Europa: 40 Millionen Mobilfunker im Jahr 2000 Service-Provider Motorola Telco schwimmt gegen Uebernahmewelle

26.08.1994

MUENCHEN (CW) - Der Service-Provider Motorola Telco will sich nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa als feste Groesse im Mobilfunkgeschaeft etablieren. Dieses Ziel wollen die Wiesbadener erreichen, obgleich sie im Ranking fuer den deutschen Markt auf den drittletzten Platz zurueckgefallen sind. Die Akquisition eines anderen Service-Providers steht fuer Motorola Telco dennoch nicht mehr zur Debatte.

Fuer das Abrutschen der Motorola Telco auf einen der hinteren Plaetze in der Account-Statistik macht Uwe Becker, Leiter Vertrieb und Marketing, nicht qualitative Gruende, sondern die zahlreichen Fusionen im Service-Provider-Geschaeft verantwortlich. Aufgrund der Verschmelzungen von Bosch mit Debitel, Dekratel, Ford und Unicom zu Dekraphone sowie Proficom und Axicon mit Martin Dawes sei, so Becker, das Ranking durch die Addition der Teilnehmer erheblich durcheinandergewirbelt worden.

Im Mobilfunk aendert sich das Benutzerprofil

Die Hessen rangieren eigenen Angaben zufolge mit rund 50 000 vermarkteten D1- und D2-Karten auf dem drittletzten Rang in der nur noch elf Service-Provider umfassenden Liste (vgl. Tabelle). Das entspricht einem Marktanteil von 3,5 Prozent, der nun auf fuenf Prozent ausgebaut werden soll. Fuer 1994 strebt das Unternehmen eine Steigerung auf insgesamt 70 000 Subscriber an.

Im Vorderfeld, naemlich auf Position drei, liegt Motorola Telco eigenem Bekunden zufolge hingegen in Sachen Gebuehrenaufkommen und niedriger Kuendigungsquote. Die Wiesbadener weisen pro Teilnehmer einen durchschnittlichen Umsatz von 152 Mark aus und geben eine monatliche Stornorate von 1,78 Prozent an. Diese Qualitaetsindikatoren sprechen nach Ansicht Beckers fuer den Service des Dienstleisters, da sie besser sind als die von den Netzbetreibern angegebenen Durchschnittswerte. Die DeTeMobil sowie Mannesmann Mobilfunk GmbH haben laut Motorola fuer ihre Netze im Schnitt ein Gebuehrenaufkommen von 133 Mark pro Kunde sowie eine Kuendigungsquote von 3,16 Prozent ermittelt.

Die auf ein Jahr hochgerechnete Stornorate von rund 20 Prozent erklaert Becker mit einer Veraenderung des Benutzerprofils. Waehrend frueher ausschliesslich professionelle Kunden GSM-Telefone nutzten, habe sich durch die Angebote der Massenvermarkter der Mobilfunk jetzt auch fuer andere Teilnehmer erschlossen, die haeufig wegen der hohen Gebuehren ihre Vertraege aber auch schneller wieder kuendigten.

Motorola Telco will laut Becker insbesondere die Klientel der beruflichen Vieltelefonierer durch gute Serviceleistungen und eine stabile Wettbewerbsposition gewinnen. "Wir werden definitiv keinen Service-Provider am Markt uebernehmen und selbst auch nicht zum Kauf anstehen", beteuerte der Marketing-Leiter. Er raeumte aber auch ein, dass Motorola Telco in der Vergangenheit selbst Uebernahmeverhandlungen gefuehrt habe. Unterdessen sei das Management jedoch zu dem Ergebnis gekommen, das Unternehmen aus eigener Kraft wachsen zu lassen und schon 1995 den Break even schaffen zu wollen. Ab Herbst sollen auch e-plus-Karten vermarktet werden.

Dieses Ziel soll nicht nur fuer Deutschland, sondern auch fuer Europa gelten. Insgesamt zaehlt das Unternehmen, das 1984 in England gegruendet wurde, in der Alten Welt rund 180 000 Kunden. Motorola Telco verfuegt neben D1 und D2 auch ueber Netzlizenzen von SFR und France Telecom in Frankreich sowie Vodaphone und Cellnet in England. Darueber hinaus beabsichtigt die Company noch, in Holland, Italien und Spanien aktiv zu werden.

Einer Studie der Unternehmensberatung Booz, Allen & Hamilton zufolge, die Becker zitierte, werden den Preiskampf in Deutschland langfristig nur einige wenige, international taetige Diensteanbieter ueberleben. Auf europaeischer Ebene wird erwartet, dass sich sechs bis acht sogenannte Mega-Service-Provider etablieren koennen. Diese werden in allen europaeischen Laendern agieren und ein starkes Gegengewicht zu den heute meist regional operierenden Mobilfunk-Netzbetreibern bilden.

Experten prognostizieren fuer das Jahr 2000 im Mobilfunkbereich rund 40 Millionen Teilnehmer in Europa. 50 Prozent dieses Bestandes, so die Schaetzungen, werden von Service-Providern verwaltet und davon wiederum zwischen 60 und 70 Prozent von den sechs bis acht groessten internationalen Diensteanbietern kontrolliert werden, zu denen auch Motorola Telco gehoeren moechte.