Europa: Orbitale Entwicklungezone

16.11.1990

Wenn sich ein Grünbuch in der Telekommunikation weitgehend bewährt hat, kann es für die Satellitenkommunikation auch nicht schlecht sein. Zu dieser Ansicht ist jedenfalls die EG-Kommission gekommen, sie wird deshalb Ende November ihre Richtlinien für die neue orbitale Wettbewerbsordnung vorlegen.

Das Grünbuch einfach als billigen Abklatsch der 1987 erschienenen TK-Broschüre abzutun, wäre falsch. Es gilt nämlich, zweierlei zu bedenken: Erstens, und das wird immer wieder vergessen, haben die Eurokraten den Auftrag, die Gemeinschaft für den Binnenmarkt zu rüsten. Binnenmarkt heißt aber Wettbewerb, und Voraussetzung dafür ist eine offene und variable Kommunikations-Infrastruktur.

Zweitens sind die Parallelen zur Situation in der Telekommunikation, wie sie sich vor noch nicht allzulanger Zeit darstellte, frappierend: Die Rechte für den außerirdischen Datentransfer sind nämlich in fast allen EG-Staaten fest in Händen der jeweiligen Postgesellschaften.

Die Monopole, soviel sterbt fest, blockieren jedoch den angestrebten Wettbewerb und die freie Kommunikation.

Der Beweis läßt sich leicht führen: In Sachen orbitale Datenübertragung ist Europa, gemessen an den USA und Japan, "Entwichlungszone" Die Ursachen: Zum einen fehlt es an Kapazitäten, weil ein Monopolist pro Land nicht mehrere kostspielige. Satelliten(netze) finanzieren kann. Zum anderen zeigen die Potentiellen Anwender wenig Interesse, weil sie an nationale Grenzen und hohe Gebühren gebunden sind.

Es ist aber geradezu widersinnig, einer Technologie, die sich den Weltraum zunutze macht, nationale Fesseln anzulegen. Die EG-Kommission fordert im Grunde nur, was ohnehin in der Natur der Dinge und im Interesse der Anwender liegt. Internationaler Wettbewerb im Satellitengeschaft wird diese Art der Kommunikation nämlich bald erschwinglicher machen und eine sinnvolle Alternative zur terrestrischen Kommunikation darstellen.

Je eher die Euro-Behörde mit ihren Richtlinien auf die PTTs Druck ausübt, um so besser. Die Deutsche Bundespost hat jedenfalls - entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit - schon im voraus reagiert. Minister Schwarz Schilling erteilte British Aerospace und der Infoware GmbH Jeweils die Lizenz für den Betrieb eines privaten Satellitennetzen. pg