Der Computer als Herrschafts-Instrument

FDP will "geistigen Umweltschutz"

04.07.1975

AUGSBURG - "Auf keinen Fall darf die Informationsverarbeitung weiterhin unkontrolliert in einer politisch neutralen Zone erfolgen", heißt es in einem Antrag, der vom Landesparteitag der bayerischen FDP in Augsburg gutgeheißen und der Bundestagsfraktion zugeleitet wurde. Der Datenschutz könne eines Tages, so meinen die bayerischen FDP-Politiker eine Art "geistiger Umweltschutz" werden. Weiter heißt es in dem Papier: "Mit dem Versuch, die Informationsverarbeitung normativ zu kontrollieren, werden die Weichen für die Machtverteilung der Zukunft gestellt. Information ist Macht - der Computer ein Herrschaftsinstrument. Machtausübung muß aber demokratischer Kontrolle unterliegen".

Die Freien Demokraten wollen sichergestellt wissen, daß die Machtbalance der drei Verfassungsorgane (Legislative, Exekutive und Gericht) nicht in Gefahr gerät, weil eines der Organe einen Informationsvorsprung über die anderen hat. Außerdem fürchten sie, daß in der privaten Wirtschaft durch Computereinsatz etablierte Macht nicht abgebaut, sondern verfestigt werde.

Das Individuum in Gefahr

Im persönlichen Bereich sehen die Politiker durch Einrichtung von umfassenden Informationssystemen eine Einschränkung der Möglichkeit des Einzelnen, sich "rollenspezifisch", also auf dem Gesundheitsamt anders als auf dem Kreiswehrersatzamt, zu verhalten. Das Verkörpern von Rollen sei aber ein wesentlicher Bestandteil der Individualität.

Für einen Bundesdatenschutzbeauftragten

Die FDP-Bundestagsfraktion wurde von den Bayern aufgefordert, einen Machtvorsprung von Regierung und Verwaltung gegenüber dem Parlament zu verhindern, indem geheime Informationssysteme verboten und die bestehenden Systeme den Parlamentariern zugänglich gemacht werden. Außerdem soll der Bürger die über ihn gespeicherten Daten und deren Verwendung kontrollieren können. Die Freien Demokraten wollen außerdem einen Bundesdatenschutz-Beauftragten. -py