Unstimmigkeiten beim Südkorea-Geschäft

Fälscht Lernout & Hauspie seine Bilanzen?

11.08.2000
MÜNCHEN (CW) - Die auf Spracherkennung und -synthese spezialisierte belgische Softwareschmiede Lernout & Hauspie (L&H) steht im Verdacht, ihre Bilanzen durch vorgetäuschte Umsätze in Südkorea manipuliert zu haben.

Zunächst die Fakten: Lernout & Hauspie weist gegenwärtig eine Marktkapitalisierung von 5,25 Milliarden Dollar auf. Seit Beginn des Jahres ist der Kurs des Unternehmens um 60 Prozent gestiegen; die Aktie notiert derzeit um die 37 Dollar. Vor einem Jahr erwirtschaftete L&H in Südkorea, wo die Belgier Softwarelizenzen und sprachgesteuertes TK-Equipment anbieten, so gut wie keine Umsätze. Im vierten Quartal 1999 brachte dann plötzlich das Südkorea-Geschäft 42 Prozent der Einnahmen ein. Im folgenden Dreimonatszeitraum stieg der Umsatzanteil in dem asiatischen Land gar auf über 50 Prozent, während das Geschäft im Rest der Welt nachgab.

Gaston Bastiaens, Chief Executive Officer (CEO) von L&H, begründete den sprunghaften Anstieg mit der Übernahme der südkoreanischen Hightech-Company Bumil Information & Communication Co. Die erzielte zwar nur rund drei Millionen Umsatz pro Quartal, soll aber die Tür zu vielen anderen Firmen geöffnet haben, die anschließend wichtige Kunden geworden seien. L&H habe von seinem frühen Markteinstieg und mangelnder Konkurrenz profitiert.

Die Wirklichkeit sieht offenbar anders aus: Das "Wall Street Journal" hat 18 der 30 angeblichen Partner direkt kontaktiert und befragt. Drei davon gaben an, sie seien überhaupt keine Kunden von L&H. Drei weitere Unternehmen erklärten, ihre Umsätze in den vergangenen drei Quartalen seien geringer als von Bastiaens oder seinem koreanischen Statthalter Sam Cho behauptet.

Ein weiteres Unternehmen teilte mit, es betreibe gemeinsam mit den Belgiern ein Joint Venture, das allerdings deutlich weniger umsetze als von L&H ausgewiesen.

Eine Differenz von 90 Millionen Dollar?Von den übrigen Befragten wollten drei Volumen und Zeitpunkt ihrer Käufe nicht offen legen. Sprecher von sechs weiteren Unternehmen bestätigten Deals mit einem Umfang zwischen 450000 und 5,5 Millionen Dollar innerhalb des Zeitraums seit der Bumil-Akquisition. Eine Company schließlich, Artlab Co., bestätigte einen Zehn-Millionen-Dollar-Abschluss vom Mai dieses Jahres. Diese Angabe deckte sich mit den von L&H genannten Zahlen.

Die gesamten Umsätze von L&H mit den 13 auskunftsfreudigen koreanischen Firmen summieren sich seit dem Bumil-Kauf auf rund 32 Millionen Dollar. Lernout & Hauspie beziffert seine gesamten Einnahmen in Korea aus 1999 sowie dem ersten Quartal dieses Jahres jedoch auf 121,8 Millionen Dollar. Außerdem sollen die Einnahmen im zweiten Quartal dieses Jahres die aus den ersten drei Monaten (58,9 Millionen Dollar) nochmals übertreffen.