100 Mbits auf Glasfaser und Kupferdraht

FDDI und CDDI maximieren den Datendurchsatz bis zum Rechner

24.01.1992

Im Zeitalter expandierender Netzwerke wird das effiziente Zusammenwirken der Rechner und Arbeitsstationen immer wichtiger. Vor diesem Hintergrund rücken die Verbindungen zwischen den Endgeräten und damit der Leitungsdurchsatz zusehends in den Brennpunkt des Netzwerkgeschehens. Hans-Dieter Stiel* vergleicht mit Fiber Distributed Data Interface (FDDI) und Copper Data Distribution Interface (CDDI) zwei Formen der leistungsfähigen Einbindung von Rechnern im Netz.

Der FDDI-Backbone, der zur Zeit in vielen Unternehmen den konventionellen Ethernet-Backbone ablöst, ist ein erster Schritt, den Transfer vorerst auf der zentralen Datenstrecke zu beschleunigen. Zukünftig wird es verstärkt darum gehen, den FDDI-spezifischen Durchsatz von 100 Mbit/s bis an die Endgeräte zu bringen.

Wie steht es um den Bedarf an dieser neuen Technologie in den Unternehmen? Wie ist der derzeitige Entwicklungsstand in puncto FDDI bis zum Arbeitsplatz? Was bietet der Markt bereits an FDDI-Schnittstellen und für welche Leitungsmedien? Mit welchen Kosten muß der Anwender rechnen? Inwieweit unterstützen bereits heute Endgeräte das FDDI-Protokoll und welche Entwicklungstendenzen zeichnen sich für die Zukunft ab? - Am Anfang einer neuen technologischen Epoche stellen sich dem Anwender viele Fragen, deren Antworten vor allem von der Akzeptanz der neuen Schnittstellenlösungen im Markt abhängen.

Soviel ist sicher: Bei der enormen Leistungssteigerung der Rechner und immer aufwendigeren Anwendungen erweist sich die konventionelle Ethernet- und Token-Ring-Schnittstelle zusehends als Nadelöhr. Man denke nur an grafische Workstations und CAD-Systeme, die aufgrund der großen Datenbestände auf einen schnellen Leitungstransport angewiesen sind. Darüber hinaus wächst mit der Expansion der Netzwerke, der Dezentralisierung der DV und der Aufgabenteilung zwischen den Arbeitsstationen die Datenlast auf den Kommunikationswegen.

In dieser Situation den Informationstransfer lediglich auf dem FDDI-Backbone zu beschleunigen, kann mittel- und langfristig nur eine Teillösung sein, weil sie in keiner Weise das Bandbreitenproblem an der Peripherie des Netzwerkes entschärft. Das Argument, das Endsystem könne den schnellen FDDI-Zubringer nicht nutzen, zählt zumindest für leistungsfähige Workstations mit S- und VME-Bus nicht mehr, da sie intern Mit einem Durchsatz arbeiten, der bereits heute über der 100-Mbit/s-Marke liegt.

FDDI basiert heute schon auf stabiler Entwicklung

Wie ist der Stand der FDDI-Schnittstellentechnik und wie sieht derzeit das Produktangebot aus? FDDI ist seit langem von der ANSI (American National Standard Institute) als Standard festgelegt worden und mittlerweile zu einer verläßlichen Leitlinie für Hersteller und Anwender geworden. Damit ist auch für die Entwickler von FDDI-Schnittstellenkarten die strikte Orientierung an diesem Standard zu einem Muß geworden. Bei der FDDI-Normierung wurden bisher lediglich die Regeln für das Management von Stationen ausgespart. Diese Normierungen werden jedoch allein die Software betreffen und künftig durch Updates berücksichtigt werden können.

Auf dieser soliden FDDI-Basis wurden die künftigen Anforderungen des Marktes, FDDI auch an den Endgeräten zu nutzen, von den Entwicklern mittlerweile erkannt. Auf dem bundesdeutschen Markt bieten bereits zwei Unternehmen FDDI-Schnittstellenlösungen für Arbeitsstationen an: Schneider & Koch und der Kronberger Systemintegrator Telemation mit den FDDI-Schnittstellen des US-Unternehmens Network Peripherals (USA). Dabei hat Telemation FDDI-Schnittstellen für PCs mit AT- und EISA-Bus, Mikrokanal und darüber hinaus für Workstations mit VME- und S-Bus sowie FDDI-Konzentrator-Lösung zur Anbindung von Arbeitsstationen unterschiedlichen Typs im sogenannten Singel Attach Mode (SAS) im Produktangebot.

Daß die neuen FDDI-Schnittstellenentwicklungen akzeptiert werden, zeigt die Reaktion großer Rechnerhersteller. So wollen Digital Equipment, IBM und Siemens in naher Zukunft Host-Systeme mit FDDI-Schnittstellen anbieten, um Midrange- und Großrechner direkt an den schnellen FDDI-Ring anzuschließen. Damit die 100 Mbit/s schnelle Kommunikation letztendlich zum Zuge kommen kann, müssen die FDDI-Schnittstellen natürlich die unterschiedlichen Netzwerk-Betriebssysteme unterstützen. Die Produkte der Telemation beinhalten bereits Treiber für Novell Netware, Unix und den LAN Manager bei PCs sowie für Sunos bei den Workstations mit S- und VMEbus.

Mit welchen Investitionen hat der Netzwerkbetreiber insgesamt zu rechnen? Neben der FDDI-Schnittstelle für die Arbeitsstation schlagen die Kosten für das Glasfaserkabel und für dessen aufwendige Bearbeitung zu Buche. Zwar liegt der Preis beispielsweise für die Multimode-Faser rund dreimal so hoch wie für konventionelles Shielded-Twisted-Pair-Kabel. In der Endabrechnung spielt dieser Kostenunterschied jedoch nur eine untergeordnete Rolle, da zwischen dem FDDI-Ring und dem Endgerät in den meisten Fällen nur kurze Kabelwege erforderlich sind.

Weitaus kostenaufwendiger erweist sich hingegen die Aufbereitung der Glasfaserenden, die in einer speziellen Apparatur exakt glattgeschliffen werden müssen, damit es an den Kabelausgängen zu keiner Reflexion und damit Verfälschung der Lichtsignale kommt. In einem Netzwerk mit vielen FDDI-Endgeräteanschlüssen kann dies schnell die Kosten hochtreiben.

Den Anwendern, die zur Zeit auch aufgrund der Begleitkosten vor dem Einsatz von FDDI-Schnittstellen zurückschrecken und dennoch mit dem Einsatz von FDDI bis zu den Arbeitsstationen liebäugeln, hat sich jedoch bereits ein kostengünstigerer Weg eröffnet: CDDI (Copper Data Distribution Interface). CDDI bringt das 100-Mbit/s-Protokoll auf Kupferdraht, genauer gesagt auf STP-Kabel. Damit entfällt die kostenaufwendige Aufbereitung der Kabelenden, und der Anwender kann auf bereits bestehende STP-Kabel-Verbindungen zurückgreifen. Telemation bietet für alle wesentlichen Arbeitsstationen (PC mit AT-Bus, Mikrokanal und EISA-Bus sowie Workstations mit VMEbus und S-Bus) CDDI-Schnittstellen an.

Ein weiterer Preisvorteil: Die CDDI-Schnittstellen liegen im Schnitt 15 Prozent unter dem Preis der entsprechenden FDDI-Schnittstelle. Zwar existiert derzeit noch kein CDDI-Standard; in ihrem Bereich marktführende US-Unternehmen wie Cisco Systems, AMD, Synoptics und Digital Equipment betreiben jedoch bereits die Entwicklung des CDDI-Standards und bereiten eine Normierung vor. Nach dem aktuellen Stand dieser Entwicklung wird der Rahmenaufbau von CDDI nahezu mit dem von FDDI identisch sein.

Vor diesem Hintergrund bescheinigen Kenner des Marktes der CDDI-Technologie auf STP-Kabel gute Chancen im Markt. Die wesentliche Einschränkung, CDDI auf STP-Kabel maximal bis zu einer Distanz von 100 Meter, inklusive zweier Übergänge in den Rangierfeldern, betreiben zu können, fällt indes weniger ins Gewicht. Die Erfahrung zeigt, daß bei 90 Prozent aller Geräteanbindungen die 100-Meter-Kabelstrecke ausreicht, zumal CDDI nicht für den Einsatz als gebäudeüberschreitendes Unternehmens-Backbone gedacht ist.

Seit kurzem macht sich zudem eine zweite Gruppe daran, darunter Chipcom und Ungermann & Bass, das CDDI-Protokoll auf Unshielded-Twisted-Pair-Kabel zu implementieren. Inwieweit CDDI auf diesem störanfälligeren Medium zukünftig eine Rolle spielen wird, muß sich noch zeigen. Die Ankündigung, auch mit dieser Technik Entfernungen bis zu 100 Meter zu bewerkstelligen, darf jedoch bezweifelt werden.

Eine weitere Lösung, den 100-Mbit/s-Datentransfer ohne zu hohen Kostenaufwand an den Arbeitsplatz zu rücken, ist der FDDI-Konzentrator. Der FDDI-Konzentrator verfügt über Ausgänge, um die Endgeräte im Single-Attach-System-Modus anzuschließen; das erspart den zweiten zusätzlichen Leitungsweg. Mit dem FDDI-Backbone muß der FDDI-Konzentrator im Dual-Attach-System-Modus verbunden sein, das erfordert der Aufbau des Rings, der genau betrachtet aus zwei Ringen, einem Übertragungs- und einem aktiven redundanten Ring, besteht.

Der FDDI-Konzentrator erlaubt zudem mehr Flexibilität beim Anschluß der Endgeräte, denn er läßt ein beliebiges Mix an FDDI- und CDDI-Anschlüssen zu. Dort, wo in Ausnahmefällen Entfernungen über 100 Meter überbrückt werden müssen, setzt der Anwender auf Glasfaser, in allen anderen Fällen kann er ohne Einbuße an Funktionalität und Sicherheit das herkömmliche STP-Kabel beibehalten.

Aber nicht nur hinsichtlich der Kosten und Flexibilität macht sich der FDDI-Konzentrator bezahlt. Der Anwender erreicht darüber hinaus mit dieser Lösung ein höheres Maß an Verarbeitungssicherheit. Klinkt sich eine der Stationen im Fehlerfall, durch Fehlbedienung oder auch nur durch erneutes Booten aus, hat dies keinerlei Einfluß auf den FDDI-Ring. Wären die Arbeitsstationen, jedoch direkt an den Ring angeschlossen, würde kurzzeitig der gesamte Ring ausfallen. Eine erneute Synchronisation wäre erforderlich, um den Ringverkehr wieder in Gang zu setzen.

Zweiter Konzentrator sorgt für Sicherheit

Darüber hinaus sind mit dieser Technologie weitergehende Sicherheitsmaßnahmen möglich, beispielsweise durch den zusätzlichen Einsatz von zwei FDDI-Konzentratoren direkt am Ring. In dieser Konstellation fungiert der eine Konzentrator als Mittler zum Übertragungsring, der andere als Mittler zum Backup-Ring. So verbunden führt selbst der Ausfall des Konzentrators zu keinem Problem im Ring, denn in diesem Fall schaltet der zweite Konzentrator am Ring den Ersatzweg. Wer eine nahezu absolute Kommunikationsgewähr will, kann zudem Bypass-Schalter zwischen dem Ring und dem Konzentrator installieren und damit für Ausfallsicherheit im gesamten FDDI-LAN sowie auf den Lichtwellenleiterstrecken sorgen.

Ob nun FDDI auf Lichtwellenleiter oder CDDI auf geschirmtem Kupfervierdraht, am Grundkonzept, 100 Mbit/s bis hin zu den Arbeitsstationen zu realisieren, wird vor allem in großen Netzwerken auf Dauer kein Weg vorbeifahren. Zu eng ist in einem Netzverbund die ständige Erhöhung der Prozessorleistung der Rechner mit dem erhöhten Bedarf an Bandbreite verknüpft.

Der Zeitpunkt für verstärkte Investition in die neue Technologie ist von vielen Faktoren abhängig: von der Kenntnis des Anwenders über diese Technik, der Art der eingesetzten Rechner, der aktuellen Verarbeitungsqualität im Unternehmensnetz und den angestrebten Netzerweiterungen. Wie jede andere Investition so unterliegen auch die neuen "schnellen" Schnittstellen einer intensiven Kosten- und Nutzenbewertung.

Zu guter Letzt ist der Einsatz von FDDI-Endgeräteschnittstellen auch vom derzeitigen Bestand der Kabeltechnologien in den Unternehmen und bei den öffentlichen Anbietern von Kommunikationsdiensten abhängig. So gesehen scheint CDDI auf geschirmtem Kupferkabel in Deutschland die besseren Perspektiven zu haben. Viele bundesdeutsche Netzwerke basieren auf STP-Kabel, zudem stellt die Telekom hohe Anforderungen an die Funkentstörung.

In diesem Zusammenhang wird es CDDI auf UTP in der Bundesrepublik Deutschland schwer haben, selbst wenn die weiteren Entwicklungsbestrebungen der UTP-Gruppe Erfolg haben sollten. Insbesondere schon deshalb, weil sich unsere UTP-Norm erheblich vom US-UTP-Standard (paarweise verdrilltes vieradriges Kabel) unterscheidet. In der Praxis bedeutet dies teure Neuverkabelung, da unser UTP-Kabel nur bedingt für den Einsatz in lokalen Netzwerken und schon gar nicht als FDDI-Medium tauglich ist.