Technische Agilität

Europa setzt auf Kubernetes

30.05.2017
Von 
Björn Böttcher ist Senior Analyst und Data Practice Lead bei Crisp Research mit dem Fokus auf Analytics, BI, datenbasierte Geschäftsmodelle und Künstliche Intelligenz. Mit mehr als 10 Jahren Berufserfahrung in der IT und einem wissenschaftlichen Hintergrund und Fokus stehen moderne Lösungen mit praktischem Nutzen im Fokus seiner Betrachtung.

Grüne oder rote Pille? Wählen Sie weise

Der Einsatz von Kubernetes für zwei kleine Server ist sicherlich nicht sinnvoll. Auch bestehende Applikationen, wie große Installationen von ERP-Systemen sind nicht der primäre Fokus. Vielmehr sind Microservices das Einsatzgebiet von Kubernetes. Auf die Frage, warum Kubernetes von Google für die Community als Open-Source-Version freigegeben wurde, antwortete Aprana Sinha, Product Managerin bei Google für Kubernetes, damit die Adaption und das Momentum helfen, Unternehmen einen Zugang zu dieser Technologie zu geben. Die ursprüngliche Version (Borg) hätte sich in keine bestehende IT-Landschaft von Unternehmen integrieren lassen können, da diese zu sehr von der Google IT-Landschaft abweichen.

Ob dies der tatsächliche Grund war für die Transformation zu einem Open Source Google, mag jeder für sich beurteilen. Fakt ist, dass auch große Internetkonzerne wie Amazon, Facebook oder Google eine Transformation durchführen müssen, um die aktuellen Positionen im Markt zumindest halten zu können. Sicherlich war die Freigabe nicht die schlechteste Entscheidung und spiegelt auch das klare Bekenntnis hin zu einer Ausrichtung auf Unternehmenskunden wieder.

Ökosysteme und Partnerlandschaft

Die CNCF hat mittlerweile etliche Softwareprojekte in ihre Referenzarchitektur aufgenommen. Vergessen darf man hierbei nicht, dass die meisten noch einen Inkubatorstatus besitzen und noch nicht die Version 1.0 erreicht haben. Dies bedeutet, dass theoretisch auch sehr erfolgreiche Projekte, wie Prometheus, einst bei SoundCloud in Berlin geboren, wieder aus der Referenzarchitektur verschwinden könnten.

Aus Sicht der Projektleiter von CoreDNS, Opentracing, Linkerd, Fluentd, Prometheus und Co. ist die Aufnahme jedoch sehr positiv zu bewerten. Denn auch wenn die Projekte technisch immer interessant waren, so fehlte ihnen bisher zum Teil die Anerkennung und die Sichtbarkeit. Dies hat sich durch die CNCF deutlich geändert. Die Hoffnung bleibt auch, dass sich dadurch auch mehr Entwickler an der Weiterentwicklung beteiligen, da diese Projekte zum Teil auch immer noch in der Freizeit entwickelt und betreut werden.

Die CNCF selbst versucht die Bedeutung im Markt zu festigen und den Projekten entsprechend auf die Beine zu helfen. Rund um das Thema Partnerlandschaft und Ökosystem erblühen viele neue Start-ups und etablierte Unternehmen entwickeln sich weiter. Mit OpenShift und Cloud Foundry haben auch zwei PaaS-Angebote (Platform as a Service) die Migration zu einer Container-basierten Plattform vollzogen. Damit stehen den Entwicklern dann entsprechend mächtige Umgebungen zur Verfügung, die noch einmal mehr abstrahieren. Beide Projekte verfolgen dabei einen heterogenen Ansatz bei der Flexibilität und der Integration in die bestehende IT-Landschaft.

Eine andere Art von Abstraktion bieten Start-ups. Diese versuchen die Integration von Kubernetes selbst in die Unternehmenslandschaft zu vereinfachen. Auch deutsche Unternehmen sind hier an vorderster Front zu finden, wie etwa Giantswarm und Loodse. Auch an den nächsten Level der Abstraktion, dem Serverless Computing für Kubernetes wird bereits gearbeitet und mit dem ersten Release von Plattform 9 dürfte wohl noch dieses Jahr zu rechnen sein.

Skills, Skills, Skills

Bei den vielen Gesprächen stellte sich abermals heraus, dass die Ausbildung und der Kenntnisstand in Unternehmen nicht so ist, wie er sein sollte. In vielen Unternehmen ist zwar der Einstieg und das Verständnis für Technologien wie beispielsweise Kubernetes vorhanden, doch das Know-how für die Entwicklung von Microservice-Architekturen und generell verteilten Systemen könnte besser sein. Ebenso ist die Kontrolle von Applikationen und Deployments noch nicht geregelt.

Dabei steigt bei mehreren Projekten zunehmend die Komplexität, was dann auch zu einem menschlichen Problem wird. Dies bestätigte auch Oliver Gould, CTO von Buoyant und Projektleiter von linkerd. Die Komplexität von Applikationen und Teams darf nicht unterschätzt werden. Er spricht hier aus Erfahrung, denn er war einst bei Twitter tätig.

Für den Skill-Gap wurde auf der Veranstaltung beispielsweise von Cloud Foundry ein neues Zertifizierungsprogramm angeboten, welches neben den plattformspezifischen Kenntnissen auch als einen Punkt die Entwicklung von Cloud-native Applikationen beinhaltet. Das Bild zeigt unter anderem das unterschiedlich starke Interesse an den Produkten, jedoch auch den klaren Bedarf an Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.

Unterschiedlich starke Nachfrage bei den Aufklebern für die Namensschilder - Jobofferten und Prometheus sind weitgehend vergriffen.
Unterschiedlich starke Nachfrage bei den Aufklebern für die Namensschilder - Jobofferten und Prometheus sind weitgehend vergriffen.
Foto: Crisp Research AG, 2017