hatte der Zeitschriftenkonzern Gruner + Jahr (G + J) vor zwei Wochen offiziell bekanntgegeben. Dem Vernehmen nach soll es in der letzten "FTD"-Ausgabe inhaltliche Überraschungen für die Leser geben. Unter anderem wolle die Redaktion die Topstorys aus der "FTD"-Geschichte präsentieren. Man wolle über die eigene Trauerarbeit schreiben.

Eine Bildstrecke zeigte bereits am Donnerstagnachmittag Stationen, wie die letzte "FTD" entsteht. 44 Seiten waren zu planen. Zu einem Gruppenbild für die letzte Seite versammelten sich die "FTD"-Macher im Großraumbüro - demonstrativ in schwarzer Kleidung. "Die Planung der "FTD"-Endausgabe war ein größerer Spaß, als es die Bilder erahnen lassen. Wirklich", schrieben die Autoren Peter Raffelt und Sven Oliver Clausen. Redakteure verpackten Souvenirs der "FTD"-Geschichte, die zu guten Zwecken versteigert worden waren, in blaue Pakete. Große Stapel standen schließlich zum Versand bereit. "Cheflayouter Carsten Lüdemann frischt für die Endausgabe die schönsten Illustrationen aus zwölf Jahren "FTD" auf", hieß es weiter zu einem Bild. "Der Favorit der Redaktion: Die 'Heuschrecke'" in allen möglichen Variationen."

Die lachsfarbene Zeitung, die seit ihrer Gründung im Jahr 2000 rote Zahlen schreibt, gehörte zu den G + J-Wirtschaftsmedien, bei denen es zu weiteren Veränderungen kommt. Das Traditionsmagazin "Capital" soll von Hamburg nach Berlin umziehen, ebenso das halbjährliche Heft "Business Punk". Für die beiden Hefte "Impulse" und "Börse Online" werden derzeit ein Management-Buy-Out - also die Übernahme durch verlagsinterne Manager - und ein Verkauf geprüft.

Durch die Maßnahmen bei den Wirtschaftsmedien stehen 314 Mitarbeiter vor einer ungewissen Zukunft. 50 weitere Arbeitsplätze in verknüpften Verlagsbereichen sollen möglichst durch Fluktuation abgebaut werden. Mit den Betriebsräten wird über einen Sozialplan verhandelt. Beschäftigte der "FTD" wollen am Freitag in Hamburg vor dem Hauptgebäude des Verlages am Baumwall demonstrieren.

Für die defizitäre "FTD" habe der Vorstand keinen Weg gesehen, sie weiter zu betreiben, hatte die für die Wirtschaftsmedien zuständige Gruner+JahrJ-Deutschlandchefin Julia Jäkel mitgeteilt. Dennoch fiel auch ihr die Einstellung schwer. Die "FTD" sei eines der ambitioniertesten journalistischen Projekte der vergangenen Dekade gewesen, sagte die Managerin. "Es geht ein bedeutendes Kapitel deutscher Publizistik zu Ende." Dem stimmten auch die Leser zu, die in ihren Zuschriften für Professionalität und Meinungsfreude, Seriosität und Humor dankten.

Selbst für eine reine "FTD"-Online-Version gab es dem Verlag zufolge keine Erfolgschance mehr. Er hatte schon in der Finanzkrise 2008 eingegriffen und seine Wirtschaftsmedien in Hamburg zusammengezogen, um die Kosten zu senken. Auch für das laufende Jahr wird bei den G + J-Wirtschaftsmedien ein "deutlicher Verlust" erwartet. (dpa/tc)