Exchange bleibt bis 2005 ohne .NET

05.08.2002
Von 


Wolfgang Miedl arbeitet Autor und Berater mit Schwerpunkt IT und Business. Daneben publiziert er auf der Website Sharepoint360.de regelmäßig rund um Microsoft SharePoint, Office und Social Collaboration.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Microsoft hat seine ehrgeizigen Pläne für den "Exchange"-Server revidiert: Statt im nächsten Jahr wird die angekündigte .NET-Version der Messaging- und Groupware-Plattform erst 2005 erwartet. Unter dem Codenamen "Titanium" bereitet das Unternehmen derzeit ein Zwischen-Release auf Exchange-2000-Basis vor.

Vorerst wird es nichts mit "Kodiak". Unter diesem Pseudonym firmiert ein ehrgeiziges .NET-Projekt der Redmonder Softwareschmiede, das die Nachfolge der Exchange-Plattform antreten soll. Stattdessen hat Steve Ballmer auf der Business-Partner-Konferenz Fusion angekündigt, dass Mitte 2003 eine Folgeversion von "Exchange 2000" erscheinen soll. Diese beruht im Wesentlichen auf der Codebasis der aktuellen Ausführung.

Ausblick auf das kommende Outlook: Microsofts neuer Mail- und Groupware-Client wird mit dem nächsten Office (Version 11) Mitte 2003 ausgeliefert.
Ausblick auf das kommende Outlook: Microsofts neuer Mail- und Groupware-Client wird mit dem nächsten Office (Version 11) Mitte 2003 ausgeliefert.

Offenbar hat sich Microsoft bei der Tragweite und Komplexität des Projekts Kodiak verschätzt. Denn der zukünftige Collaboration-Server soll nicht nur auf dem .NET-Framework laufen, sondern auch eine neue Datenbank integrieren - den Nachfolger des "SQL Server". Dieses noch im Frühstadium befindliche Produkt trägt intern die Bezeichnung "Yukon". Exchange verfügt bisher über eine eigenständige Datenbank. Aus Microsoft-Kreisen hieß es nun, dass Kodiak wie Yukon Langzeitprojekte seien. Auch für Anwender ist dies ein wichtiges Signal: Der Exchange-Nachfolger wird nach Firmenangaben noch etliche Jahre lang keine Alternative für die derzeitigen Mainstream-Anwender sein, weil er einen Bruch mit der bisherigen Plattformbasis darstellt.

Yukon soll nicht mehr wie bisher ein separater Datenbank-Server sein, sondern eine universelle, plattformübergreifende Datenbank, die sowohl strukturierte wie unstrukturierte Daten speichern und diese über unterschiedliche Geräte und Protokolle zur Verfügung stellen kann. So verspricht der Hersteller unter anderem einen vereinfachten Zugriff auf Datenbankinhalte über ein virtuelles Dateisystem - ähnlich wie es Oracle mit IFS bietet. Langfristig ist diese neue Form der Datenspeicherung dazu gedacht, die zunehmenden Probleme bei der Handhabung und Verwaltung der wachsenden Datenmengen sowohl auf Einzelplatz-PCs wie auch in Unternehmensnetzen zu vereinfachen. Laut Microsoft soll es sich dabei aber nicht um ein zentrales Datenrepository wie bei Oracle handeln, sondern um ein vollständig auf XML-Metadaten beruhendes System.

Statt bei Exchange mit Service Packs neue Funktionen einzuführen, sollen laut Baker regelmäßigere Updates erscheinen. Es ist zu vermuten, dass diese Strategie auch im Zusammenhang mit der neuen Lizenzpolitik von Microsoft steht. Waren Service Packs als Zwischen-Updates bisher stets kostenlos, könnten die Redmonder nun daran denken, diejenigen Kunden zu "belohnen", die sich mit der neuen "Software Assurance" ein dauerhaftes Update-Recht erworben haben. Alle anderen Kunden, die nicht an dem Abonnementmodell teilnehmen wollen, wären dann gezwungen, für Updates den Preis einer Volllizenz zu bezahlen.

Titanium wird unter anderem das bisher separat erhältliche Produkt "Mobile Infomation Server" (MIS) ablösen. Der MIS dient dazu, mobile Geräte wie PDAs und Handys in Sachen Mail und Datenaustausch in Exchange-Umgebungen zu integrieren. Die Zugangsfunktionen des MIS werden in Titanium integriert, seine Entwicklungs-Tools in Visual Studio .NET und die Sicherheits-Features sollen im "Security and Acceleration Server" aufgehen. Microsoft verspricht durch diese Integration eine weitere Vereinfachung der mobilen Outlook-Nutzung. Mit geringem Konfigurationsaufwand sollen Anwender von beliebigen Geräten wie PCs, Pocket PCs, Handys oder Mail-Pagers aus Zugriff auf Exchange-Daten erhalten.

Web-Service-Features inbegriffen

Auch wenn Titanium nicht in einer .NET-Sprache wie C# für die .NET-Laufzeitumgebung CLR (Common Language Runtime) geschrieben wird, sollen doch einige .NET-Web-Service-Features enthalten sein. Dazu zählen die Datenbankprogrammier-Schnittstelle ADO .NET (Active Data Objects) sowie die Messaging-Schnittstelle CDO (Collaborative Data Objects).

Erscheinen soll die nächste Exchange-Version Mitte nächsten Jahres gemeinsam mit der kommenden Office-Ausführung, die die interne Versionsnummer 11 trägt.