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Fernmeldekommission gegen Swisscom-Privatisierung

11.04.2006
Mögliche Übernahme des Carriers könnte die Grundversorgung der Schweiz mit Telefon- und Datendiensten gefährden.

Die Fernmeldekommission des Nationalrats stellt sich gegen die vom Bundesrat geplante Privatisierung des Schweizer Staats-Carriers Swisscom. Am gestrigen Montag entschied sich das Gremium mit 13 zu elf Stimmen bei einer Enthaltung gegen die Privatisierung. Ausschlaggebend für den Wahlausgang sei unter anderem, dass den Risiken einer Privatisierung in der Vorlage zu wenig Rechnung getragen worden sei, erklärte Kommissionspräsident Franz Bruhn. Zudem sei das Verfahren der Abgabe der Aktienmehrheit des Bundes zu wenig konkret formuliert worden.

Einer der gewichtigsten Argumente gegen die Privatisierung ist laut Bruhn, dass die Swisscom wahrscheinlich von einem ausländischen TK-Konzern übernommen würde. Dadurch laufe die Schweiz unter Umständen Gefahr, in abgelegenen Gebieten ihre Grundversorgung mit Telefon- und Datendiensten einzubüßen. Zudem habe Swisscom im vergangenen Jahr einen Reingewinn von zwei Milliarden Schweizer Franken erzielt. Dabei handle es sich um eine sichere Rendite, die nicht einfach abgestoßen werden sollte, so der Kommissionspräsident.

Der Bundesrat möchte die Bundesbeteiligung von 62,45 Prozent an der Swisscom im Wert von derzeit rund 16 Milliarden Franken veräußern, um dem Unternehmen mehr Freiheit zu verschaffen und den Bund von unabwägbaren Risiken in einem bewegten Markt zu entlasten. Der Erlös des Verkaufes der Bundesbeteiligung wäre für die Schuldentilgung bestimmt.

Die Swisscom bedauerte den Wahlausgang. Für die weitere Entwicklung sei eine vollständige oder zumindest eine teilweise Abgabe der Bundesbeteiligung wichtig, erklärte der TK-Konzern in einer Stellungnahme, besonders im Zusammenhang mit der für Swisscom notwendigen Erschließung neuer Geschäftsfelder im In- und Ausland.

Das Unternehmen hatte in der jüngsten Vergangenheit mit einer Reihe von Zukäufen, darunter Telekom Austria, geliebäugelt, war jedoch vom Schweizer Staat zurückgepfiffen worden. Wegen des Verbots, ausländische Anbieter herkömmlicher TK-Dienste zu übernehmen, sucht Swisscom nun nach Nischen, um jenseits des gesättigten Heimatmarktes zu wachsen. Wie der Carrier nun bekannt gab, hat die Swisscom-Tochter Swisscom Eurospot die im US-Bundesstaat Virginia ansässige Firma Core Communications übernommen. Finanzielle Details des Deals wurden nicht bekannt. Core ist ein Anbieter von Datenkommunikations- und Internet-Lösungen für die Hotelindustrie und unterstützt jährlich über 7500 Veranstaltungen in Konferenzzentren und Hotels in Nordamerika. Mit der Übernahme entsteht eine neue Tochtergesellschaft von Swisscom Eurospot, die Konferenzdienstleistungen anbieten und das Know-how von Core auf ihre Dienstleistungen für 2270 Hotelpartner in 14 europäischen Ländern übertragen wird. (mb)