Analysten warnen vor weiteren Preiskämpfen

Festplattenbranche hofft auf neue Märkte in der Unterhaltungselektronik

24.03.2000
MÜNCHEN (CW) - Anlässlich der "Diskcon" in Singapur warnten Analysten die Festplattenhersteller davor, ihre Preiskämpfe weiter fortzusetzen. Beim Stelldichein der Branche versuchten die Experten, den Firmen mit der Aussicht auf neue Märkte Mut zu machen.

Das Wohl der Festplattenindustrie bleibt eng mit dem Schicksal der PC-Branche verknüpft. Doch während die Rechnerhersteller in der Vergangenheit mit dem Preisverfall leben konnten, kamen Firmen wie Seagate, Western Digital oder Quantum in den letzten Jahren angesichts der immer weiter sinkenden Margen wiederholt ins Schlingern, resümierte Noboru Kubokawa, Chefanalyst des japanischen Institute of Information Technology.

Trotz der wachsenden Nachfrage schafften es viele Hersteller nicht, profitabel zu arbeiten. 1999 konnten mit weltweit knapp 179 Millionen Laufwerken 22 Prozent mehr Geräte verkauft werden als ein Jahr zuvor. Damit übertrumpfte die Branche das Wachstum der PC-Industrie, die 1999 um 14,8 Prozent nach Stückzahlen gegenüber 1998 zulegen konnte. Doch trotz der hohen Nachfrage blicken die Festplattenfirmen eher pessimistisch in die Zukunft.

Grund dafür ist ein Phänomen, das Kubokawa mit "Over-Technology" beschreibt. So hätten die Hersteller ihre Laufwerke in den letzten Jahren mit einer hochwertigen Technologie ausgestattet, die der Markt in dieser Form gar nicht gefordert hatte. Doch nach Ansicht des japanischen Experten haben die Hersteller keinen Grund zur Sorge. In diesem Jahr wird der Markt um weitere 16,4 Prozent nach Stückzahlen expandieren können und damit die Schallmauer von 200 Millionen weltweit verkauften Laufwerken durchbrechen, glaubt Kubokawa. Wenn es den Herstellern außerdem gelänge, profitabler zu arbeiten und die Abläufe bei der Herstellung zu verbessern, könnten die Firmen aufgrund der anhaltend starken Nachfrage also doch optimistisch in die Zukunft blicken.

Hersteller setzen auf UnterhaltungselektronikDen Herstellern fällt es jedoch schwer, sich aus der selbst geschaffenen Technologiespirale zu lösen. So haben die Techniker auch in Singapur wieder neue Rekordmarken für künftige Kapazitäten angekündigt. Demnach wird die Speicherdichte auf den Platten in den Laufwerken in zwei Jahren einen Wert von 100 Gbit pro Quadratinch erreichen. Momentan liegt die Dichte bei etwa 10 Gbit auf der gleichen Fläche. Das würde bedeuten, dass herkömmliche Desktop-PCs mit Festplattenkapazitäten bis 150 GB auf den Markt kommen werden. Zum Vergleich: In diesem Jahr erwarten Experten im Durchschnitt 15 GB.

Zusätzliche Gewinne versprechen neue Märkte, die sich in den nächsten Jahren für die Festplattenindustrie öffnen könnten. So sei es beispielsweise möglich, dass die neueste Generation von Videorekordern mit Festplatten ausgerüstet werde, glaubt John Kim, Vice President beim Marktforschungsinstitut Trend Focus. Allerdings sei diese Branche sehr preisempfindlich, sodass es noch etwa zwei bis drei Jahre dauern dürfte, bis eine Festplatte zur Standardausrüstung eines Videorekorders gehören wird. Dann aber verspricht der Markt für Unterhaltungselektronik, in dem zur Zeit weltweit dreimal so viele Geräte wie PCs pro Jahr verkauft werden, ein kräftiges Umsatzplus. Weitere Branchen, die das Festplattengeschäft ankurbeln könnten, seien der MP3-Markt, das Geschäft mit digitalen Kameras und Camcordern sowie mit Navigationsgeräten oder Smartphones.