Interview

"Europa hat Intels Hesamtergebnis geschadet"

25.07.1997

CW: Intel hat gerade die Ergebnisse des zweiten Quartals 1997 bekanntgegeben. Welche Rolle spielen dabei Deutschland und Europa?

RISSMANN: Wir halten uns mit Kommentaren zu den Quartalsergebnissen eigentlich immer etwas zurück. Ich will dennoch versuchen, das einmal in Relation zu bringen. Weltweit hat die Corporation im Vergleich zum Vorjahr um 29 Prozent zugelegt. In Deutschland liegen wir etwas schlechter, sind aber trotzdem zufrieden. Europa hat im zweiten Quartal 24 Prozent des gesamten Firmenumsatzes beigesteuert.

CW: Können Sie die Besonderheiten noch genauer erläutern?

RISSMANN: Im Vergleich zum ersten Quartal sind wir im zweiten ein wenig zurückgefallen. Dadurch hat das gesamte Firmenergebnis von Intel nicht ganz unseren Erwartungen entsprochen.

CW: Wie läßt sich der Rückgang erklären?

RISSMANN: Zuerst einmal verlief das erste Quartal in Europa ungewöhnlich gut. Wir hatten höhere Steigerungsraten als die Amerikaner und Japaner. Was allerdings dabei passiert und von uns etwas spät bemerkt worden ist: Wir haben schon Ende des ersten Quartals zuviel von dem geliefert, was eigentlich schon für das zweite Vierteljahr bestimmt war. Die Lagerbestände bei unseren Kunden, OEMs und Distributoren sind überproportional angestiegen. Deswegen haben wir speziell im zweiten Quartal in Europa besonders starke Lagerkorrekturen erlebt. Das ganze Ausmaß davon haben wir erst eine Weile später voll gespürt. Darüber hinaus bemühen sich fast alle Hersteller unter dem enormen Wettbewerbsdruck massiv um eine Verkürzung ihrer Turnaround-Zeiten, so daß sie weniger Ware im Produktionsprozeß haben. Verstärkt wurde die Problematik noch durch die Umstellung vieler Unternehmen vom "Classic"-Pentium auf die neue MMX-Variante.

CW: Gibt es Unterschiede zwischen Business- und Endkunden-Markt?

RISSMANN: Der Business-Bereich hat sich aus unserer Sicht sehr erfreulich entwickelt. Ich möchte allerdings nicht den kumulierten Zahlen von Dataquest und IDC vorgreifen. Der Consumer-Markt war dagegen erneut rückläufig, vor allem auf den großen Märkten in Frankreich, England und Deutschland. Eine Ausnahme machen allerdings die skandinavischen Länder und Holland. Wir hoffen allerdings, daß in England durch den von Tony Blair verbreiteten Optimismus vielleicht schon im Juni eine Trendwende im Konsumentenmarkt eingetreten ist.

CW: Welchen Anteil haben die "kleineren" Divisions, etwa Netzwerk- und Video-Conferencing-Technik, an Intels Gesamtgeschäft?

RISSMANN: Der Löwenanteil entfällt in jedem Fall auf Mikroprozessoren und Chipsätze. Ich kann beispielhaft eine Zahl nennen: Unser weltweites Netzwerkgeschäft hat inzwischen eine Größenordnung von gut 500 Millionen Dollar pro Jahr. Der Bereich legt in letzter Zeit durch die erweiterte Produktpalette und die breitere Akzeptanz von Fast Ethernet kräftig zu. Dieser Markt ist allerdings - nicht zuletzt von uns selbst angeheizt - sehr hart. Beim Video-Conferencing haben wir schon sehr früh mit der Deutschen Telekom kooperiert. Zunächst war das allerdings ein reiner Investitionsmarkt, in diesem Jahr sehen wir endlich auch massive Volumenprojekte. Diese brauchen allerdings naturgemäß etwas länger als die Einführung einer neuen PC-Generation. Die Technik aber steht nun wirklich vor dem Durchbruch.

CW: Hat die Konkurrenz, speziell die Einführung von AMDs "K6" und IBM/Cyrix' "M2", Einfluß auf Ihr Geschäft?

RISSMANN: Einen Einfluß auf unsere Stückzahlen kann man nicht direkt messen. Aber natürlich reagieren wir auf jede potentielle Konkurrenz. Dafür sorgt schon Andy Grove, der den Markt stets genauestens im Auge behält. Wir leiden ja eher unter dem Alptraum, daß es uns wie anderen prominenten Beispielen ergehen könnte, die zu behäbig und zu ruhig werden. Das treibt uns vielleicht sogar manchmal soweit, daß wir zu hektisch werden. So haben wir etwa durch zusätzliche Marketing-Anstrengungen bei der Einführung des MMX-Pentium und Pentium II ein Marktwachstum forciert, das selbst unsere mutigsten Prognosen übertroffen hat. Dadurch entstanden für die Produktion ganz erhebliche Herausforderungen. Grundsätzlich müssen wir ständig versuchen, alles zu tun, was möglich ist. Sonst tut es ein anderer.