Fair(y)-tales

03.04.1980

Das Credo vieler Computer-Hersteller, Investitions-Entscheidungen auf dem Rechnersektor fälle nicht das DV-, sondern das Top-Management, ist offenbar unerschütterlich. Man sehe sich nur die branchenüblichen Werbebroschüren an: Lauter Superlative, als wolle man der Automobil-lndustrie Konkurrenz machen.

Den Zielgruppenkonflikt macht - um das Tagesgeschehen aufzugreifen - auch das Balzverhalten der Computerfirmen im Messe-Monat April deutlich. Von einer Schlemmerstube für DV-Feinschmecker kann angesichts der jetzt veröffentlichten CeBIT-Speisekarte wahrlich nicht gesprochen werden. Was in den Hallen 1, 2 und 18 feilgeboten wird, verdient eher das Prädikat "managerlich", ist mehr "Hannover Allerlei" als "nouvelle technique". Oder sollten die Mainframer (Univac?) doch noch umwerfende Messe-Neuheiten in petto haben?

Nichts als Kontakte

Nach Katalog jedenfalls drängt sich der Eindruck auf, daß es die Aussteller mehr auf die Inhaber mittelständischer Betriebe abgesehen haben als auf die Spezialisten aus den DV-Abteilungen großer Organisationen. Logisch: Noch stehen unzählige ablösungsreife Magnetkontencomputer in der bundesdeutschen Landschaft herum, sind viele Klein- und Mittelbetriebe nach wie vor mit Service-Rechenzentren verheiratet. Verkäuferherz, was willst du mehr! Willkommen sind selbstverständlich auch Fachbereichsleiter, die sich in die CeBIT-Hallen verirren. Besonders gefragt: Leitende Herren aus Rechnungswesen, Produktion, Vertrieb und Marketing, deren EDV-Erfahrungen sich im Rudimentären bewegen.

Das Motto der Standbesatzungen heißt "Kontakte um jeden Preis". Bei einer Messe steht nun mal der Verkauf im Vordergrund. Für intensive Beratungsgespräche ist CeBIT der falsche Platz. Das sollten sich DV-Chefs, die aus einer akuten Bedarfslage heraus nach Hannover fahren, dick ins Messe-Notizbuch schreiben.

Oberhaupt: Der DV-Chef, der Systemanalytiker, der Hardwareplaner muß sich wie ein ungebetener Gast vorkommen, der den Ablauf der Show stört. Mehr als ein Händedruck mit "seinem" VB - sofern der zur Standbesatzung gehört - ist in den meisten Fällen nicht drin. Der nächste Interessent wartet - man hat Verständnis dafür.