"Besondere Vertragsbedingungen" für jedermann:

Europas Anwender formulieren Modellvertrag

05.10.1984

KIEL (bi) - Auf breitem Konsens sowie Rückhalt in nationalen Anwendervereinigungen soll der "ausgeglichene" Modellvertrag für den Kauf von Computer-Anlagen und -Geräten beruhen, den jetzt die CECUA über den deutschen ADI veröffentlicht hat. Diese europäische Vereinigung von Anwenderverbänden hält damit die bisher zersplitterten Bemühungen isolierter Gruppierungen um eine gemeinsame Geschäftsgrundlage für überwunden. Verzögert wurde die Drucklegung der längst erwarteten juristischen Leitlinie unter anderem dadurch, daß das Bundeskartellamt ein "Anwenderkartell" befürchtet hatte.

Der Modellvertrag und die ihn begleitenden (Spezifikations-)Scheine, Kommentare und Handhabungshinweise sollen, wie der Präsident der CECUA (Confederation of European Computer Users Associaton) betont, unbedingt notwendige Literatur für das Management im Computerbereich sein, sowohl für Hersteller wie für Erstanwender und Professionals.

Angeregt und unterstützt wurde die Gemeinschaftsarbeit von der EG-Kommission, wiewohl die in dem Modellvertrag wiedergegebenen Auffassungen "nicht unbedingt" ihren Auffassungen entsprechenden, wie in einer Vorbemerkung ausdrücklich herausgestellt wird. Die Vertragsbedingungen gaben indes keinen Anlaß zu rechtlichen Schritten entsprechend Artikel 85,1 und Artikel 86 der Römischen Verträge.

Die vorliegende Fassung ist eine Übersetzung aus dem Englischen, das Arbeitssprache des Teams war. Diesem Projekt sollen weitere Vertragstypen für Wartung, Miete und Leasing von Hardware sowie Modellbedingungen für Software folgen.

Für die Hersteller gibt es selbstverständlich keine Verpflichtung, ihre Verträge den vorgeschlagenen Vertragsmustern anzupassen, weshalb der Anwenderverband Deutsche in formationsverarbeiter e. V., ADI, den Anwendern empfiehlt, bei Verhandlungen mit Herstellern von vorneherein den Modellvertrag zugrunde zu legen. Keinesfalls solle man sich auf die üblichen Musterverträge abdrängen lassen, schließlich gebe es für die öffentliche Hand schon seit langer Zeit "besondere Vertragsbedingungen".

Wesentliche Vorteile des Modellvertrages, gegenüber der bisherigen Praxis sind im folgenden aufgeführt:

- Abkürzung der Dokumentierung des Vertragsinhalts;

Es besteht keine Notwendigkeit, bei jedem Angebot wieder einen neuen Vertrag aufzusetzen. Es müßte nur auf die jeweiligen Musterklauseln und eventuelle Anpassungen Bezug genommen werden, um die Erfordernisse jedes Einzelvertrages zu berücksichtigen.

- Ausgewogenheit zwischen den Vertragsparteien:

Musterverträge müssen die Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien widerspiegeln; auf diese Ausgeglichenheit hat die Europäische Kommission wiederholt besonders hingewirkt.

- Hilfe bei der Auswertung von Angeboten;

Die Auswertung von Angeboten für komplexe Computersysteme ist oft schon von der rein technischen Seite her schwierig; die Situation wird dadurch noch komplizierter, daß oft (auch unbeabsichtigte) unterschiedliche kommerzielle Konditionen zwischen verschiedenen Vertragstypen bestehen.

- Vermeidung von unproduktiven Bewertungen und Verhandlungen;

Die Auswertung und Bewertung unterschiedlicher Herstellerverträge ist schwierig und zeitraubend, was vermieden werden könnte, wenn gleiche oder ähnliche Vertragsbedingen angewandt würden.

- Ausgleich der Verhandlungsstärke der Vertragsparteien;

Gegenwärtig hat der kleine Computerbenutzer keine ausreichende Verhandlungsstärke gegenüber den Vertragsbedingungen der Hersteller. Modellverträge stellen dagegen sicher, daß ein Ausgleich der Interessen erreicht wird.