Euro-Computerland an der Leine

10.02.1995

Dieter Eckbauer

Wenn die Deutsche Messe AG, Hannover, darauf verweist, dass die CeBIT wieder einmal total ausgebucht ist, kann ihr niemand widersprechen. Verhaelt sie sich so, als sei alles paletti, dann werden einige Kritiker die Faust in der Hosentasche ballen. Dass sich die Situation vor der CeBIT ´95 derart nicht mehr beschreiben laesst, haetten die wenigsten erwartet. Geschickt geht Messevorstand Klaus Goehrmann in die Offensive. Der "Sueddeutschen Zeitung" gegenueber aeusserte er, dass er sich die CeBIT "in neuer Struktur" vorstellen koenne: fachbezogen, hochkaraetig, Management-orientiert - und nebenbei schlanker. Damit kaeme Goehrmann den Wuenschen vieler Besucher und Aussteller entgegen.

Dann muesse es fuer Hannover aber auch einen Ausgleich in Form einer zusaetzlichen Verbrauchermesse geben, einer "CeBIT zum Anfassen", fordert der Messe-Manager. Dieser Wunsch ist nur zu verstaendlich. Aber geht die "CeBIT-light"-Rechnung auf? Zunaechst muesste ein gewichtiger Teil der Aussteller fuer die Idee eines CeBIT-Ablegers gewonnen werden. Welche Argumente koennte Goehrmann vorbringen? Nun, es ist unstrittig, dass sich den Anbietern im Soho-Markt der "Small Offices, Home Offices" eine erfolgversprechende Perspektive bietet - das PC-Business boomt, Multimedia fuer Consumer wird Wirklichkeit. Darin wittern aber auch Goehrmanns Konkurrenten, die Messechefs in Berlin, Koeln und Muenchen, ein lukratives Ausstellungsgeschaeft.

Und die potentiellen Besucher? Wo sind die vielen PC-Anwender, die dem Ruf zur Consumer-CeBIT folgen sollen? Wie soll man das Ding ankuendigen? Das sind keine Fragespielereien, sondern Einwaende, mit denen sich Goehrmann auseinandersetzen muss. Auf einen Selbstlaeufereffekt wie bei der "grossen" CeBIT kann er nicht spekulieren. Ein Euro-Computerland an der Leine, sollte es den Hannoveranern vorschweben, haette wohl nur geringe Chancen.

Was also bezweckt Goehrmann, der seine Pappenheimer, die Aussteller, kennt? Um eine CeBIT-Reform kommt der Messe- Dienstleister nicht herum - dann lieber die Sollbruchstelle in einer Weise vorgeben, dass jedweder Kompromiss unmoeglich erscheint. Man koennte ja auch die Auslagerung des OEM-Teils der CeBIT anpeilen, um vorgeblich die Interessen derjenigen Produzenten zu schuetzen, die auf Endanwenderkontakte nicht angewiesen sind. Darauf werden sich die Betroffenen schon gar nicht einlassen, was nicht heisst, dass sie mit der derzeitigen Situation zufrieden sind.

Goehrmann taktiert, also muss er staerkerem Druck durch die Aussteller ausgesetzt sein, als er oeffentlich zuzugeben bereit ist. Das laesst hoffen, dass die CeBIT-Reformer diesmal zum Zuge kommen. Andererseits waere es verfrueht, bereits von einer Wende in der Messepolitik zu sprechen. Demnaechst tagt der Ausstellerbeirat - durchaus moeglich, dass es auf Hornberg hinauslaeuft, worueber der Fuchs Goehrmann vermutlich nicht traurig waere. Sicher ist nur, dass niemand zu einem Messebesuch gezwungen werden kann.