Neue Domains werden teilweise außerhalb der USA verwaltet

Europas Einfluss in den Internet-Gremien wächst nur durch mehr Engagement

01.12.2000
MÜNCHEN (CW) - Mit Afilias wird künftig ein Anbieterkonsortium eine "global Top Level Domain" (gTLD) verwalten, bei der der Server nicht in den USA, sondern in Kanada stehen wird. Das macht die Rechtsprechung komplizierter - aber auch weniger US-dominant.

Die bisherige US-Vorherrschaft in dem Internet-Verwaltungsgremium Icann und durch die TLD-Registrierungsstelle NSI/Verisign hat ganz praktische Konsequenzen: beim Vertrags- und Strafrecht. "Der Standort einer Registry spielt eine wichtige Rolle, wenn es um Rechtsfragen geht", stellt daher Eric Schätzlein, Mitgesellschafter und Leiter Domain Services bei der 1&1 Internet AG sowie Mitgründer von Schlund + Partner, fest. Die Mutter des Internet-Service-Providers (ISP) Schlund + Partner, die 1&1 Internet AG, gehört dem Afilias-Konsortium an, einem internationalen Firmenverbund, der künftig die Domain .info verwalten wird. Dessen Datenbank wird neu entwickelt und ist in Toronto, Kanada, angesiedelt - obwohl das US-Unternehmen NSI ebenfalls beteiligt ist, der Betreiber der bisherigen gTLDs .com, .net und .org. Ganz außen vor sind die US-Amerikaner allerdings nicht. Das Backup wird in Seattle stehen. Politisch weniger bedeutsam und aus technischen Gründen notwendig ist die Verteilung der Domain Name Server (DNS). Davon wird es acht geben, die über die ganze Welt verteilt sind.

Das Afilias-Konsortium ist allerdings seit seiner Gründung dem internationalen Gedanken verhaftet. 19 Registrare aus der ganzen Welt haben sich daran beteiligt, alle Partner sind gleichberechtigt.

Welche Auswirkungen der Standort der Registry hat, zeigt sich beispielhaft am Düsseldorfer Provider und Icann-akkreditierten Registrar CSL. Der ist nämlich in eine rechtliche Auseinandersetzung geraten, weil über sein Unternehmen eine US-Domain registriert worden ist, unter der auf einer Website scherzhaft Stimmen im letzten Präsidentenwahlkampf gehandelt worden sind. Hierbei ergeben sich eine Reihe von Fragen, die die internationale Staatengemeinschaft für das Internet noch klären muss, zum Beispiel welche nationalen Gesetze im Fall einer Domain-Registrierung anzuwenden sind. Zwar schreibt der auf US-Recht basierende Vertrag der Icann vor, dass ungesetzliche Domains nicht registriert werden dürfen, aber im global angelegten Internet sollte nicht nur US-Recht gelten. "Es müssen nicht gleich alle Unternehmen strammstehen, wenn ein amerikanischer Rechtsanwalt aktiv wird", fordert CSL-Geschäftsführer Siegfried Langenbach, der auch Mitglied im Panel of Participants in Internet Organization and Management der Europäischen Kommission (EC-POP) ist, einem Konsortium, das sich um die Einführung der Domain .eu bemüht.

Die Staaten haben es also selbst in der Hand, die bisherige US-Dominanz in der Internet-Verwaltung zu reduzieren. Mit Andy Müller-Maguhn ist auch ein Deutscher im Vorstand der Icann vertreten. "Wie groß der Einfluss von Müller-Maguhn ist, hängt davon ab, wie gut er die anderen Direktoren von seinen Ideen und Vorstellungen überzeugen kann", meint Langenbach.

Noch wird die Icann von den USA dominiertDabei spielen auch die Firmen hierzulande eine wichtige Rolle. "Dass die Icann von den USA dominiert wird, hängt auch damit zusammen, dass US-Organisationen sich stärker im Internet und in den Internet-Gremien engagieren", stellt Langenbach klar. Gute Ideen würden sich durchsetzen - unabhängig von der Nationalität.

Das macht Hoffnung, denn "Europa holt auf", ist Schätzlein überzeugt. Startups und etablierte Unternehmen haben das Internet entdeckt und entwickeln Ideen und Produkte dafür. Das zeigt unter anderem auch das Engagement von Schlund + Partner für Afilias. Die US-Dominanz bröckelt also, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis internationale Belange deutlich mehr Gewicht in der Icann und verwandten Organisationen erhalten.

Abb: Acht Domain Name Server betreibt das Afilias-Konsortium, um die neue Domain .info zu verwalten. Quelle: Afilias