P8-Plattform läuft auf J2EE-Servern von Bea und IBM

Filenet vereint Content und Prozesse

07.02.2003
MÜNCHEN (fn) - Der amerikanische Content-Management-Anbieter Filenet hat eine neue Softwarearchitektur vorgestellt. "P8" vereint laut Hersteller die bestehenden Dokumenten-Management- und Archivfunktionen mit den Web-Content-Management-Mechanismen der übernommenen Firma Egrail.

Bisher bot Filenet vor allem Produkte für das Einscannen und Kategorisieren von Eingangspost sowie das Archivieren von Geschäftsdokumenten an. Zudem vermarktete der Hersteller Prozess-Management-Tools und Lösungen zur Dokumentenverwaltung. Mit der Übernahme des Anbieters Egrail erwarb die Firma Web-Content-Management-Technik. Anfangs wurden die Egrail-Produkte als separate Lösung vertrieben. Die nun vorgestellte P8-Plattform soll es erlauben, alle Filenet-Systeme auf einer neuen Infrastruktur zu betreiben. Die Java 2 Enterprise Edition (J2EE) bildet die Ablaufumgebung, wobei das Unternehmen kein eigenes System entwickelte, sondern auf die Applikations-Server von Bea und IBM zurückgreift.

Vorgänge Workflow-gesteuert

Wie andere Anbieter in diesem Marktsegment fasst Filenet unter dem Begriff "Content" nicht nur unstrukturierte Dokumente, sondern auch strukturierte Geschäftsdaten aus ERP- und CRM-Applikationen zusammen. Filenets Prozess-Management-Funktionen sollen es Firmen erlauben, Content-basierende Vorgänge zu steuern: Ein Unternehmen erhält beispielsweise ein Bewerbungsschreiben per Internet. Das Filenet-System identifiziert das elektronische Dokument als Stellengesuch und leitet es automatisch an die entsprechende Abteilung weiter. Zeitgleich richtet die Prozess-Management-Komponente eine Anfrage an das Human-Resource-(HR-)System, das über eine Schnittstelle mit der Content-Software verbunden ist. Die Integrationsfunktionen sind Bestandteil der P8-Plattform, wobei die Technik auch weiterhin von IBM stammt.

Neben der Applikationsintegration über Adapter bietet P8 zudem die Möglichkeit, Filenet-Repositories sowie die Datenspeicher von Drittanbietern einzubinden, und zwar über den Standard Java Connection Architecture (JCA). Auf diese Weise sollen Filenet-Kunden beispielsweise ihre bestehenden Archive mit dem P8-System verknüpfen können. Auch weiterhin wird es spezielle Repositories für die Imaging-Systeme geben, eine Migration steht laut Anbieter nicht an.

Nach Angaben des Herstellers ist es möglich, bei einer entsprechenden Integration über unterschiedliche Datenspeicher hinweg zu recherchieren ("Cross-Library-Search"). Solche Verfahren liegen im Trend: IBM, in Sachen Content-Management ein Konkurrent von Filenet, hat mit "Content Manager 8.1" ebenfalls eine einheitliche Suchfunktion für verschiedene Repositories eingeführt.

Filenet änderte auch die Namen seiner Produkte. So wird es künftig die Markennamen "Brightspire" (Integrations-Framework), "Panagon" (Content-Management-Produkte) sowie "Acenza" (Anwendungssoftware) nicht mehr geben. Stattdessen heißen die Softwareangebote der Firma nun "Filenet Content Manager", "Filenet Web Content Manager", "Filenet Image Manager" und "Filenet Business Process Manager". Neuerdings lassen sich all diese Produkte über eine gemeinsame API ansprechen.

Erweitert hat der Hersteller auch das Angebot an Clients, so gibt es nun mit "Filenet P8 Workplace" eine Java-basierende Desktop-Software, die der Anwender an seine Bedürfnisse anpassen kann. Verschwunden ist auch das bislang eigenständig vermarktete EAI-Produkt Brightspire, es ist in die P8-Plattform integriert worden.

"Da wird viel alter Wein in neuen Schläuchen serviert", beurteilt Jürgen Rentergent, Senior Consultant beim Beratungshaus Zöller & Partner aus Sulzbach, Filenets P8-Strategie. So ändere sich an den bestehenden Archivierungsprodukten praktisch nichts. Nach wie vor basiert die Software auf alter Client-Server-Technik und lässt sich somit nur über Konnektoren mit J2EE-Servern integrieren. Dies ist laut Rentergent allerdings auch eine gute Nachricht für so manchen Filenet-Kunden, der schon befürchtet hatte, seine Archive demnächst migrieren zu müssen. "Es stellt sich aber nun die Frage, ob Filenet Entwicklungsressourcen von der klassischen Imaging-Sparte abzieht und in den anderen Produktsparten ansiedelt", bemerkt der DMS-Spezialist.

"Es handelt sich nicht nur um eine Umetikettierung", stellt Ulrich Kampffmeyer, Geschäftsführer der Beratungsfirma Project Consult aus Hamburg, fest und bezieht sich dabei auf den überarbeiteten Content Manager. Er unterstütze im Gegensatz zum Vorgänger nun eine Vielzahl von Formaten. Hierbei sind Techniken von Egrail eingeflossen. Das neue Objekt-Repository verarbeitet nun auch XML und bietet eine XML-Klassifizierung sowie Versionierung. Ausgebaut hat Filenet auch die Suchtechnik dieser Lösung. Laut Kampffmeyer weisen die Filenet-Produkte jedoch Überschneidungen auf: Beispielsweise enthält der Content Manager eigene Workflow-Komponenten, obwohl der Business Process Manager diese Funktionen abdeckt.

Der Berater erwartet, dass Filenet in Zukunft alle seine Softwareprodukte auf die J2EE-Plattform bringen wird, so dass diese auf einem der genannten Java-Applikations-Server ablaufen können. Ein solches Vorgehen sei auch bei anderen Herstellern wie IBM, Tower und Ixos Software zu beobachten.

Abb: Alt und Neu gemischt

Die Grafik suggeriert mehr Integration als Filenet heute liefert. Quelle: Filenet