Dataquest schätzt Marktvolumen bis 1992 auf 325 Millionen Dollar

FDDI erschließt zusätzliche Bandbreiten und die Sprache

22.06.1990

Die Normenvorschläge für das Fiber Distributed Data Interface decken mit FDDI-I und FDDI-II sowohl die Inhouse-Kommunikation als auch den Bereich Metropolitan Area Networks - kurz MAN - ab. Der erste Teil des Artikels von Erich Rösch* gibt einen Überblick über die Spezifikationen und Produkte der nahezu komplett verabschiedeten Norm FDDI-I.

Die Übertragung von Informationen in Form von Daten und Sprache hat in der vergangenen Dekade eine rasante Entwicklung genommen. Mit den "Local Area Networks" (LAN) in Form von Ethernet- oder Token-Ring-Netzwerken tauschen heute Mainframes, Bereichsrechner und PCs Daten im Mbit-Bereich aus. ISDN mit seinem Angebot von 64-Kbit-Kanälen eröffnet für die Sprachkommunikation hier zusätzliche Möglichkeiten .

ISDN kämpft mit Startschwierigkeiten

Die Datenkommunikation über LANs wird mittlerweile in großer Vielfalt von unterschiedlichen Herstellern angeboten und findet zunehmend Einsatz in den Unternehmen. Entsprechende Zuwachsraten sind auch für die nächsten Jahre von den Marktforschern prognostiziert. ISDN befindet sich heute im Regelbetrieb, kämpft allerdings noch mit Startschwierigkeiten. Mittelfristig wird es sich aber als Universalnetz im Telecom-Bereich durchsetzen.

Das Ausloten der umfassenden Möglichkeiten der neuen Technologien LAN und ISDN beeinflußt heute intensiv den Aufbau integrierter Kommunikations-Infrastrukturen in den Unternehmen. Dieser Prozeß ist in vollem Gange und bei weitem noch nicht abgeschlossen. Ungeachtet dessen ging die technologische Entwicklung in den Forschungslabors und Standardisierungsgremien weiter. Als Ergebnis dieser Bemühungen liegen inzwischen Standards und erste Produkte für Hochleistungsnetze mit Kapazitäten von 100 Mbit und mehr vor.

Die Merkmale von Hochleistungsnetzen

Diese Hochleistungsnetze gehen über die Merkmale heute gängiger LANs im "Medium-Speed-Bereich" wie Ethernet und Token-Ring hinaus. Sie zeichnen sich durch folgende Leistungsmerkmale aus:

- wesentlich größere geografische Ausdehnungen (auch über Inhouse-Grenzen hinaus),

- Datenraten im Bereich von 100 Mbit und mehr sowie

- Universalität bezüglich der zu übertragenden Informationsströme (asynchrone und synchrone Daten, Sprache, Bild).

Abhängig von ihren Einsatzfeldern "Daten" beziehungsweise "Sprache und Daten" lassen sich folgende Ansätze für Hoch leistungsnetze identifizieren, die voraussichtlich in naher Zukunft Marktrelevanz erreichen werden. Dies sind für die Datenkommunikation das "Fiber Distributed Data Interface" (FDDI-I) und für die integrierte Sprach- und Datenkommunikation die "Metropolitan Area Networks (MANs) in der Auslegung nach IEEE-Standard 802.6 (Distributed Queue Dial Bus - DQDB) beziehungsweise nach dem ANSI-Standard FDDI-II. Neben diesen Ansätzen, die sich auf internationale Standards stützen, gibt es noch eine Reihe von herstellerspezifischen Systemen.

Diese sollen allerdings an dieser Stelle nicht behandelt werden, da - mittelfristig betrachtet - ihre Akzeptanz am Markt voraussichtlich abnimmt.

Im folgenden werden die oben aufgeführten Hochleistungsnetze auf ihre technologischen Merkmalen und auf ihre Marktrelevanz untersucht, das beißt, inwieweit Hersteller heute bereits entsprechende Systeme anbieten beziehungsweise ob es bereits Anwendungsbeispiele gibt.

FDDI-I ist ein Vorschlag für ein Hochleistungs-Datennetz der ANSI (American National Standards Institute). Es definiert einen 100 Mitb/sec-Glasfaser-Doppelring, der zwei verschiedene Typen von Stationen enthalten kann. Die beiden FDDI-Ringe übernehmen unterschiedliche Aufgaben. So dient in Regelfall nur ein Ring zur

Datenübertragung, der zweite fungiert als Sicherung und wird bei Störungen als alternative Wegeschaltung eingesetzt.

Die beiden Stationstypen am FDDI-Netz unterscheiden sich durch den Anschluß an die jeweiligen Ringe:

- Klasse-A-Stationen sind an beide Ringe angeschlossen und haben die volle Management Funktionalität. Sie können als Konzentratoren für Klasse-B-Stationen dienen

- Klasse-B-Stationen sind über einen Konzentrator nur an einen Ring angeschlossen.

Die beiden Stationstypen erlauben den effizienten Anschluß einer Vielzahl verschiedener Endgeräte an das FDDI-Netz. Die technischen Angaben des ANSI-Standards sind in Abbildung 1 zusammengefaßt.

FDDI verwendet ein Token-Passing-Verfahren, vergleichbar zum Token-Ring von IBM mit 4 Mbit/sec. Allerdings wird der Token-Ring unmittelbar nach der Sendung freigegeben.

Als Medium ist heute eine Multimode-Gradientenfaser vorgesehen. Festlegungen für FDDI auf Monomode-Fasern sind zur Zeit in der Diskussion. Legt man den Maßstab des ISO/ OSI-Modells zugrunde, so definiert FDDI Protokolle für die beiden untersten "Layer", das heißt für das "Physical Layer" und das "Data Link Layer". Entsprechend der Feinstrukturierung dieser beiden Schichten durch IEEE für LANs (siehe Abbildungen 2 und 3) normiert FDDI die Komponenten:

- Physical Medium Dependent-Sublayer (PMD),

- Physical Layer (PHY)

- Media Access Control-Sublayer (MAC) und

- Station Management-Layer (SMT)

Das Station Management ist a priori nicht Teil des ISO/OSI Modells; es stellt genauer gesagt einen Teil des Managements für das Netz dar.

Die Standardisierung von FDDI-I ist nahezu abgeschlossen. Abbildung 3 stellt die einzehlen Komponenten in ihrer Bedeutung vor und zeigt den Status der Normierung. Es wird erwartet, daß die fehlenden Komponenten Mitte des Jahres endgültig definiert werden und der Standard somit komplett ist.

Ein nach wie vor offenes Problem, das auch im Standard nicht berücksichtigt wird, ist die Frage nach der Arbeitsweise von FDDI-Bridges, das heißt von Koppelelementen zur Anbindung von "Non-FDDI-LANs". Dieses Thema wird intensiv in der ANSI beziehungsweise in einer neuen Gruppe, der Advanced Networking Group (ANG), behandelt. Erste Lösungen zeichnen sich ab.

Trotz der derzeit noch unvollständigen Standardisierung bieten heute bereits eine ganze Reihe von Herstellern Produkte an. Dieser Trend manifestierte sich verstärkt auch auf der diesjährigen Hannover-Messe CeBIT '90. Insbesondere zeigte die "Multinet-Show", die den herstellerübergreifenden Netzverbund realisiert, unter dem Thema "Neue Netztechnologien" FDDI-Systeme von verschiedenen Anbietern. Heute verfügbare Produkte gelten allerdings als "PreFDDI-Komponenten", da sie entsprechend dem Fortschritt in der Normierung noch modifiziert und angepaßt werden müssen. Aufgegliedert nach den verschiedenen FDDI-Produkten ergibt sich heute das in Abbildung 4 gezeigte Marktangebot.

Es wird offensichtlich, daß sich das Angebot an FDDI-Produkten durch verschiedene Hersteller bereits vielfältig gestaltet. Die Durchdringung des Marktes mit eingesetzten FDDI-Netzen ist dagegen noch relativ gering.

So lassen sich FDDI-Netze heute vor allem bei den Universitäten und Forschungsinstituten finden, die durch ihre Anforderungen an heterogene Rechnervernetzungen Vorreiter für diese neue Technologie sind Beispielsweise haben die Universität Karlsruhe und die RWTH Aachen ein FDDI-Netz im Einsatz. Weitere Netze in Hannover und Kaiserslautern sind in Planung.

FDDI-Netzen kommen mittelfristig im Bereich der Bildverarbeitung, beim Zugriff auf optische Datenbanken, bei medizinischen Anwendungen und vor allem im Backbone-Bereich zum Beispiel zur Vernetzung von "Medium Speed-LANs" oder als Gebäude-Backbone in Betracht. Daneben können FDDI-Netze die Kommunikationsanforderungen der immer leistungsfähigeren Workstations abdecken.

Der Durchbruch von FDDI am Markt wird für die folgenden Jahre erwartet. So schätzt Dataquest den Weltmarkt für FDDI für 1992 auf rund 325 Millionen US-Dollar. Davon entfallen sechs Prozent auf Mainframe-Anschlüsse, 33 Prozent auf Workstation-Anschlüsse, 33 Prozent auf Konzentratoren und 28 Prozent auf Bridges und Router. Für die Bundesrepublik wird ein Markt von 78 Millionen US-Dollar für 1992 geschätzt.

wird fortgesetzt