Nationale Eigenbrötelei bringt Kooperation zu Fall:

Faule Kompromisse belasten das Eureka Projekt

04.07.1986

LONDON (CWN) - Als Opfer innereuropäischer Dissonanzen scheiterte jetzt ein gemeinsames Forschungsprojekt, das auf die Entwicklung eines Standard-PC für das Schulwesen in Europa abzielte. An der Kooperation hatten sich DV-Unternehmen aus Frankreich, Italien und Großbritannien beteiligt.

Im Rahmen des europäischen Forschungsvorhabens Eureka hatte der französische Staatspräsident Francois Mitterand eine Initiative gestartet, mit der die Zusammenarbeit über die nationalen Grenzen hinweg gefördert werden sollte. Die italienische Ing. C. Olivetti & Co. SpA, Frankreichs Thomson SA und die britische Acorn Plc., an der Olivetti mehrheitlich beteiligt ist, wollten einen Standardrechner mit entsprechender Software entwickeln. Als Liefertermin hatte man 1987 anvisiert. Jetzt ergehen sich allerdings die Unternehmen in Unstimmigkeiten über die einzusetzende Hardware. Der Kompromiß, zu dem man sich schließlich durchringen konnte, sieht nun zwei European-Educational-Standard-(ESS-)Rechner vor: einen auf der RISC-Architektur basierenden Computer von Acorn und Olivetti und ein System aus dem hause Thomson, dessen Technologie sich an den Heimcomputer T09 lehnt.

Da man sich nun bei der Hardware mit zwei Standardwerten abfinden müsse, konstatierte Acorns Managing-Director Brian Long, werde man wenigstens bei der Software einheitliche Richtlinien finden.

Bedeckt hielten sich dagegen die Italiener. Sie wollten den mißglückten Projektverlauf nicht kommentieren. Auch das französische Unternehmen Thomson, das als entschiedener, Verfechter der Datenverarbeitung in Schulen gilt, konnte sich zu keinem Statement bereitfindet.

Währenddessen setzen Olivetti und Acorn weiter auf ihren 16-Bit-MS-DOS-Rechner, der nächstes Jahr sein Debüt feiern soll. Unklarheit besteht derzeit noch über die Verwirklichung der Softwarekompatibilität zu den konventionellen Thomson-Systemen. Insider meinen, daß es durch Add-on-Boxes gelänge, Programme zu übertragen. Auch hier gibt sich Long zuversichtlich: Bei einem Angebot von 17 000 Softwareproduktenließe sich ja wohl noch ein Programm für die Thomson-Rechner finden.

Die "Hardware-Querele" offenbart jene grundsätzlichen Gegensätze, die Thomson von Acorn und Olivetti unterscheiden. So verfolgen Acorn und Olivetti einen weitaus progressiveren Kurs als Thomson.

Für Eureka bedeutet der Zwist einen erneuten Rückschlag. Das gesamte Projekt leidet zudem ohnedies an der Sparsamkeit seiner 18 Mitgliedsstaaten.