Elektronikmarkt befindet sich fest in US-amerikanischer Hand:

Europäer in Europa unter "ferner liefen"

23.07.1982

DÜSSELDORF (nw) - Nach wie vor hält ein holländisches Unternehmen, die NV Philips Gl, mit seinen Elektronikproduktverkäufen (1980) im Wert von mehr als elf Milliarden Dollar die Spitzenposition vor seinen Konkurrenten. Dennoch beherrschen die US-amerikanischen Konzerne die europäische Elektronikszene. Unter den ersten hundert der kürzlich von den Marktforschern der Mackintosh Unternehmensberatung ermittelten. "europäischen" Elektrogiganten befinden sich 28 US-Unternehmen.

Ihre Aktivitäten in Europa haben sich für die in der Mackintosh-Unternehmensparade aufgeführten amerikanischen Elektroriesen gelohnt. Sie haben es 1980/81 (mit unterschiedlich endendem Geschäftsjahr von Januar 80 bis Juni 80 zusammen auf mehr als 31,5 Milliarden Dollar gebracht, was weit mehr ist, als jede andere Ländergruppe in diesem Wirtschaftszweig zustande brachte. Unter den 28 Konzernen liegt die IBM vorn. Sie allein erzielte in Europa Einnahmen in Höhe von 9,435 Milliarden Dollar, von ITT mit 8,632 Milliarden Dollar gefolgt.

Im Vergleich dazu läßt sich der größte bundesdeutsche Elektrokonzern durchaus sehen: Die Siemens AG mit ihrem Umsatz in Höhe von 8,676 paßt genau zwischen die beiden amerikanischen Kollegen. Auch als Gruppe schneidet die Bundesrepublik gar reicht schlecht ab. Sie rangiert hinter den USA an zweiter Stelle. Insgesamt nehmen sich ihre Einnahmen allerdings bescheiden aus: Zusammen erzielten sie Mackintosh zufolge auf dem europäischen Elektromarkt 19,2 Milliarden Dollar.

Die Briten folgen mit 12,3 Milliarden Dollar, wobei GEC mit 3,772 Milliarden Dollar Einnahmen den höchsten Umsatz von den Inselrepublik-Unternehmen schaffte. Nur wenig mehr als der Marktführer Philips (11,1 Milliarden Dollar) erzielten die Franzosen mit 11,3 Milliarden Dollar, deren Zugpferd CGE mit 1,919 Milliarden Dollar zu diesem Ergebnis beitrug.

Als umsatzstärkste Japaner im europäischen Elektronikmarkt präsentieren sich Sony mit 814 Millionen, Matsushita mit 753 Millionen und Hitachi mit 537 Millionen Dollar. Den europäischen Absatz der Japaner insgesamt aber können die Marktforscher nur schätzen, da diese Unternehmen die Umsätze ihrer Tochtergesellschaften oft nicht veröffentlichten. So rechnet Mackintosh bei dieser Gruppe mit ungefähr 3,7 Millionen Dollar Umsatz.

Die Italiener nahmen für Elektronikprodukte 3,2 Milliarden ein (Olivetti 1,733 Milliarden), die Schweden 2,7 Milliarden (LM Ericsson 2,022 Milliarden) und die Schweiz 2,1 Milliarden Dollar. Alle Top-Hundert zusammen erzielten in Europa nach der Tabelle ungefähr 100 Milliarden Dollar Umsatz.

Nicht-Europäer erfolgreicher

Aber auch wenn's um die Rentabilität geht, haben die Amerikaner die Nase vorn. So beträgt ihr Gewinn vor Steuern (bezogen auf den Umsatz) nach Berechnungen der Analysten 12,4 Prozent. Spitzenreiter ist der französisch-amerikanische Mischkonzern Schlumberger mit einer Rentabilität von 28,7 Prozent. Als Firmensitz gibt der Report die Niederländischen Antillen an. Aber IBM mit seinen 22,5 Prozent kann sich ebenfalls sehen lassen. Unter den Deutschen tun sich besonders BASF (6,6) und Nixdorf (6,2) hervor. Ansonsten mußten in der Bundesrepublik von den 13 aufgeführten immerhin drei Unternehmen Verluste einstecken (AEG-Telefunken, Grundig, Triumph-Adler).

Die Japaner, mit acht Elektronikherstellern in der Liste der hundert Erfolgreichsten vertreten, erreichen durchschnittlich 9,3 Prozent. Die Briten mit 14 und die Franzosen mit neun Produzenten aufgeführt, sind beide gerade noch mit sechs Prozent dabei, während die Deutschen insgesamt nach Ansicht von Mackintosh erstaunlich schlecht aussehen: Sie bringen es im Durchschnitt nur auf einen Gewinn, bezogen auf den Umsatz, von 2,1 Prozent.

Diese niedrige Rentabilität der deutschen Gruppe steht nach Ansicht der Analysten im krassen Gegensatz zu den anderen betriebswirtschaftlichen Kennziffern. So verkaufen die deutschen Unternehmen durchschnittlich Waren im Wert von 68 300 Dollar pro Beschäftigten, während die US-Amerikaner nur für 55 500 Dollar pro Beschäftigten verkaufen konnten. Die Briten schafften 48 200 Dollar und die Franzosen immerhin 62 700 Dollar.

Japaner Verkaufskanonen

Doch alles in den Schatten stellen die Söhne Nippons: Die Japaner erreichten im Durchschnitt Umsätze von 116 600 Dollar auf einen Beschäftigten und pro Jahr. Dabei seien sie nicht einmal durch besondere Ausstattungen im Vorteil. So betrage das akkumulierte Vermögen dieser Gruppe pro Beschäftigen im Durchschnitt 15 600 Dollar, was genausoviel ist wie das, was für einen deutschen Arbeiter in der Elektronikbranche (an Anlagen) zur Verfügung steht. Für den amerikanischen Arbeitnehmer kam bislang sogar weniger zusammen: 17 700 Dollar auf einen Beschäftigten.

Nur die Briten (10 800 Dollar) und die Franzosen (12 500) sind offensichtlich schlechter dran. So kommen die Marktforscher zu dem Ergebnis, daß die Japaner offensichtlich mit moderneren und effizienteren Methoden arbeiten und außerdem wahrscheinlich im Durchschnitt auch länger als ihre Kollegen in den anderen Ländern am Arbeitsplatz ausharrten.

Bei weiteren Vergleichen macht die Studie ersichtlich, daß die japanischen Investitionen in Sachanlagen sowie Forschung und Entwicklung hinter denen der ausländischen Konkurrenz hinterherhinken. So betragen die jährlichen Sachanlagen-Investitionen pro Beschäftigten bei den Japanern im Durchschnitt 6,6 Prozent. Die Amerikaner dagegen geben 11,4 Prozent aus, die Deutschen und die Franzosen immerhin noch 7,7 Prozent. Die Briten bringen es ebenfalls noch auf 6,6 Prozent, fast genausoviel wie die Japaner.

Nicht anders präsentiert sich der Vergleich bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung: Hier investieren die japanischen Hersteller durchschnittlich nur 3,4 Prozent vom Umsatz, während die Amerikaner den technischen Fortschritt doppelt so hoch bewerten. Sie legen für ihn 6,5 Prozent vom Umsatz an. Die Deutschen und Franzosen bewerten diesen Posten auch noch recht hoch und liegen mit 5,7 beziehungsweise 5,1 Prozent nur wenig hinter den amerikanischen Konkurrenten.

Die Studie "The Mackintosh European Electronics Companies FILE" erscheint jährlich und enthält nach Angaben der Analysten Trendberichte, verspricht Statistiken über die fahrenden hundert Unternehmen der Elektronikbranche und deckt bei 4000 Elektronikunternehmen die verschiedenen Verflechtungen untereinander auf.

Weitere Informationen zur Studie, die für 385 Pfund zu erhalten ist, gibt der Herausgeber Benn Electronics Publications Lrd, P.O. Box 28, Luton, LU1 2NT, England, Telefon: 05 82/41 74 38.