Fahndung per Passbild heftig umstritten

17.04.2007
Die Bundesregierung plant, den Strafverfolgungsbehörden den Online- Zugriff auf alle bei den Meldeämtern gespeicherten Passfotos zu ermöglichen.

Nach einem Entwurf zur Änderung des Passgesetzes soll die Polizei künftig direkt auf die digitalisierten Fotos der seit November 2005 ausgegebenen, elektronischen Reisepässe zugreifen und diese zu Fahndungszwecken nutzen können. Bisher ist dies nur auf Anfrage bei den Meldebehörden möglich, die das gewünschte Passfoto nach entsprechender Prüfung per Post oder Fax herausgeben, und zudem ausschließlich zur Identifizierung "geblitzter" Verkehrssünder zugelassen. "Um Ermittlungsverfahren zu beschleunigen", soll die Datenabfrage auf Wunsch des Bundesrats künftig automatisiert erfolgen und zudem zur Aufklärung jeglicher Straftaten genutzt werden können.

Umgang mit Fingerabdrücken noch unklar

Das neue Passgesetz soll die rechtliche Grundlage für die zweite Generation der biometrischen Pässe schaffen, die ab November dieses Jahres ausgegeben und nicht mehr nur ein digitalisiertes Passbild, sondern auch Fingerabdrücke ihres Inhabers enthalten werden. Unklar ist noch, ob letztere ebenfalls in den künftig eventuell für Fahnder frei zugänglichen Passregistern gespeichert werden sollen oder - wie in dem ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung vorgesehen - mit der "Aushändigung des Passes an den Passinhaber" zu löschen sind. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich allerdings kürzlich für eine Speicherung der Fingerabdrücke bei den 5300 Meldeämtern aus.

Die jüngsten Begehrlichkeiten Schäubles im Hinblick auf eine Verschärfung der Sicherheitsgesetze stoßen bei dem Koalitionspartner SPD, den Oppositionsfraktionen und Datenschützern gleichermaßen auf Protest. "Ein Zugriff auf digitalisierte Passbilder der Bürger darf auf gar keinen Fall die Regel werden", so der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspürz, gegenüber "Netzzeitung.de". Diskutiert würde der Online-Zugriff derzeit lediglich für "begründete Eilfälle - etwa nachts oder am Wochenende, wenn die Meldeämter geschlossen sind". Die Hinterlegung von Fingerabdrücken der neuen Pässe in einer Vorratsdatei hält Wiefelspürz hingegen für unzulässig.

Auch auf Seiten der Opposition regt sich massiver Widerstand. So drohte FDP-Politiker Burkhard Hirsch mit einer Verfassungsbeschwerde, sollte es zu der von Schäuble anvisierten Vorratsdatenspeicherung kommen.

Für den Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar bewahrheiten sich mit dem geplanten Online-Zugriff auf biometrische Daten wie Passfotos und Fingerabdrücke "die schlimmsten Befürchtungen der Datenschützer". Mit der neuen Abfragemöglichkeit liege die Kontrolle ausschließlich bei der Behörde, die sie haben wolle - mit der Folge, dass dann viel mehr Daten abgerufen würden als bisher, so der oberste Datenschützer gegenüber der "Süddeutschen Zeitung". Als nächsten logischen Schritt befürchtet Schaar automatisierte Abgleichsverfahren anstelle eines gezielten Datenabrufs.

"Die Summe der staatlichen Eingriffe prüfen"

Auch bei Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) stößt die geplante Ausweitung der polizeilichen Ermittlungsbefugnisse auf Skepsis. Sie forderte die Bundesregierung auf, die Sorgen der Bürger vor zu viel Überwachung ernst zu nehmen. Bei neuen Vorschlägen müsse bei jeder einzelnen Maßnahme geprüft werden, ob sie sinnvoll und verfassungsgemäß sei. Dabei gelte es stets, die Summe der staatlichen Eingriffe zu prüfen. Die von Schäuble angeregte Speicherung von Fingerabdrücken lehnt die Bundesjustizministerin strikt ab. "Der Staat würde die Daten dann für diese Bürger ein Leben lang speichern, um gegebenenfalls gegen einige wenige vorgehen zu können", sagte Zypries der "Bild am Sonntag". Gerade der Fingerabdruck sei jedoch eine höchst sensible Information - man hinterlasse ihn überall. (kf)