US-Messe Storage Networking World verschmilzt ab 2002 mit Europa-Initiative

Eurostorage: Speichernetz und Virtualisierung

25.05.2001
PRAG (kk) - Zum dritten Mal fand die 1999 von Storagetek initiierte "Eurostorage"-Konferenz statt. Ab dem kommenden Jahr wird die europäische Veranstaltung mit der US-Konferenzserie "Storage Networking World" vereinigt, die von der CW-Schwesterpublikation "Computerworld" und der Storage Networking Industry Association (Snia) ausgerichtet wird.

Rund 1600 Teilnehmer trafen sich dieses Jahr zur Drei-Tages-Speicherkonferenz in Prag, bei deren Eröffnung sich Jaromir Schling, tschechischer Minister für Transport und Kommunikation, die Ehre gab. Storage Area Network (SAN), Network Attached Storage (NAS) und Virtualisierung waren einmal mehr die Themen, mit denen sich die Sessions beschäftigten. Pat Martin, Mitte vergangenen Jahres als Chairman, President und CEO von Storagetek berufen, eröffnete als Vertreter des Hauptsponsors die Konferenz.

Der Ex-Xerox-Manager will das angeschlagene Unternehmen von einer "Nearline- zu einer Online-Company" umgestalten, ohne die Haupteinnahmequelle zu vernachlässigen: "80 Prozent unseres Produktumsatzes stammen aus dem Geschäft mit Bandspeichern." Er widerspricht auch der Aussage von Michael Ruettgers, Chef von Mitbewerber EMC, wonach "das Band tot ist". Der Tape-Markt wachse vielmehr um acht bis zehn Prozent im Jahr. Obwohl Storagetek in diesem Sektor eine gute Marktposition halte und technologisch gesehen die Nase vorn habe, sei es der Company in der Vergangenheit allerdings nicht gelungen, entsprechende Wachstumsraten zu erzielen. Deshalb der angekündigte Schwenk vom Nearline- (Tape) zum Online-Speicherunternehmen, was für Martin Storage-Networking bedeutet.

Virtualisieren ist schwerMit dem "SVA 9500" biete Storagetek die einzige virtuelle Platte am Markt an, die zudem noch über Mechanismen zur Datenkompression verfüge. "IBM hat im Januar die Virtualisierungspläne für seine Shark-Laufwerke zurückgezogen", freut sich Martin. Er zitiert noch einmal den EMC-Chef Michael Ruettgers, der ebenfalls an einem Virtualisierungsprojekt arbeitet, mit der Aussage: "Virtualisierung ist schwer." Dabei sei Virtualisierung für den Mitbewerber eigentlich zwingend erforderlich, da sich nur damit die Festplattenkapazitäten optimal nutzen lassen. Laut Martin hat ein Report der Credit Swisse ergeben, dass die EMC-Speicher-Arrays nur zu 50 Prozent mit Daten belegt sind.

Storagetek steckt nach Angaben des CEO 500 Millionen Dollar allein in die Forschung für virtuelle Plattensysteme. Derzeit arbeitet der Hersteller an der Einbindung von Festplatten für den Storage-Domain-Manager "SN6000". Die intelligente Verteilstation, die zwischen NT- und Unix-Servern sowie Speichergeräten geschaltet ist, bedient bislang nur Bandspeicher. Die Unterstützung der hauseigenen Platten ist für dieses Jahr anvisiert, die Konkurrenzprodukte von EMC und Hitachi sollen später ebenfalls integriert werden. Geplant ist zudem, eine kleinere Version des SN6000 zu entwickeln, um auch mittelgroßen Firmen eine zentrale Verwaltung (single point of control) ihrer Speicherumgebung zu bieten.

Der Service soll es richtenVerzögern kann sich das Projekt allerdings dadurch, dass IBM bekannt gab, in Zukunft keine Festplatten mehr mit SSA-Schnittstelle zu fertigen. Storagetek ist bislang Abnehmer dieser Disks und muss nun dafür eine Fibre-Channel-Schnittstelle entwickeln. Die für Mitte dieses Jahres geplanten neuen SVA-Platten werden sich später beim Kunden auf den Fibre-Channel (FC) umrüsten lassen, verspricht der Firmenchef. Die Koexistenz zwischen alten SSA- und zukünftigen FC-Festplatten sei aber in jedem Fall gegeben.

Storagetek hat wieder einmal die Unternehmensberater im Haus, diesmal kommen die Fachleute vom MIT zum Zug. Neben einer strafferen Organsiation verordneten die externen Manager auch Einsparungen beim Umgang mit Lieferanten und Bauteilen - Stichwort Supply-Chain-Management - sowie beim Vertrieb - Stichwort Sales-Automation. Die ersten Erfolge stellten sich bereits ein: Zwar schrieb Storagetek auch im ersten Quartal 2001 wieder rote Zahlen (drei Cent je Aktie), aber weniger als im Jahr zuvor (39 Cent je Anteilschein) und auch weniger, als Analysten erwartet hatten.

Glücklich schätzt sich Martin auch, dass rund die Hälfte des Gesamtumsatzes aus Ländern außerhalb den USA stammt und somit vom Abschwung dort nicht betroffen ist. Gut gelaunt präsentierte Europa-Chef Michael Väth denn auch seine Zahlen: Im ersten Quartal 2001 erreichte er gegenüber der Vorjahresperiode eine Gewinnsteigerung um 20 Prozent. Wichtig für die Company sind auch die 23 Prozent Mehreinnahmen aus dem Geschäft mit Händlern, VARs und Systemhäusern, nachdem IBM ja keine Storagetek-Produkte mehr vertreibt.

Im zweiten Quartal dieses Jahres soll die Company nach dem Willen des Topmanagements wieder in die Gewinnzone klettern. Dazu soll eine personell gestärkte Serviceabteilung beitragen.

Backup ohne DowntimeNoch im Dunkeln liegt eine Produktentwicklung, die die Reduzierung der Backup-Zeiten zum Ziel hat. Details will Martin erst zum Jahresende verkünden. Bekannt ist über das Projekt "Timeless Backup" bislang nur, dass es eine Hard- und Softwarelösung sein wird, mit der sich die Datensicherung auf File- und Block-Level schnell erledigen lassen soll. "In Zeiten eines ununterbrochenen Geschäftsbetriebs(24 x 7 x 365) bleibt keine Zeit für den Backup", so der Firmenchef, der bei diesem Projekt auch mit Softwareherstellern, etwa Oracle und Veritas, zusammenarbeitet.

Virtualisierung hat sich auch das 1998 gegründete Unternehmen Datacore auf die Fahnen geschrieben. Das Management-Team setzt sich zum Großteil aus ehemaligen Encore-Mitarbeitern zusammen, die nach dem Verkauf der Speicher-Controller-Abteilung an Sun nicht zum Server-Spezialisten wechseln wollten. Die Überlegungen, die zum Konzept der vielgepriesenen Virtualisierungs-Software"SAN-Symphony" führten, beschreibt President und CEO George Teixeira: "Gegen die gewaltigen Datenberge, die gespeichert und verwaltet werden müssen, helfen nur Virtualisierung, Networking und Software, um die Flexibilität zu schaffen, die Anwender auch in Zukunft benötigen."

Bislang, so Teixeira, sind alle Highend-Speicherlösungen hardwarebasiert, und als Modell liegt der "private" Speicher zugrunde, der am Rechner angebunden ist. Öffne man aber eine der teuren Speichersysteme etwa von EMC, dann finde man Standardfestplatten und jede Menge Software, die all die nützlichen Funktionen wie Virtualisierung, Sicherheit, Failover, Mirroring, Remote-Control, Disaster-Recovery und Caching bereitstellt.

Die Kostenvorteile spüren die Anwender schon bei den Festplatten: Während die Speicherung von einem Megabyte auf "normalen" Festplatten rund einen Penny koste, zahle man bei EMC rund 30 Cent. Ähnliches gelte für die Speicherkarten. Hinzu kommt, dass jeder Anbieter die hauseigenen Spezifikationen in seine Produkte einbaut, die dann auch nur innerhalb des eigenen Systems funktionieren. "Wir unterstützen alle Software-Layer und stellen ein Application Programming Interface (API) bereit, das Erweiterungen erlaubt", erklärt der CEO.

Zudem profitiere die eigene Lösung vom technischen Fortschritt: "Mit jedem neuen Intel-Prozessor oder einer neuen Busarchitektur wie jetzt mit Infiniband wird unser System automatisch schneller." Sein Fazit: "Die Kluft zwischen Commodity- und Highend-Speichern wird in Zukunft verschwinden."

Das Entwicklerteam der in Florida ansässigen Company machte sich für sein SAN-Produkt die Eigenheiten des SCSI-Protokolls zunutze. Dort gibt es einen Kompatibilitäts-Layer, der es beispielsweise EMC erlaubt, in den Symmetrix-Boxen SCSI-Laufwerke von verschiedenen Herstellern gemischt einzusetzen. "Damit lässt sich ein Image eines perfekten SCSI-Drives erzeugen." Per Software werden dann die Besonderheiten der einzelnen Festplatten nachgebildet und dem Betriebssystem präsentiert: "Auf dem PC mit aufgespielter San Symphony kann ich zum Beispiel ein E-Laufwerk für eine Compaq-Platte und ein F-Laufwerk für ein Hitachi-Drive einrichten, und der Anwender kann dazwischen einfach kopieren."

Die insbesondere von IBM und Cisco initiierte Tendenz, statt dem Fibre Channel "iSCSI" zu verwenden, begrüßt der Data-Core-Chef zwar im Prinzip, da sie perfekt zu seinem Konzept passe, allerdings dürften die Standardisierungsprozeduren noch ein paar Monate dauern. Außerdem sei das Internet Protocol (IP) im Vergleich zu SCSI mit einigen Mängeln behaftet: "SCSI ist deterministisch, das bedeutet, der Absender erwartet vom Empfänger eine Antwort, sonst sendet er nicht weiter. Zudem beachtet SCSI die Reihenfolge der übermittelten Signale, und es ist sicher. IP ist keines von den dreien."

Da SCSI heute in einem SAN typischerweise über den Fibre Channel laufe und IP über Ethernet, gilt es nun, das SCSI-Protokoll auf Ethernet zu bringen: "Das ist iSCSI." Was zudem die Lösung noch untauglich für den Block-basierten Speicherdatenverkehr (beim Backup) mache, sei die enge Bandbreite von Ethernet. "Dafür braucht man Gigabit Ethernet, und das ist nicht billig." Denn neben den (Glasfaser-) Konnektoren müssen auch die Adapter- und Controller-Karten umgerüstet werden.

Bei der Speicherung an entfernten Standorten hingegen spare man Geld, wenn man IP einsetze. Dann entfalle die doppelte Anschaffung der Speichersysteme. Über Virtual Private Networks (VPN), kaskadierbare Modems oder dergleichen ließen sich kostengünstige und relativ sichere Verbindungen aufbauen. "Ich verliere damit zwar Zeit, und IP ist nicht deterministisch, aber ich spare Geld." Sein Fazit: Für Highend-Speicherlösungen an lokalen Standorten empfehle es sich, nach wie vor den Fibre Channel zu verwenden, für entfernte Standorte das IP.

"Do more with less"Die Eröffnungsrede in Prag hielt Pat Martin, seit Juli 2000 President, Chairman und CEO des Hauptsponsors Storagetek. Er skizzierte die wirtschaftliche Situation in den USA, wo einerseits wegen der steigenden Energiekosten und dem generellen Abschwung die Konsumenten weniger Geld ausgeben. Andererseits vertraut Martin auf Notenbankchef Alan Greenspan, der die Geldmenge erhöhe und die Zinsen senke, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Zudem erwartet sich der Storagetek-Chef positive Einflüsse durch die von President George W. Bush angekündigten Steuersenkungen. Dennoch, so Martin, dürfte das Wirtschaftswachstum in den USA in diesem Jahr nur bei 1,5 Prozent liegen - in Europa rechnet man mit zirka 2,5 Prozent. Für die Unternehmen stelle sich somit die Aufgabe, die Ressourcen besser auszunutzen.