Zoll beschlagnahmt in Frankfurt und München DEC-Rechner:

"Exodus" beendet US-Computerexport

23.07.1982

MÜNCHEN/FRANKFURT/BONN - Der deutsche Zoll hat in Frankfurt und München vier PDP-11-Rechner des Minicomputerherstellers Digital Equipment Corporation (DEC) sowie Zubehör sichergestellt. Die hochkarätige Sendung - Insgesamt 4,7 Tonnen Gerät Im Wert von 445 000 Dollar war per Luftfracht aus den USA über Kanada in die Bundesrepublik gelangt und sollte von dort aus nach Zürich transferiert werden. Der US-Zoll vermutet allerdings, daß der tatsächliche Bestimmungsort die Sowjetunion gewesen sei.

Das Bundesfinanzministerium bestätigte auf Anfrage die Sicherstellung und erklärte, der deutsche Zoll sei aufgrund eines Amtshilfeersuchens der US-Behörden tätig geworden. Man habe am Frankfurter und am Münchner Flughafen zugegriffen, als jeweils eine Kreuzlinger und einer Münchener Spedition - angeblich im Auftrag zweier bundesdeutscher DV-Firmen - die Lieferungen in die Schweiz transportieren wollten, ohne allerdings die notwendige "Durchführgenehmigung" vorweisen zu können. Da die Schweiz die Cocom-Vereinbarungen nicht unterschrieben habe, die den Export von Spitzentechnologie mit militärischen Anwendungsmöglichkeiten in Ostblockländer eindämmen sollen, sei die Ausfuhr in dieses Land illegal.

Insgesamt gesehen - so das Bonner Finanzministerium - sei die Sicherstellung eine Routineangelegenheit für den deutschen Zoll gewesen. Überrascht habe allerdings, daß der Chef der amerikanischen Zollbehörde, William von Raab, die Aktion in Washington publik gemacht habe.

Von Raab hatte in Washington bekanntgegeben, daß der Fang in der Bundesrepublik Teil der "Operation Exodus" sei, die der US-Zoll im vergangenen Oktober gestartet habe, um den Verkauf amerikanischer Technologie in den Ostblock zu stoppen. Die Sendung in die Bundesrepublik sei von Anfang an überwacht worden. Gegen den Versender, die Multiple Leasing in Phoenix, Arizona, und in Toronto, Kanada, habe man Hausdurchsuchungsbefehle erlassen. Es bestehe die Möglichkeit, daß auch gegen "Firmen in Deutschland" Strafverfahren eröffnet würden.

Eines der beiden betroffenen deutschen DV-Häuser, die Micro Logic, Gesellschaft für rechnergesteuerte Systeme in München, erklärte jedoch, daß man weder die DEC-Computer noch Zusatzgerät in den USA oder Kanada bestellt habe. Man wisse auch nicht, wie die Versandfirma ausgerechnet auf den Namen der Micro Logic gekommen sei. Von der ganzen Sache hätte man im übrigen nie etwas erfahren, wenn nicht der Münchener Zoll im Zuge der Ermittlungen bei der angegebenen Empfängeradresse angefragt hätte.

Während sich die US-Botschaft in Bonn auf die Frage nach weiteren Einzelheiten oder einer ersten Wertung sehr zugeknöpft gibt und Walter Kohl, der Pressechef, lediglich erklärt, eine Stellungnahme sei nicht, notwendig, ist es nach Meinung von DEC-Pressesprecherin Imai-Alexandra Roehrecke klar, daß die Anlagen auf verschlungenen Wegen in die UdSSR gebracht werden sollten.

Eine kanadische Firma (die Multiple Leasing, Toronto, Anm. der Redaktion) habe zunächst versucht, die Rechner bei DEC-Kanada zu kaufen. Da die kanadische Tochter des Minicomputerherstellers jedoch nicht verkaufen wollte, habe sich die Firma aus Toronto an ihre amerikanische Niederlassung gewandt. Diese habe dann bei DEC-USA einen "domestic sale" getätigt, die Anlagen jedoch entgegen den Vorschriften nach Kanada exportiert. Von dort aus sei die Sendung dann offenbar vom kanadischen und amerikanischen Zoll auf ihrem Weg nach Frankfurt überwacht und schließlich sichergestellt worden.