Früher im BPA-Markt "die Köpfe eingeschlagen"

Ex-Rivalen Aicorp und Aion machen nun gemeinsame Sache

17.07.1992

WALTHAM/KÖLN (CW) - Ein KI-Riese soll durch den Zusammenschluß der Aicorp.Inc. aus Massachusetts und der kalifornischen Aion Corp. entstehen. Die Boards der beiden Anbieter empfehlen den Teilhabern, sich auf einen Aktientausch-Plan einzulassen, der in der Gründung eines neuen börsennotierten Anbieters von Entwicklungswerkzeugen für die Business-Process-Automation (BPA) münden soll.

Vorgesehen ist, daß die ausstehenden Aion-Aktien gegen zirka 7,2 Millionen Aicorp-Anteile eingetauscht werden und daß Aicorp die Aktienoptionen von Aion-Mitarbeitern in Stammaktien eintauscht. Das Volumen des Deals gibt Aion-CEO James Gagnard mit 40 bis 50 Millionen Dollar an.

Die Zustimmung der Aktionärsversammlungen und der Börsenaufsicht vorausgesetzt, wird im September dieses Jahres das neue Unternehmen mit noch zu bestimmendem Namen am Aion-Standort Palo Alto seine Arbeit aufnehmen.

Der Abbau von Redundanzen wird schätzungsweise 20 Prozent der gut 300 Mitarbeiter beider Unternehmen den Job kosten, so eine gemeinsame Pressemitteilung. Chairman der Neugründung soll Robert Goldman werden, derzeit Chairman, und CEO von Aicorp. Für den Posten des CEO ist Aion-Präsident James Gagnard vorgesehen.

Überlappungen sind weitgehend ausgeschlossen

In Deutschland wird sich der neue Anbieter, anders als in den USA, um die bisherige Aion Deutschland GmbH in Köln gruppieren. Deren Country-Manager Konrad Bauer-van Geöns soll diesen Posten auch nach dem Zusammenschluß bekleiden. Karsten Hirsch, Geschäftsführer der Wiesbadener Aicorp GmbH, wird Vertriebsleiter Süd.

Obwohl die beiden Unternehmen früher als Konkurrenten aufgetreten sind - Hirsch zufolge haben sich Aion und Aicorp in Deutschland "gegenseitig die Köpfe eingeschlagen" hält man ein kollisionsfreies Zusammenwirken am Markt für machbar.

Bauer-van Geöns meint übereinstimmend mit Hirsch, aufgrund unterschiedlicher Vertriebsansätze könnten Überlappungen weitgehend ausgeschlossen werden.

Das Aion-Development-System (ADS), positioniert man als 3GL-Werkzeug für systemnahe Entwicklungen im Banken- und Versicherungsgewerbe, während Aicorps KBMS-Toolset jüngere Softwaretechnologien (Objektorientierung, 4GL) nutze, um etwa Datenbankzugriffe komfortabel zu automatisieren. KBMS richte sich primär an Applikationsentwickler in der Fertigungsindustrie. Beide Systeme sind im Großrechner- und Midrange-Bereich auf MVS, VM und VMS zu Hause.

Aion Deutschland macht bislang sein Geschäft mit Kunden wie der Citibank in Meerbusch bei Düsseldorf, MBB, der Deutschen Airbus und der Kölnischen Rück, die, so Bauer-van Geöns, eine Applikation zur Risikoprüfung von Lebensversicherungen für Erstversicherer auf ADS entwickelte.

Aicorps KBMS wird den Aussagen von Hirsch zufolge bei Industriekunden wie Klöckner-Humboldt-Deutz, der Lufthansa und der Zahnradfabrik Ludwigshafen eingesetzt.

Im abgelaufenen Jahr erzielten Aicorp und Aion weltweit nach eigener Darstellung zusammen Umsätze von 35 Millionen Dollar. Der Markt für Entwicklungswerkzeuge wissensbasierter BPA-Anwendungen wird der Gartner Group zufolge von 274 Millionen Dollar 1991 um insgesamt 24 Prozent bis 1994 wachsen.