Nur in jeder zweiten Softwarefirma gibt es Stellenbeschreibungen

Fachvorgesetzte übernehmen Zepter in der Personalarbeit

07.03.1997

Vor allem auf Kongressen über strategisches Human-Resource-(HR-)Management bekommen Teilnehmer immer wieder gesagt, wie wichtig Personalarbeit in Unternehmen ist. Da ist sicherlich viel Wahres dran, nur: Die Arbeit machen zunehmend die Fachvorgesetzten.

Auf die Frage nämlich, für welche Schritte welche Abteilung bei der Auswahl von Mitarbeitern verantwortlich ist, wird den Personalern von den Befragten nur bei der Formulierung der Stellenanzeige und bei der Vorauswahl eine dominierende Rolle eingeräumt. Wenn es aber um die Interviews und um die Entscheidung über die Einstellung geht, haben die Fachchefs das Sagen.

Daß für diese Entwicklung bestehende Defizite in der HR-Politik sein können, zeigen die nächsten beiden Antworten: Nur in 50 Prozent der befragten Unternehmen sind Stellenbeschreibungen immer vorhanden, Einstellungsinterviews werden nur zum Teil strukturiert gestal-tet und von Eignungstests der Bewerber halten die meisten IT-Firmen schon gleich gar nichts.

Personalplanung, so der Eindruck, wird noch nicht ernst genug genommen, obwohl Führungskräfte in Sonntagsreden immer wieder das Gegenteil behaupten, wie jüngst Bill Gates in einem "Spiegel"-Interview: "In unserem Geschäft kommt es nicht so sehr auf Kapital an, sondern auf erstklassige Leute." In der Realität sieht das anders aus. 57 Prozent der Befragten gaben nämlich an, daß sie keinen Überblick über die verfügbaren und zu entwickelnden personellen Ressourcen haben.

In dieses Bild paßt, daß bei den Zielen der Organisationsentwicklung in erster Linie die persönliche und die Teamentwicklung eine wichtige Rolle spielen. Keine Präferenz genießt dagegen der Punkt "Beziehungen zwischen Teams". Ob sich dies als Indiz dafür werten läßt, daß abteilungsübergreifende Arbeit nicht beliebt ist oder gar ihr Wert nicht erkannt wird?

Kein Fragezeichen steht hinter einem Trend, der sich nun seit geraumer Zeit durchsetzt: der leistungsorientierten Bezahlung. Auffallend ist indes, daß variable Gehälter, die sich am persönlichen oder am Unternehmenserfolg orientieren, nicht nur auf das Management und den Vertrieb beschränkt sind. 55 Prozent der Befragten gaben an, daß diese Form auch für die Fachspezialisten üblich ist. Bei den administrativ tätigen Mitarbeitern sind es 42 Prozent.

Variable Gehaltsbestandteile sind ausschließlich monetärer Natur. Bei den Zusatzleistungen offerieren die Hälfte der Unternehmen einen Beitrag zur Altersvorsorge.

Dies geschieht sicher nicht ganz ohne Hintergedanken, ist doch dieses Zuckerl eine der wenigen Möglichkeiten, gute Mitarbeiter mit zunehmender Dauer längerfristig an das Unternehmen zu binden.

Positiv läßt sich vermerken, daß alle Auskunftgebenden Mitarbeitergespräche führen, 14 Prozent sogar viermal im Jahr, wie das bei einigen großen Unternehmensberatungen üblich ist. Mit durchschnittlich sechs Prozent ist die Fluktuation gering. Weniger freuen werden sich dagegen die Gewerkschaftsvertreter. Zwar geben 43 Prozent der Systemhäuser an, einen Betriebsrat zu haben, 86 Prozent davon messen aber gewerkschaftlichen Aktivitäten keine besondere Bedeutung bei.

Was das Training betrifft, bilden sich IT-Mitarbeiter 8,5 Tage im Jahr weiter. Der Fokus liegt auf interner Schulung und Training-on-the-job. Externes Training und Selbststudium setzen die Firmen weniger ein. Ein schwieriges Thema bleibt nach wie vor die Bewertung von Kursen. Die Hälfte der Befragten gibt an, keine Erfolgsmessungen vorzunehmen. Bildungs-Controlling beschränkt sich im wesentlichen auf die Selbsteinschätzung der Teilnehmer nach dem Seminarbesuch.

Durchschnittlich sechs Prozent der Mitarbeiter verfügen über eine Microsoft- oder eine Novell-Zertifizierung. Trotz des späten Einstiegs in dieses Geschäft hat Microsoft bezüglich der Netzwerk-Zertifizierungen bereits leicht die Nase vorn - sowohl bei den System- Engineers als auch bei den Trainern.

Bei der Umsatz- und Mitarbeiterentwicklung erwarten die Systemhäuser für dieses Jahr ein Wachstum von neun beziehungsweise elf Prozent. Davon profitieren in erster Linie Berater und Vertriebsmitarbeiter.

An der Umfrage nahmen fast 50 Beratungs-, Trainings- und Software-Anbieter teil. Der Fragebogen war in der CW abgedruckt und konnte auch via Internet beantwortet werden. Im Schnitt setzen die beteiligten Firmen 42,6 Millionen Mark um. Die Bandbreite reicht vom kleinen Softwarehaus mit 800000 Mark bis zum Großunternehmen mit 400 Millionen Mark Jahresumsatz.