Fachabteilungsmikros: Druck der Anwender zeigt Wirkung

02.09.1983

Der Verwirrung durch Personal Computer folgt in vielen Unternehmen nun zunehmend der Zwang, darüber nachzudenken, wie die Rechnerzwerge am sinnvollsten eingesetzt werden können. In einigen Großbetrieben lösen die Kleincomputer bereits erfolgreich Anwendungen im Bereich der Finanzplanung, des Controlling, der Unternehmenskonsolidierung, des Marketing sowie der "klassischen" Verwaltung. Immer stärker wünschen sich die Fachabteilungen jedoch, daß die PCs mit dem zentralen Großrechner vernetzt werden. Nur so könnten bereits vorhandene DV-Ressourcen wirtschaftlich genutzt werden. DV-Benutzer diskutieren über erste Erfahrungen. ih

Jürgen Liebscher, DV-Leiter, H. F. + Ph. F. Reemtsma GmbH, Hamburg

Es gibt meines Erachtens zwei Gründe, weswegen der Einsatz von Mikros heute absolut sinnvoll ist. Der erste Grund ist das Preis/Leistungs-Verhältnis der Personal Computer, das den Einsatz wirtschaftliche absolut vertretbar macht; dies gilt auch für die Software. Der zweite Grund: Ein DV-Leiter oder DV/Org.-Leiter, der sich gegen Mikros sperrt, wird möglicherweise von den Fachabteilungen übergangen. Sie kaufen sich die Kleincomputer in eigener Regie über ihre Büroausrüstungsbudgets.

In unserem Unternehmen werden derzeit drei Personal Computer eingesetzt. Konkrete Anwendung ist einmal der separate Konsolidierungsrechnung für Beteiligungen. Diese Daten haben mit den eigentlichen Unternehmensdaten, die auf dem Großrechner gespeichert sind, nichts zu tun und werden separat behandelt. Dazu gehören Speicherung, Verarbeitung, Statistik, Grafik und Ausgabe. Als Programm laufen hierfür Multiplan, Visicalc oder ähnliches. Die zweite Einsatzmöglichkeit: Die Personalabteilung unseres Hauses veranstaltet in Zusammenarbeit mit einer Universität ein Unternehmensplanspiel .

Um das Planspiel besonders effizient und schnell abzuwickeln, wird innerhalb des Planspiels eine gewisse Rechen- und Speicherkapazität benötigt. Bis jetzt wurde dies etwas mühsam manuell durchgeführt. Hier bietet sich in idealer Weise eine Personal Computer an, der in kürzester Zeit nach Eingabe der neuen Daten, Unternehmensentscheidungen, wie beispielsweise Kauf, Verkauf, von irgendwelchen Waren oder Investitionen wie Maschinenkäufen, in Sekundenschnelle durchrechnet. So läßt sich sehr schnell erkennen, was diese Entscheidung für die mittelfristige Ergebnisrechnung bedeutet. Die dritte Einsatzmöglichkeit besteht darin, daß wir in einer Marketingabteilung für Marketing-Controlling und auch für Abfragen von unternehmenseigenen Daten auf der Hausanlage einen Mikro einsetzen. Dies geschieht alternativ: Einmal als selbständiger Personal Computer mit eigener Intelligenz und zweitens mit einer Durchschaltmöglichkeit 3270 zum IBM-Host bei Abwurf von Daten oder Statistiken, die auf dem Host liegen.

Eine andere Möglichkeit, die von uns derzeit vorbereitet wird, ist, deutschlandweit die Vertriebsdirektionsbüros mit solchen Personal Computern auszurüsten: Einmal für Textverarbeitung, es sind Drucker anschließbar, die bei langsamer Geschwindigkeit eine exzellente Druckqualität bringen, dann für den Ausdruck von Statistiken bzw. Kundendaten geeignet sind und für die Kommunikation mit der Zentralen DV über Wählleitung dienen. Darüber hinaus gibt es weitere Interessenten hier im Hause für den gezielten Einsatz von Mikros in den Fachabteilungen. In unserem Unternehmen werden sich die Kleincomputer erfolgreich durchsetzen: Sie werden von der DV-Abteilung ausgewählt, gekauft und dann der Fachabteilung zur Verfügung gestellt.

Dabei gibt es eine klare Maßgabe: Es wird nur dann ein PC angeschafft, wenn der wirtschaftliche Nutzen nachweisbar ist.

Wolfgang Eckert, Leiter Org./DV, Jungheinrich Unternehmensverwaltung KG, Hamburg

Thesen wie "Der Aufstand der Kraftzwerge", "Entmachtung der DV-Leiter", "Mikro-Wildwuchs schlägt den Verantwortlichen auf den Magen" geistern seit geraumer Zeit durch die Presse, und es erscheint mir an der Zeit, mit diesem Artikel etwas zur Relativierung und Versachlichung dieses Themas beizutragen.

Es gehört zur vornehmsten Aufgabe eines jeden Org./DV-Verantwortlichen, sich mit neuen Medien, Techniken und Technologien, die seinen Zuständigkeitsbereich betreffen, auseinanderzusetzen. Ist dies bezüglich des Einsatzes von Mikros oder Personal Computern nicht geschehen, so handelt es sich weniger um ein Problem der Mikroelektronik, als vielmehr um ein grundsätzliches Managemementproblem.

Wir sind in unserem Hause die gesamte Thematik posititv und aktiv angegangen und haben recht bald gemeinsam mit den Fachbereichen eine für alle Beteiligten und damit letztlich für das Unternehmen nutzbringende Strategie festgeschrieben.

Nachdem seitens des Org./DV-Bereichs in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen einige PCs untersucht worden waren, gab es eine einheitliche Entscheidung für einen bestimmten Hersteller Selbstverständlich waren neben der fachbezogenen Leistungskraft des Gerätes, auch die Zukunftsperspektive, . die Marktstellung und allen voran die Kommunikationsfähigkeit die entscheidenden Kriterien Das Konzept geht dahin, daß wir ab sofort unseren Endbenutzern wahlweise ein Terminal der klassischen Ausprägung bzw. einen PC mit entsprechender Verbindung zum Zentralrechner anbieten.

Die Anwendungen sind dann so vielfältig wie das Unternehmen an sich. So ergaben sich die ersten Einsatzfälle im Bereich des Controlling, der Unternehmenskonsolidierung Aufbereitung der Managementinformationen und bei klassischen Verwaltungstätigkeiten. Bald jedoch stießen die Anwendungen auf großes Interesse in nahezu allen Fachbereichen.

Fazit: Der Aufstand der Mikros findet nicht statt, wenn das Konzept simmt. Der oft zitierte Endbenutzer möchte nach wie vor seine fachbezogenen Probleme lösen und sich nur begrenzt mit DV-technischen Fragestellungen auseinandersetzen. Er ist auch hier zur Kooperation bereit und einer qualifizierten Beratung aufgeschlossen.

Thomas Stier, Geschäftsführender Gesellschafter der Gesellschaft für Mikrocomputer- und Textsysteme GeMit mbH, Köln

Der allgemeine Werberummel, der seit einiger Zeit um die Mikrocomputer gemacht wird, täuscht darüber hinweg, wo diese Geräte heute wirklich praktisch eingesetzt werden. Tatsache ist daß alle die vielen schönen Möglichkeiten, die heute offeriert werden, angefangen von den PCs als Multifunktionsterminal bis zu Mikros in ausgewachsenen Netzwerkkonzepten, in der Praxis keineswegs so ausgetestet sind, wie die Vertriebsbeauftragten der Anbieter es uns wissen lassen.

Es ist jedoch kein Geheimnis: Mit Mikrocomputern werden bis heute lediglich Insellösungen realisiert. Allgemein gute Erfahrungen wurden hiermit vor allem in den technisch wissenschaftlichen Bereichen der Firma gemacht, in denen Mikros hauptsächlich Steuerung- und Kontrollaufgaben übernehmen.

Im kommerziellen Bereich existieren immer noch zwei Realisierungsformen: einmal der engagierte Mikroexperte, der seinen Arbeitsplatz im Alleingang und an der EDV- oder Orgaabteilung vorbei mit einer Maschine aufzuwerten versucht und zum zweiten der offiziell genehmigte Pilotversuch in einer Abteilung.

Die erste Realisierungsform baut sich eine intern heile Welt auf, die spätestens dann zusammenbricht, wenn der "Experte" in eine andere Abteilung mit anderen Aufgaben versetzt wird. Die Realisierung in einer Abteilung scheitert sehr oft an der mangelhaften Unterstützung bei der Grundeinführung von Systemen und Softwarepaketen bei EDV-Laien. Trotz aller Euphorie ist hier mehr denn je teure Knochenarbeit zu leisten!

Während in beiden Bereichen früher eher Speziallösungen in Basic programmiert wurden, ist heute die Verwendung von sogenannter Standardsoftware obligatorisch geworden. Vor allem im Bereich der Kalkulation und im Controlling werden Mikros wirklich eingesetzt. Programmpakete wie VisiCalc und Multiplan stellen hier die Basis für die Anwendungen dar.

In zunehmendem Maße werden heute außerdem kleinere Dateiverwaltungen auf Mikros realisiert. Ablageprobleme jeglicher Art finden hier eine Unterstützung, angefangen von kleinen Adreßdateien bis zur Verwaltung von aufwendigen Artikelbeständen. Ein typischer Vertreter für solche Lösungen ist das Standardsoftwarepaket dBase II.

Anwendungen mit Textverarbeitung werden in größeren Unternehmen durchweg nicht auf Mikrocomputer gelöst, da zentralisierte Organisationsformen hier meistens bereits mit mehr oder weniger Erfolg eingeführt wurden. Die Textbearbeitungsmöglichkeiten der Mikrocomputer werden vor allem von kleineren Büros und Selbständigen genutzt. Trotz aller verständlicher Aversionen gegen die Art der Befehlsgebung stellt die Word-Star hier einen gewissen Standard dar.

Da größere Unternehmen ausnahmslos bereits über eine zentrale EDV-Anlage verfügen, läßt sich der Einsatz von Mikrocomputern nur dann sinnvoll vertreten, wenn einfache Kommunikationsmöglichkeiten zwischen beiden Welten geschaffen werden. Zu beachten sind hierbei jedoch die Kosten für die entsprechenden Schnittstellen, die den PCs zuzuschlagen sind. An Konzepten für solche Lösungen wird in vielen Hausern im Augenblick gearbeitet. Wirtschaftlichkeitsberechnungen und das Abschätzen der echten Kosten stellt hier das Hauptproblem dar, wobei das Mikrocomputersystem nur einen Bruchteil des gesamten Aufwandes ausmacht.

Es gibt eine Anzahl von Beispielen, bei denen gestandene DV Spezialisten wie hilflose Kinder versuchen, sich in der Mikrowelt zurechtzufinden und dabei von den VBs in ein Schlaraffenland von Versprechungen geführt werden. Spätestens hier sollten sich alle vernünftigen Entscheidungsträger fragen, ob es nicht sinnvoller ist, Know-how von erfahrenen unabhängigen Spezialisten auf dem Mikrosektor einzukaufen.

Dr. Thomas Vögel, Benutzerservicezentrum Veba Oel AG Gelsenkirchen-Buer

In unserem Hause werden Personal Computer zur Lösung technischer und kaufmännischer Aufgaben eingesetzt. Aus den bisher realisierten Anwendungen sollen hier zwei typische Beispiele herausgegriffen werden. Beide Fälle werden im Rahmen der individuellen DV gesehen. Dies bedingt die Einweisung und Schulung der Anwender durch den DV-Bereich, um eine rasche Realisierung zu ermöglichen und die Benutzerakzeptanz zu erhöhen. Die Unterstützung bei der Systemanalyse und Realisierung war notwendig, um eventuell vorhandene Hemmschwellen beim erstmaligen Einsatz von Personal Computern abzubauen.

Als exemplarische kaufmännische Anwendung sei hier die DV Unterstützung der kurzfristigen Finanzplanung dargestellt. Der Sachbearbeiter ersetzte mit Hilfe des Spread-Sheet-Programms Multiplan umfangreiche Handrechnungen, die bisher auf Formblättern durchgeführt wurden. Die Einführung in die Handhabung von Multiplan nahm nur wenig Zeit in Anspruch, da sich Programm als äußerst benutzerfreundlich und leicht erlernbar erwies. Für die Pflege der Datenbasis stellte der DV-Bereich mit Hilfe der relationalen Mikrodatenbank Dbase eine maskenorientierte Ein- und Ausgabemöglichkeit zur Verfügung. Das Programmpaket ist seit April 1983 im Einsatz und wird von dem Anwender ständig und gerne genutzt. Zur Zeit prüfen wir, ob der Personal Computer zusätzlich als Terminal für die Abwicklung von Bankgeschäften sinnvoll genutzt werden kann. Der Trend zur multifunktionalen Nutzung des PCs zeichnet sich hier deutlich ab.

In den technischen Bereichen steht die selbständige Erstellung von Programmen ohne Einsatz von Standardsoftware im Vordergrund. Die Anwender besitzen fast immer ein mathematisch-naturwissenschaftliches Hintergrundwissen und Kenntnisse einer Programmiersprache. Von dieser Benutzergruppe werden unter anderem Versuchsauswertungen, kleine Simulationen und Funktionsberechnungen durchgeführt.

Als Beispiel sei hier für einen bestimmten Anlagentyp der Aufbau und die Auswertung einer Datenbasis herausgegriffen, die Ergebnisse von Betriebsversuchen, Simulationsrechnungen und Veröffentlichungen enthält. Die Auswertung dieser Datenbasis mit Hilfe von Programmen, die der Anwender selbst erstellt hat, erleichtert es, Entscheidungen über die Wahl der wirtschaftlichsten Einsatzstoffe und Betriebsparameter zu treffen. In dieser Fachabteilung wird der Personal Computer von mehreren Mitarbeitern auch für andere als die hier erwähnten Aufgaben intensiv genutzt.

Um aufwendigere Auswertungen vorzunehmen und auf vorhandene Daten zuzugreifen strebt die Fachabteilung den Anschluß des Personal Computers an die zentrale Rechenanlage an.

Der Wunsch nach der Vernetzung des Personal Computers mit externen Rechnern oder dem eigenen Rechenzentrum, also der Verwendung als Multifunktionsterminal wurde auch hier von der Fachabteilung an den DV-Bereich herangetragen und tritt in unserem Hause bei fast allen PC-Installationen auf. Für den Einsatz von Personal Computern in Großunternehmen ist daher die Kommunikationsfähigkeit unbedingt notwendig. Nur so können bereits vorhandene DV-Ressourcen wie Rechenkapazität, Software und Daten auch wirtschaftlich genutzt werden. Für den optimalen Einsatz des Personal Computers benötigt und erwartet der Anwender Beratung und Unterstützung durch eine zentrale Stelle im DV-Bereich.