Dauerhaften Erfolg im Outsourcing

Facettenreiches Sourcing

15.02.2013
Von Stefan Regniet
Dauerhaften Erfolg im Outsourcing kann nur eine sorgfältig implementierte Sourcing-Organisation gewährleisten. Ihr Aufgabenspektrum erstreckt sich sowohl auf die interne Organisation als auch auf das Steuern des externen Partners.

Stolpersteine beim Outsourcing drohen nicht nur bei der Auswahl des Partners und in der Transitionsphase, sondern auch im Betrieb. Grund ist häufig, dass Anwender die Bedeutung der Provider-Steuerung unterschätzen. Doch die geeignete Ausgestaltung einer Sourcing-Organisation auf der Seite des Anwenders ist ein Schlüsselfaktor für den nachhaltigen Erfolg einer Outsourcing-Partnerschaft.

Kooperation auf Augenhöhe

Für eine erfolgreiche Steuerung von Outsourcing-Partnerschaften sind sowohl die richtigen Mitarbeiter als auch geeignete Instrumente zur Koordination der Zusammenarbeit essenziell. Der Begriff "Partnerschaft" ist angebracht, da keine reine Kunden-Lieferanten-Beziehung angestrebt wird. Weil detaillierte Verträge niemals alle künftige Anforderungen in lang laufenden Projekten komplett erfassen können, müssen die Partner immer neue Lösungen finden, um Herausforderungen zu meistern. Kunden bevorzugen deshalb oft kurze Laufzeiten, doch darauf lassen sich Provider nur ein, wenn sie nicht gezwungen sind, viel zu investieren oder den Service substanziell weiterzuentwickeln.

Schlüsselpersonen binden

Die Partnerschaft wird dann stabil, wenn beide Parteien einander verstehen und vertrauen, wenn sie ein Interesse am gegenseitigen Wohlergehen entwickeln. Sprechen die Beteiligten offen über ihre Erwartungen und Möglichkeiten, funktioniert die Kooperation in der Regel besser. Treten während der Projektlaufzeit Probleme auf, gilt es gemeinsam nach Lösungen zu suchen, anstatt sich die Verantwortung gegenseitig zuzuschieben.

Häufige Wechsel der Schlüsselpersonen können ein Projekt schon während der Transitionsphase zum Scheitern bringen. Mit geeigneten Anreizsystemen ließe sich auf beiden Seiten die Stabilität in der Belegschaft verbessern. Während die Partner in ihren Verhandlungen viel Zeit investieren, um Leistungen, Preise, Verrechnungsmodelle und Vertragsbedingungen im Detail zu regeln, befassen sie sich mit der Gestaltung der Zusammenarbeit und der Anreizsysteme oft nur am Rande.

Es ist wichtig, Mitarbeiter sorgfältig auf ihre Aufgaben vorzubereiten - besonders, wenn sie einen ausscheidenden Kollegen in einem laufenden Projekt ersetzen sollen. Das gilt sowohl für die vertraglichen Regelungen als auch für die formellen und informellen Aspekte der Zusammenarbeit.

Gremien, Rollen und Prozesse

Zu den Instrumenten einer wirksamen Zusammenarbeit gehören situative und ständige Gremien, die Entscheidungen treffen, sowie Rollen, Aufgaben und Prozesse. Sie müssen mit den richtigen Personen besetzt werden, deren Rollen und Entscheidungsbefugnisse beiden Seiten klar sind. Die Gremien können ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn sie die richtigen Messresultate, Auswertungen und Berichte bekommen. Dazu gilt es, an Schlüsselprozessen wie dem Incident-, Problem- und Change-Management Übergabepunkte zwischen den Parteien zu definieren.

Die Grafik "Gremien im Outsourcing" zeigt die Einrichtung ständiger Gremien am Beispiel einer Bank. Dem Finanzinstitut war es besonders wichtig, die Weiterentwicklung der IT gezielt voranzutreiben. Dazu wurden die Gremien "Innovation and Architecture Board" sowie "Change Advisory Board" geschaffen. Zudem sah das Projekt vor, ein neues Kernsystem einzuführen, daher rechneten beide Parteien mit einer anfänglich ungenügenden Stabilität. Um auftretende Störungen rasch und nachhaltig zu beheben, haben sie das ständige "Problem Management Board" eingerichtet.

Bei einem anderen Unternehmen ging es darum, eine verfahrene Situation mit dem Outsourcing-Partner wieder einzurenken. Dazu wurden mehrere Projekte gestartet und im Rahmen eines übergeordneten Programm-Managements gesamtheitlich gesteuert. Um dauerhafte Qualitätsverbesserungen im laufenden Betrieb zu erzielen, hat man sich darauf geeinigt, einen integralen "Continuous Improvement Process" zu installieren.


Fachbereiche ins Boot holen

In jedem Auslagerungsprojekt ist es grundsätzlich sinnvoll, Funktions- und Verantwortungsträger außerhalb der IT-Abteilung in das Vorhaben einzubeziehen. Spätestens wenn etwas nicht wie erwartet funktioniert, sind andere Unternehmensbereiche ohnehin betroffen. Daher ist es nötig, Vertreter der Fachbereiche in die situativen Gremien zu holen, wenn beispielsweise Störungen im Rahmen eines Disaster Recovery behoben werden müssen.

Abhängig vom Geschäftsmodell kann es aber auch erforderlich sein, dass die Fachabteilungen in ständigen Gremien vertreten sind. Muss sich ein Unternehmen kontinuierlich veränderten Marktbedingungen stellen, kann die Sourcing-Organisation je nach Ausstattung die Neuausrichtung wirksam unterstützen oder auch behindern und verlangsamen.

Anlass zu kontroversen Diskussionen in Outsourcing-Partnerschaften gibt immer wieder die Rolle der zentralen Einkaufsabteilungen. Ihre Einflussnahme wird oft mit dem Hinweis zurückgewiesen, das Outsourcing dürfe keinesfalls ausschließlich aus Kostengründen betrieben werden, weil die reibungslose Zusammenarbeit ein wichtiges Erfolgskriterium sei. Doch vor allem in internationalen Projekten kann die Einkaufsabteilung in der Vorbereitung, der Vertragsgestaltung und der Organisationsgestaltung wertvolle Hilfe leisten.

Bei länger dauernden Partnerschaften tritt zudem häufig ein bemerkenswertes Phänomen ein: Die Anwendervertreter innerhalb der Sourcing-Organisation beginnen, sich mit den Interessen der Anbieter zu solidarisieren. Daher lohnt es sich, den "Chief Procurement Officer" und seine Mitarbeiter in die SourcingOrganisation einzubinden.

Globale Projekte sind speziell

Die beschriebenen Ansätze in der Zusammenarbeit mit dem Servicepartner genügen in den meisten Fällen, um nationale Auslagerungsprojekte zu steuern. In länderübergreifenden Vorhaben kommen noch zusätzliche organisatorische Aspekte hinzu, die im Wesentlichen durch geografische, kulturelle und unternehmensstrategische Faktoren bestimmt werden. Kulturelle Unterschiede können Einfluss auf die Leistungserbringung und damit auf die Steuerung haben. Das gilt etwa für den Service Desk, die Anwendungsunterstützung und den Support vor Ort.

Wichtige Fragen zur Gestaltung einer globalen Governance lauten daher:

  • Sollen die jeweiligen Landesgesellschaften Vertragsparteien sein?

  • Soll es einen weltweit einheitlichen Leistungskatalog geben, oder wird zwischen lokalen Optionen unterschieden?

  • Welche Rolle spielen Länder und Regionen bei der Transition und den nachfolgenden Transformationsprojekten?

  • In welchen Fällen kann die Rechnungsstellung zentral erfolgen?

  • Welche Steuerarten sind besonders zu berücksichtigen?

  • Reichen zentral eingereichte Service-Reports aus, oder muss ein lokales Reporting implementiert werden?

Eine interessante praktische Erfahrung ist, dass viele vermeintlich globale Outsourcing-Anbieter nicht wirklich weltweit liefern. Sie sind oft nicht in der Lage, ihre Leistungserbringung länderübergreifend zu steuern, global zu verrechnen oder die Auslieferung von Geräten an die einzelnen Standorte zentral zu steuern.

Fazit

Die Gestaltung einer funktionierenden Sourcing-Organisation ist anspruchsvoll. Weil in einer Outsourcing-Partnerschaft Menschen mit unterschiedlichen Interessen zusammenarbeiten müssen, ist es wichtig, auf beiden Seiten die passenden Anreizsysteme aufzubauen und diese gegenseitig zu kennen. Fehler entstehen häufig durch einseitig kostengetriebene und nachlässig implementierte Projekte. Stimmt hingegen die Zusammenarbeit zwischen den Partnern, lassen sich fast alle Probleme innerhalb angemessener Zeit lösen. (jha)

»

Der Autor

Stefan Regniet ist CEO des Beratungshauses Active Sourcing AG in Zürich.