Trotz Siegeszug der E-Mails

Fax-Server im Unternehmen sparen Zeit und bares Geld

08.01.1999

Wie in unzähligen anderen deutschen Firmen hat auch beim Siemens-Bereich EVMNK (Energieversorgung Mittel- und Niederspannungskomponenten) in Berlin das Fax seinen festen Platz in der Unternehmenskommunikation. Obwohl E-Mails nach Angaben von Peter Sauerland, Referatsleiter für Datennetze, stark im Kommen sind - die elektronischen Nachrichten haben zumindest intern das Fax fast abgelöst - setzt das Unternehmen für die Kommunikation nach außen in erster Linie auf die Fernkopien.

Vor etwa einem Jahr installierten die Berliner die Fax-Server- Lösung "Imex" von Acotec. Sauerland: "Von insgesamt 500 Exchange- Nutzern machen etwa 100 von der Möglichkeit Gebrauch, Faxe direkt vom PC zu versenden." Die Vorteile für die Server-Lösung liegen dem TK-Experten zufolge auf der Hand: "Wer ein Fax wegschicken will, kann dies schnell und bequem direkt vom Arbeitsplatz erledigen - der Ausdruck eines Dokumentes und der Gang zum Abteilungsfax entfallen." Auf die Option, Faxnachrichten über den Server bis zum Arbeitsplatz zu verteilen, haben die Berliner verzichtet, weil das eine Aufrüstung der Telefonanlage erfordert hätte. Außerdem, so Sauerland, stehen in Abteilungen, die besonders häufig via Fax kommunizieren, sowieso spezielle Geräte für den Faxempfang bereit.

Eine Modellrechnung von Acotec bestätigt Sauerlands Behauptung und läßt ahnen, wie groß das Einsparungspotential durch den Einsatz der Technologie gegenüber dem Faxen "von Hand" sein kann. Bei einer geschätzten Entfernung des Drukkers beziehungsweise Faxgeräts von zirka zehn bis 15 Metern vom Arbeitsplatz dauert demnach das Versenden eines zweiseitigen Faxes ohne Störungen durchschnittlich vier Minuten. Mit einer Fax-Server-Lösung lasse sich dieser Wert auf etwa 20 Sekunden senken. Auf Grundlage dieser Werte würde das tägliche Versenden von 300 Faxen rein arbeitszeitbedingt monatliche Kosten von etwa 8000 Mark verursachen (bei einem angenommenen Durchschnittsgehalt eines Mitarbeiters pro Monat von 2500 Mark und einem Lohnnebenkostenfaktor von 1,3). Den Wert bei Einsatz einer Server- Lösung beziffert der Anbieter hingegen mit rund 600 Mark. Rein theoretisch ließen sich pro Jahr im Modellfall also Kosten von fast 90000 Mark vermeiden. Eine stolze Summe - ob dieser Wert auch in der Praxis erreicht werden kann, ist ungewiß.

Die Erfahrungen von Klaus Ziegler, Unix-System-Manager bei BMW Rolls-Royce Aero Engines in Oberursel, bestätigen zumindest die positive Tendenz des Beispiels.

Er und seine Kollegen stellten Modellrechnungen an, denen zufolge sich mit einer Fax-Server-Lösung bereits bei nur fünf zu verschickenden Faxen pro Anwender und Jahr "enorme Kosten" einsparen lassen.

Auf eine exakte Wirtschaftlichkeitsrechnung hat sein Unternehmen verzichtet: "Dazu gab es keinen Anlaß", erzählt Ziegler, "unsere Anwender wollten eine Fax-Server-Lösung. Wir hätten praktisch offene Türen eingerannt." Er und sein Team spekulieren vor allem auf eine Reduzierung der gedruckten Faxe sowie eine Senkung der Kosten für Toner und die Wartung der Faxgeräte. Der Manager ist zuversichtlich, daß sich das Projekt innerhalb eines Jahres amortisiert.

Derzeit implementieren die Triebwerkbauer für insgesamt 1500 Mitarbeiter an zwei Standorten "Comfax" des Münchner Anbieters Com-em-tex. Alle Anwender sollen Faxe jedoch nicht nur von ihrem Arbeitsplatz versenden, sondern auch dort empfangen können. Die dazu erforderliche Datenbank mit den Durchwahlnummern aller Mitarbeiter ließ sich dank der Comfax-Programmier-Schnittstellen so programmieren, daß ihre Pflege automatisch abläuft und kaum administrativen Aufwand darstellt, wie Ziegler stolz erzählt.

Mit Fax-Server-Lösungen lassen sich aber nicht bloß Papierberge abbauen oder Wege vermeiden: Unternehmen, die mehrere Standorte via Mietleitung miteinander verbinden, können ihre Faxe per Least Cost Routing versenden und somit zusätzlich Geld sparen. Ziegler erklärt: "Unser Werk in Oberursel ist über eine Standleitung mit der Konzernmutter BMW AG in München verbunden. Auf diese Weise können wir billig in den süddeutschen Raum faxen." Teure Fernverbindungen über das Telefonnetz der Telekom entfallen somit größtenteils für die Triebwerkbauer.

Technisch funktioniert eine Fax-Server-Lösung so: Der Server wird entweder direkt mit der Faxleitung oder der TK-Anlage im Unternehmen gekoppelt und mit dem LAN verbunden. Die Software klinkt sich in der Regel in bestehende Kommunikationslösungen wie Microsofts "Exchange" oder Lotus "Notes" ein. Eingehende Faxe werden je nach Implementierung entweder zentral gespeichert und vom Anwender elektronisch dort abgeholt oder direkt bis zum Arbeitsplatzrechner weitergeleitet. Die jeweilige Client-Software zeigt die Nachrichten dann wie E-Mails im Eingangsordner an. Während viele Server Fax-Messages als Bilddatei verschicken, besteht aber auch die Möglichkeit, sie über ein Programm zur optischen Zeichenerkennung zunächst in Textdateien umzuwandeln und dann erst weiterzuleiten.

Aus Anwendungen heraus erfolgt das Faxen ähnlich dem Drucken, nur daß die Ausgabe eines Dokumentes hierbei über den Fax-Server erfolgt, der es dann verschickt. Den notwendigen Dienst stellt die Server-Software der Anwendung zur Verfügung. Dieser Aspekt spielte auch für BMW Rolls-Royce eine nicht unerhebliche Rolle bei der Auswahl der Lösung, wie Ziegler betont: "Unsere Entscheidung fiel nicht zuletzt wegen der hohen Integrationsmöglichkeit in andere Anwendungen." Vor allem die Zertifizierung für "R/3" von SAP war wichtig: "Rechtsgültige Bestellungen können direkt aus der Anwendung via Fax verschickt werden."

Fax-Server bieten außerdem die Option, nicht dringende Faxe zeitversetzt (etwa nachts) zu senden, um Gebühren zu sparen.

Faxe automatisch versenden

Ziegler weist auf einen weiteren Pluspunkt hin: "Ein Fax-Server ist nicht zuletzt deshalb komfortabel, weil sich problemlos Empfängergruppen anlegen lassen. Selbst größere Faxsendungen können dann automatisch verschickt werden, ohne daß dafür stundenlang ein Mitarbeiter am Faxgerät stehen muß."

Ein weiterer Aspekt, der für eine Fax-Server-Lösung spricht, ist die Geheimhaltung. Viele Faxe sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Kommen wichtige Dokumente auf einem allgemein zugänglichen Faxgerät an, besteht die Gefahr, daß Unbefugte sie sehen und womöglich Firmengeheimnisse erfahren. Mit einem Fax- Server läßt sich dieses Problem umgehen: Mitteilungen einer bestimmten Prioritätsstufe können für Unbefugte "unsichtbar" gemacht werden, außer dem Empfänger bekommt sie dann niemand zu Gesicht.

Trotz aller Vorteile werden herkömmliche Faxgeräte selbst durch eine Fax-Server-Lösung nicht völlig überflüssig. Der Grund: Nicht alle Dokumente sind rein elektronisch zu erstellen, viele Faxe brauchen eine Unterschrift. Zwar bieten elektronische Signaturen eine Möglichkeit, Dokumente digital zu unterschreiben, doch hat sich dieses Verfahren bislang noch nicht durchgesetzt. Außerdem spricht für die recht robusten Maschinen noch ein weiteres Argument: Fällt der Server einmal aus oder geht das LAN in die Knie, können Faxgeräte in die Bresche springen - das Unternehmen bleibt für Nachrichten erreichbar.

Fax-Server-Lösungen stellen jedoch nicht das Ende der Fahnenstange dar, was die Integration der Kommunikation in Unternehmen angeht. Analysten zufolge werden im Zuge des Unified Messaging (UM) künftig auch sprachliche Mitteilungen mit E-Mail und Fax harmonieren. Ovum etwa schätzt, daß sich die Gesamtzahl der UM- Mailboxen weltweit von derzeit knapp 20 000 bis zum Jahr 2006 auf annähernd 170 Millionen entwickeln wird (siehe Grafik).