EDS stellt eine neue alte DV-Strategie vor

Facilities: Datenregie als Serviceleistung

25.07.1986

Das DV-Equipment ist nahezu unüberschaubar geworden, und nicht selten verirrt sich der Anwender im Dschungel der angebotenen Werkzeuge. Die Verantwortung für das Informationsmanagement eines Unternehmens zu übernehmen. ist die Konzeption der EDS (Electronic Data Systems GmbH) in Rüsselsheim, 100prozentige Tochter von General Motors. Geschäftsführer Jürgen Berg stellt Datenadministration als Dienstangebot vor.

Computer der unterschiedlichsten Leistungsklassen sind derzeit fast , überall verfügbar, und das Angebot an Kommunikationsnetzen privater und öffentlicher Anbieter ist so umfangreich geworden, daß mittlerweile bereits die Auswahl schwerfällt. Besonders die rasche Verbreitung der "offenen" Kommunikationsnetze erlaubt es heute fast jedem Unternehmen, Informationen nahezu orts- und zeitungebunden zu übertragen, zu speichern und auszuwerten.

Der Begriff "Datenverarbeitung" hat sich in dem aktuellen Szenario sicher zu Recht zur Informationsverarbeitung" gewandelt. So bezeichnet EDS sogar das bisher übliche "Rechenzentrum" als "Informations-Verarbeitungs-Zentrum" oder, wie es im Englischen heißt, "Information Processing Center (IPC)".

Mit dieser Bezeichnung soll zum Ausdruck gebracht werden, daß Informationsverarbeitung mehr als nur Datenverarbeitung ist: nämlich ein Verfahren, bei dem aus Daten mittels entsprechender Verknüpfungen davon abhängige Informationen entstehen.

Zur Verdeutlichung sei hier an das Beispiel erinnert, bei dem durch eine Verknüpfung über die Rechenregel "Multiplikation" aus den Daten über verkaufte Stückzahlen eines Produktes pro Zeiteinheit sowie den Daten des jeweils dazugehörigen Verkaufspreises als neue Information beispielsweise der Umsatz pro Produkt und Zeiteinheit resultiert.

Die Möglichkeiten, die bei der Verknüpfung von Daten bestehen, sind daher die eigentliche Basis für die Gewinnung von Informationen. Die wachsende Vernetzung von Datenverarbeitungsanlagen bildet das technische Rückgrat modernen Informationsmanagements.

Aus dieser Sicht ist daher die Informationslandschaft nicht mehr durch technische Restriktionen geprägt, sondern allein durch Erschwernisse im organisatorischen Umfeld sowie durch die Fähigkeit und den Willen der Mitarbeiter zur geistigen Interpretation und Verknüpfung von Informationsinhalten.

Aus den Kontakten von EDS mit Anwendern wird deutlich, daß auch heute noch den DV-Managern im wesentlichen bei drei Dingen der Schuh drückt:

- Personalknappheit,

- organisatorische Eingliederung der DV in das Unternehmen und

- ständiger Kampf um benötigte Ressourcen für die Erweiterung und Umstellung von Hard- und Software.

Personalknappheit wird hierbei nicht so sehr quantitätsmäßig, sondern qualitätsmäßig empfunden. Es ist immer schwieriger geworden, Mitarbeiter zu finden, die komplexe Zusammenhänge überblicken und so in einer Welt immer größer werdender Spezialisierung bestehen können.

Dieser Sachverhalt trifft für alle Bereiche zu, in denen Informationen verarbeitet werden - sei es das Rechenzentrum, die Systementwicklung oder der Anwenderbereich.

Als logische Konsequenz ergibt sich daraus eine weitere Notwendigkeit zur Automatisierung, selbst bis in den Entscheidungsprozeß hinein. Die Versuche, mit den Methoden der Künstlichen Intelligenz Expertenwissen breiter nutzbar zu machen, sind ein aktuelles Beispiel für den Versuch, aus diesem Dilemma herauszukommen. Selbst die starke Nutzung von Softwarehäusern bei den DV-Dienstleistungen ist ein Indikator für die allgegenwärtige Personalknappheit.

Auf dem engen Personalmarkt für das Informationsmanagement können sich letztlich nur diejenigen Unternehmen langfristig die erforderlichen Ressourcen sichern, die angemessen vergüten und auch bei weiteren "Hygienefaktoren" - wie Arbeitsplatzumgebung, Weiterbildung, Altersversorgung, Gewinnbeteiligung etc.-vorbildlich sind. Die Erwartungen von Mitarbeitern in dieser Hinsicht können große Unternehmen erfahrungsgemäß eher gewährleisten als kleinere.

In dieser Erkenntnis etwa lag auch - neben Diversifizierungs- und Konsolidierungsgedanken - eine der wesentlichen strategisch bedingten Motivationen von General Motors (GM), im Jahre 1984 EDS zu akquirieren und das eigene DV-Personal in dieses Unternehmen einzubringen.

Neben der Personalknappheit ist nach Beobachtungen von EDS der immer noch nicht ausgestandene Kompetenzstreit zwischen Fach- und DV-Bereichen in vielen Unternehmen ein zweiter Hindernisfaktor für ein effektives Informationsmanagement.

Wirksame Kommunikation als eine wesentliche Grundlage effizienten Informationsmanagements beginnt bereits beim grundlegenden Verständnis des Kommunikationsprozesses selbst.

Das setzt gute Kenntnisse über mögliche Kommunikationsbarrieren voraus, die im wesentlichen in den bekannten zwischenmenschlichen Verhaltensweisen, aber auch in der Gestaltung des organisatorischen Umfeldes zu suchen sind. Traditionelle Begriffe wie "Kostenstelle" oder "Profit-Center", "Service-Center" oder "DV-Tochter" beziehungsweise "DV-Schwestergesellschaft" spielen hier eine Rolle.

Diese organisatorischen Ausprägungen unterscheiden sich im wesentlichen dadurch, daß die Datenverarbeitung in den Organisationsformen Kostenstelle, Profit- und Service-Center im jeweiligen Unternehmen angesiedelt ist, während die DV-Tochter- oder die DV-Schwestergesellschaft als eine spezielle Form des Profit-Centers rechtlich selbständig fungiert.

Bei letzteren besteht das Hauptproblem darin, daß die Bedeutung und Funktion der rechtlich selbständigen DV-Gesellschaften im allgemeinen von den durch sie betreuten Unternehmen der Muttergesellschaft nicht im vollen Umfang anerkannt werden.

Anstelle einer Integration in den Informationsfluß des Gesamtunternehmens besteht die Gefahr, daß die DV-Tochter- oder DV-Schwestergesellschaft als Außenstehende behandelt werden.

Bei GM war die Lage zunächst ähnlich. Durch Abschluß von Geschäftsverträgen und Vereinbarungen mit den jeweiligen General-Motors-Unternehmen sowie durch organisatorische Anpassungen - wie der Einrichtung von ausschließlich kundenorientierten Funktionen und von zentralen Service-Funktionen wie Administration, Systementwicklung und Information-Prosessing-Center - konnte das Problem jedoch unter Wahrung der gegenseitigen Interessen von EDS gelöst werden.

Bei General Motors etwa zeigt sich, knapp eineinhalb Jahre nach Auslagerung des Informationsmanagements in eine wirtschaftlich selbständig operierende Konzerntochter, daß eine solche Verlagerung möglich ist und zudem finanzielle Vorteile bringt.

Im Rahmen eines sogenannter "Facilities-Management "-Vertrages trägt EDS die Gesamtverantwortung für das Informationsmanagement aller General-Motors-Divisionen im Bereich der DV: angefangen von normalen kommerziellen Anwendungssystemen über technische Berechnungen bis hin zu den komplexen CAD/CAM-, Produktions-Planungs-, Produktions-Steuerungs- sowie Factory-Automation-Systemen. Modernes Computer Integrated Manufacturing (CIM) wird in von EDS betreuten GM-Werken bereits praktiziert. In die Service-Verantwortung fällt auch der Betrieb der zahlreichen Information-Processing-Centers und des Kommunikationsnetzes.

Dabei sorgt das Serviceunternehmen nicht nur für die Neuentwicklung von Systemen, sondern gewährleistet auch die Wartung der bisher von General Motors entwickelte Anwendungen. Das Verhältnis zwischen EDS und General Motors entspricht in allen Belangen der allgemeinen wirtschaftlichen Praxis: Die Angebote an GM erfolgen marktorientiert, wobei - wie bei konzernfremden Kunden auch - eine Anforderungsanalyse die Basis für ein anschließendes Festpreisangebot an die jeweilige GM-Division bildet.

Für GM stellt daher die Wahrnehmung des gesamten Informationsmanagements durch EDS eine organisatorisch saubere und zudem wirtschaftliche Lösung dar.

Unternehmen, die das Informationsmanagement immer noch als Service- oder Profit-Center mit ihren jeweiligen Spielarten betreiben, haben da ganz andere Probleme.

Das Profit-Center kämpft noch immer am stärksten mit Widerständen im Management. Der ständige Kampf um Prioritäten sorgt letztlich dafür daß sich das Informationsmanagement nicht effektiv genug entwickeln kann. Mangelnder Einfluß und mangelndes Durchsetzungsvermögen des jeweiligen DV-Leiters behindern zusätzlich seine Funktion Informationsmanagement als reine Service-Center-Funktion beurteilen die Fachbereiche hingegen sehr oft deutlich positiver. Ihr Kostenanteil an der allgemeinen DV entspricht in der Regel dem Anteil an den Gesamtkosten und bleibt meist im Rahmen der zu Geschäftsjahresbeginn budgetierten Ansätze.