Ex-Sun-Manager rechnet mit Scott McNealy ab

11.04.2006
John Shoemaker: Das Unternehmen hat ein Führungsproblem.

In einem vierseitigen Beitrag für "Science Direct" versucht Shoemaker zu ergründen, wieso der einstige Dotcom-Star seine Krise noch nicht bewältigt hat. Der Ex-Manager räumt dabei ein, dass Sun durch das Ende des Internet-Hypes stärker getroffen wurde als die meisten Konkurrenten.

Shoemaker kritisiert jedoch, dass die Führungsmannschaft darauf nicht entschieden reagiert habe. Während Cisco und Intel damals viele Mitarbeiter entließen, habe Sun zu spät zu wenige Stellen abgebaut. Der Ex-Manager schließt sich damit der Sicht von Wallstreet-Analysten an, die immer wieder Personalabbau gefordert hatten. Ohne McNealy namentlich zu nennen, fordert er einen Wechsel an der Spitze des Unternehmens. Nur mit Managern vom Schlage eines Steve Jobs (Apple) oder eines John Chambers (Cisco) könne Sun zu alter Größe zurückkehren. Shoemaker kritisiert außerdem, dass nach dem Wechsel von COO Ed Zander zu Motorola ein unerfahrener Sun-Manager auf dessen Position berufen worden sei. Anstatt Jonathan Schwartz, dessen Name ebenfalls unerwähnt bleibt, zum Zander-Nachfolger zu küren, hätte man eine renommierte Führungskraft von außen holen sollen.

Falsche Weichenstellungen

Der ehemalige Chef des Server-Geschäfts, der 2002 in den Ruhestand getreten ist, bemängelt nicht nur personelle Entscheidungen. Er zweifelt daran, ob Hunderte Millionen Dollar pro Jahr für die Entwicklung von Java gut angelegt sind. Damit waren zeitweise über 4000 Ingenieure beschäftigt, die nach seiner Auffassung für profitable Produkte hätten arbeiten sollen. Shoemaker kann auch der Übernahme von Storagetek für vier Milliarden Dollar wenig abgewinnen. Er hätte mit diesem Geld Aktien zurückgekauft und die Firma auf zukunftsträchtige Märkte ausgerichtet.

Shoemaker widerspricht auch den offiziellen Firmenpositionen hinsichtlich des Sparc-Chips. Der Risc-Prozessor sei nie konkurrenzfähig gewesen, so sein Urteil. Die Leistungsfähigkeit der Sun-Rechner verdanke sich der hoch integrierten Architektur und dem Betriebssystem Solaris. Während Intel und Microsoft nicht über Mehrwegesysteme mit vier bis acht CPUs hinauskamen, bestückte Sun seine Server mit Dutzenden von Sparc-Prozessoren. Eine weitere Schwäche des Chips sieht der Ex-Manager darin, dass er für technische Anwendungen ausgelegt war, auf die Sun anfangs mit seinen Workstations abzielte. Während der Dotcom-Ära orientierte sich das Unternehmen jedoch immer mehr in Richtung kommerzieller Applikationen.

Die Unterlegenheit der Risc-CPU zeige sich nun schmerzlich, da der Markt von vertikalen Systemen (also hoch integrierten SMP-Systemen, "scale up") immer mehr abkomme und horizontale Lösungen fordere, die preiswerte Maschinen mit einer oder zwei CPUs zu leistungsstarken Clustern und Grids zusammenfassen ("scale out"). Dennoch möchte Shoemaker Sun nicht aufgeben. Das Unternehmen habe trotz allem noch viele talentierte und motivierte Mitarbeiter. Es leide primär an einem Führungsproblem. (ws)