Bedenken gegen Ausdehnung nach Großbritannien

Europäische Kommission nimmt Microsofts Kabelpläne aufs Korn

09.06.2000
MÜNCHEN (CW) - Die EU-Kommission hat Vorbehalte gegenüber dem Vorhaben von Microsoft, sein Engagement im britischen Kabelmarkt zu erweitern. Sie fürchtet einen zu großen Einfluss auf die Branche. Microsoft will gemeinsam mit einer Abteilung von AT&T den Kabelnetzbetreiber Telewest übernehmen.

Der Wettbewerbskommissar der EU, Mario Monti, hat ein Schreiben veröffentlicht, in dem er seine Bedenken gegen den drei Milliarden Dollar schweren Deal wiederholt und bekräftigt. Der geplante Kauf eines Anteils von knapp 30 Prozent an der britischen Telewest Communications Plc. könnte Microsoft einen zu großen Einfluss auf interaktive TV-Services, Internet-Dienste und E-Commerce via Kabel einräumen, fürchtet Monti. Eine Microsoft-Sprecherin kommentierte den Brief mit den Worten, das Unternehmen werde weiterhin daran arbeiten, die Bedenken zu zerstreuen. Der Deal sei für das Unternehmen sehr wichtig.

Im Gegensatz zu früheren Untersuchungen, die durch Beschwerden von Konkurrenten, Herstellern und Benutzern von Microsoft-Produkten angestoßen worden waren, wurde die EU-Kommission angesichts der aggressiven Investitionsstrategie des Unternehmens diesmal von sich aus aktiv. Microsoft verfügt bereits über Anteile an den britischen Kabelnetzbetreibern NTL und Cable & Wireless, die kürzlich von NTL gekauft worden sind. Nun käme noch Telewest hinzu. Damit unterhielte der Softwaregigant enge Verbindungen zu zwei der größten Kabelfirmen in Großbritannien.

Die EU-Kommission sorgt sich darum, dass Microsoft über seine Unternehmensanteile Druck ausüben und die Kabelpartner dazu zwingen könnte, Microsoft-Produkte einzusetzen. Ganz unbegründet scheint der Verdacht nicht zu sein, schließlich wollen NTL, AT&T und United Pan-Europe Communications NV (UPC) Microsoft-Systeme als Settop-Boxen verwenden. Telewest hat sich allerdings kürzlich für den Erzrivalen Sun entschieden. Die Kabelnetzbetreiber selbst geben an, aufgrund des Konkurrenzdrucks müssten sie das beste System einsetzen, wer wie stark an den Herstellerfirmen beteiligt sei, spiele keine Rolle. Anwälte von Microsoft argumentieren, die Kommission ignoriere andere Highspeed-Technologien, deren Anbieter ihrerseits nennenswerte Marktanteile kontrollierten.