Umweltschädlicher als Erdölprodukte

Fauler Zauber um Öko-Handys

15.10.2008
Umweltbewusste Handy-Nutzer werden von den Herstellern mit Öko-Handys gelockt. Deren Produktion aus Rohstoffen wie Maisstärke oder Kartoffen soll die Umwelt schonen und das Klima weniger belasten. Experten bezweifeln das.

Grün ist der Weg, der die Handyhersteller in die Zukunft führen soll. Gerne schmücken sich die Unternehmen mit dem Umweltschutz-Image und präsentieren Handys wie das Nokia 3110 Evolve, das Samsung E200 oder Sony Ericssons Handykonzept Green Heart. Sie bestehen aus erneuerbaren Rohstoffen und sollen die Umwelt weniger belasten, weniger Müll erzeugen und bei der Herstellung weniger CO2 verbrauchen. Experten bezweifeln allerdings die von den Handy-Herstellern vorgelegten Umweltbilanzen.

Öko-Handys aus Biokunststoff sind umweltschädlicher als Erdölprodukte
Öko-Handys aus Biokunststoff sind umweltschädlicher als Erdölprodukte

Samsung beispielsweise rechnet vor, dass die Herstellung einer Tonne Biokunstoff aus Maisstärke im Vergleich zu herkömmlichen Kunststoff zwei Tonnen Kohlendioxid einspart. Für Wolfgang Beier, Spezialist für Abfallwirtschaft beim Umweltbundesamt, ist das Schönrechnerei. Wie er der Tageszeitung "Die Welt" erklärt, habe bislang noch keiner eine einwandfreie Ökobilanz vorgelegt, die allen Anforderungen und Normen genüge.

Kaum ein Unternehmen beziehe alle Faktoren in seine selbsterstellten Ökorechnungen mit ein. Dazu gehören der Verbrauch an Anbauflächen für die Rohstoffe des Biokunststoffs, wie Mais, Kartoffeln oder Zuckerrüben. Außerdem die Bewässerung, Pestizide, Düngung und der Einsatz von landwirtschaftlichen Maschinen sowie der Transport nach Europa.

Auch die Produktion des Kunststoffs soll bei weitem nicht so ökologisch sein, wie von den Handyherstellern propagiert. Die Fermentierung von Zucker oder Stärke durch spezielle Bakterien zu Kunststoff benötige noch zuviel Energie erläutert Reinhard Kleinert, Leiter des von Siemens und BASF gegründeten Biotech-Projektes BioFun der Welt. Für den Prozess werden Strom und Dampf benötigt, deren Erzeugung fast zwangsläufig Emissionen nach sich zieht.

Rein rechnerisch wären Kohlendioxid-Einsparungen möglich, allerdings nur wenn Ökostrom verwendet würde. Die Entsorgung sei fast ebenso energieintensiv. Um den Zerfall von Biokunststoff zu beschleunigen, müsse er erhitzt werden. Von alleine zerfallen die Kunststoffe nicht oder nur sehr langsam. Beier sieht das Material daher eher skeptisch und rät Unternehmen eher zu herkömmlichen Kunststoffen. Damit mache man derzeit nichts falsch.

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