Faxkarten-Hersteller im erfolgreichen Wettbewerb

Fax-Boom läßt Preise purzeln - schuld daran ist der Fax-PC

15.02.1991

Daß PC-Faxkarten die Händler herkömmlicher Geräte das Fürchten lehren, ist am Preisverfall abzulesen: Durchschnittlich 800 Mark weniger muß der Käufer heute auf den Ladentisch legen. Die Fax-Welle rollt durch den unaufhaltsamen Aufstieg des PCs als Träger von TK-Features.

Derart aufgemöbelte PCs unterstützen den Trend zum multifunktionalen Kommunikations-PC. Und der, hat er sich erst in der Anwendung durchgesetzt, erzeugt in der Folge den Wunsch nach schnelleren und sichereren Übertragungswegen. Darum bewegen sich die Anbieter in Sachen PC-Fax auf dein Markt auf zwei verschiedenen Wegen: Neben der Herstellung von "Grundkomponenten" wie analogen Faxkarten und Anwendungssoftware - bisher allein auf weiter Flur: die Berliner Acotec GmbH - versuchen Hersteller von "integrierten" ISDN-Karten, den Multi-PC und das ISDN zu propagieren, um ihre aufwendigeren Kartenlösungen an den Mann zu bringen.

Dem multifunktionalen PC gehört die Zukunft

Nur wenige Anbieter können ihren potentiellen Kunden mit moderaten Preisen entgegenkommen. Um Marktanteile wird derzeit nur im Verborgenen gerungen, wobei Preisnachlässe nach wie vor das überzeugendste Verkaufsargument sind. Die hohen Herstellungspreise machen jedoch einen Strich durch die Rechnung. Für Entwicklung und Herstellung einer ISDN-Karte kalkulieren die Anbieter Kosten zwischen 800 und 1500 Mark. Software, ohne die eine Karte nicht verkauft werden kann, kostet je nach Funktionsumfang weitere 100 bis 5000 Mark. Trotzdem spielen einige Anbieter den billigen Jakob in der Hoffnung, später andere Lösungen zu höheren Preisen verkaufen zu können.

Ein Beispiel dafür ist die PR-Aktion der Berliner Systec GmbH. In einem Computermagazin wurde für eine ISDN-Faxkarte zum Preis von knapp 900 Mark geworben. Resultat: Innerhalb eines Monats konnte Systec 800 Karten verkaufen. Weil damit aber nur Interessenten für künftige Installationen gewonnen und beileibe kein Geld verdient wird, hält sich die Systec mit Projekt- und Entwicklungsaufträgen über Wasser. Cashflow pro Auftrag laut Geschäftsführer Christian Zillich: etwa drei bis fünf Millionen Mark jährlich.

Ganz andere Erfolge sind im Geschäft um den PC mit Großabnehmern zu erzielen. Jeweils 5000 ISDN-Karten verkaufte die Berliner AVM an die Telekom und die Datev. Bis Mitte 1991, so AVM-Vertriebschef Hans-Jürgen Pawlowski, sollen die 10 000 Karten ausgeliefert und in die Kommunikations-Infrastruktur der Unternehmen eingebunden sein.

Ob bei diesen Deals die Karten richtig gemischt wurden, bleibt dahingestellt. Jedenfalls schmollen die Mitbewerber mittlerweile nicht mehr. Vielmehr freuen sie sich über das Signal, das diese Verkaufsaktion gesetzt hat: Der multifunktionale PC ist fraglos im Kommen. Insofern können sich die Mitstreiter sogar bei der AVM bedanken. Sie wissen jetzt, daß sie mit ihrem PC-Karten-Engagement auf das richtige Pferd gesetzt haben. Jetzt gilt es nur noch, potentielle Kunden zu interessieren. Daß die "telekommunikative Computerei" keine Hexerei ist, beweisen beispielsweise die bereits installierten "normalen" PC-Faxkarten der Berliner Ferrari Electronic GmbH.

Das Produkt dieser Firma mit eigenem Prozessor und Speicher arbeitet unbemerkt im Hintergrund, ohne eine gerade laufende Anwendung zu unterbrechen. Die sowohl unter DOS als auch unter Windows lauffähige Software erlaubt das Senden von Faxdokumenten direkt aus einem Textverarbeitungsprogramm auf einfachste Weise: Druckfunktion starten, im Optionen-Menü statt eines Druckers die Faxkarte anwählen, dort den gewünschten Empfänger anklicken - schon wird das Fax erzeugt und gesendet.

Verfügen Sender und Empfänger über dieselbe Ferrari-Karte, können beliebige Dateien 1 : 1 übertragen werden. Neben dem Versand von Programmen ist dies also auch für Textverarbeitungsdokumente möglich, die dann der Empfänger anschließend weiterverarbeiten kann.

Der Filetransfer erfolgt im Fehlerkorrektur-Modus, so daß bei Übertragungsfehlern gezielte Teilwiederholungen einen hundertprozentigen Empfang ermöglichen. Auch im normalen Faxbetrieb wird diese Fehlerkorrektur benutzt, so daß die leidigen Störstreifen wohl endgültig verschwinden.

Das Programm für den Hintergrundbetrieb der Karte belegt nur 30 KB Speicherplatz und orientiert sich an der von Intel und DCA definierten CAS-(Communication Applications Specification-)Schnittstelle. Dadurch können auch andere Programme, etwa für Netzwerk-Betrieb, Datenbank-Organisation oder Office Automation, verwendet werden, die sich an diesen Standard halten. Eine Liste möglicher Programme ist bei Intel erhältlich. Damit kann der Benutzer seine Faxlösung erweitern, Inhouse-Programmierer oder Softwarehäuser sind in der Lage, Faxfunktionen in eigene Programme einzubauen und für Unix-Umgebungen steht eine eigene Lösung bereit.

Auch Edward Taylor-Parkins, Geschäftsführer der Hamburger Stollmann GmbH, engagiert sich für die TK-Zukunft: Die Betonung bei ISDN liege auf Integrated Services. Deshalb kritisiert der Hamburger das AVM-Geschäft mit Datev und Telekom: "Sowohl die Datev als auch die Deutsche Bundespost Telekom haben sich für eine reine Datenlösung entschieden und schließen für die Telefonie einen separaten ISDN-Apparat an." Die Integration finde also nicht über den PC statt. Daneben vernachlässige die AVM-Karte die analogen Gruppe-3-Fax-Teilnehmer, weil sie lediglich die Bereiche Daten, Btx und Fax-Gruppe 4 abdecken

Gegenargument der AVM: Seit mehr als einem Jahr bietet der deutsche Btx-Dienst Übergänge zu anderen Services, etwa Telex, Cityruf und auch Telefax. Damit könne jeder Btx-Teilnehmer - ein solcher sei man mit der AVM-Karte - jeden Telefax-Teilnehmer weltweit erreichen. Die Verbindung beider Systeme erfolge über einen zwischengeschalteten externen Rechner der Telekom.

Bei dem ISDN-Wirrwarr gilt es jedoch aufzupassen: Das Gruppe-3-Fax, ob nun via separates Gerät oder Fax-Karte gesendet, wird bekanntlich nicht schneller, wenn es über eine ISDN-Leitung geschickt wird. Schneller geht es nur mit dem Gruppe-4-Standard - über den aber verfügen zur Zeit erst die wenigsten Anwender! Die Zahlen der Bundespost zum Thema Netzausbau jedenfalls - bis dato sind etwa 9000 S0-Anschlüsse registriert - sehen noch vergleichsweise mager aus.

Gruppe-4-Übertragungen, wenn sie sich schließlich durchsetzen, stellen dann allerdings eine reine Softwarelösung dar, die ausschließlich über den PC läuft. Das Stollmann-Produkt "Tina DS" ist Unternehmensangaben zufolge die eigentliche ISDN-Karte, weil sie wirklich die integrierte Anwendung biete. (Verkaufs-)Argument der Stollmann GmbH: Der Gruppe-3-Markt werde durchaus weiter existieren, aber sukzessive mit entsprechenden Zusätzen ISDN-fähig werden. Mit der Tina-Karte könne der Anwender ein Faxgerät oder die analoge Faxkarte benutzen. Der Betrieb werde dann zwar nicht schneller, der Kunde habe aber den analogen Anschluß gespart und könne nun gleichzeitig telefonieren oder Daten austauschen.

PC-Karten für die Datenkommunikation

Der ISDN-Markt, bezogen auf die PC-Connnection, belief sich 1990 nach Schätzungen von Taylor-Parkins auf 1500 bis 1800 multifunktionale PCs. Er geht davon aus, daß bisher zirka 9000 ISDN-Hauptanschlüsse installiert wurden, davon 60 bis 70 Prozent als Nebenstellenanlagen und Endgeräte. Weitere zehn Prozent arbeiten mit Terminaladaptern, der Rest sind PC-Karten.

Wer sich hier allerdings nur auf den einen Bereich Telefax verlasse, begehe unternehmenspolitischen Selbstmord. Stollmann sieht als Ausweg den X.25-Sektor, die reine Datenkommunikation. Bis ISDN und Faxkarten die richtigen Margen einbringen, hält Stollmann sich mit dem X.25-Geschäft über Wasser, nämlich mit PC-Karten für die Datenkommunikation. Zu seinen Großkunden zählen etwa der Münchner Distributor Adcomp, die Commerzbank AG oder der Deutsche Paketdienst, die dem Hamburger Unternehmen jeweils einen Jahresumsatz von einer halben bis einer Million Mark bescheren.

Mit von der Partie im PC-Karten-Geschäft ist auch der Systec-Ableger Diehl Elektronik GmbH, Ostelsheim bei Stuttgart, mit seiner "Sotec-ISDN". Karte: Um Kompatibilität zwischen Gruppe-3- und Gruppe-4-Geräten zu erzielen, haben die Ostelsheimer ein Aufsteckmodul für die Gruppe-4-Karte entwickelt. Darüber wird die bereits erwähnte Ferrari-Karte (Gruppe 3) integriert. Die Gruppe-4-Karte kostet 2600 Mark plus entsprechende Software. Zusätzlich schlägt das Gruppe-3-Aufsteckmodul mit etwa 1500 Mark zu Buche, insgesamt also rund 5500 Mark.

Über die Software - Hersteller ist die Berliner Acotec GmbH - kann der Anwender für diesen relativ hohen Preis immerhin sämtliche TK-Features von einem PC aus nutzen: Datentransfer, Fax in analoger und digitaler Technik sowie Telefonunterstützung, jeweils in entsprechend hoher Qualität. So entfallen bei derart ausgestatteten PCs immerhin die Anschaffungskosten für jeweils ein Gruppe-3- und ein Gruppe-4-Gerät. Besonders interessant ist die Lösung indes für Neueinsteiger in die Welt der Telekommunikation. Auch nach dem AVM-Deal halten die Mannen der Diehl Elektronik GmbH den ISDN-Markt noch längst nicht für abgegrast. Geschäftsführer Guntram Diel erwartet noch viele ISDN-Anwender, rechnet allerdings weniger mit dem multifunktionalen PC als vielmehr mit dedizierten Anwendungen, die den Kunden beim normalen Übertragen von Daten sehr viel Geld sparen, beispielsweise durch PC-Host-Verbindungen oder den Datentransfer zwischen zwei Netzwerken.

Nach Einschätzung von Diehl-Chefentwickler Gebhard Michel wird sich die Anzahl der ISDN-Anschlüsse in der Bundesrepublik bis 1995 auf mindestens 100 000 erhöhen. Dazu komme die um ein vielfaches höhere Anzahl der Anschlüsse, die über eine digitale Nebenstellenanlage mit dem ISDN verbunden sind. An 30 bis 40 Prozent dieser S0-Buchsen werde ein multifunktionaler PC stehen, der auch das Fax-Feature nutze.

Prognostiziert Michel: "Durch welche Faxkarten auch immer ausgelöst - die Preise für herkömmliche Faxgeräte werden extrem in den Keller fallen." Darum sein Vorschlag: "Ich würde als Alternative auch Faxkarten verkaufen." Dabei rechnet er allerdings mit Schwierigkeiten, die beiden vollkommen unterschiedlichen Vertriebskanäle von Bürotechnik und Telekommunikations-Elektronik zu bedienen.