Web

Unfaire Geschäftspraktiken

EU wird Kartellklage gegen Intel erheben

27.07.2007
Die Europäische Kommission hat dem weltgrößten Chiphersteller zunächst ein erstes "Statement of Objections" übersandt. Nun droht ein Verfahren, das ähnlich komplex und langwierig werden könnte wie der Kartellprozess gegen Microsoft.

Die EU-Kommission werde heute offiziell bekannt geben, dass sie kartellrechtlich gegen Intel vorgehen wolle, berichtet das "Wall Street Journal". Der Branchendienst "Cnet" zitiert bereits den Kommissionssprecher Ton Van Lierop mit der Aussage: "Ich kann bestätigen, dass das Statement of Objections zugestellt wurde."

Intels kleinerer Konkurrent Advanced Micro Devices (AMD) - beide Firmen bekämpfen sich seit Jahren erbittert im Markt für x86-Prozessoren für PCs und PC-Server - hatte bereits im Oktober 2000 bei der EU eine Beschwerde über Intels Geschäftspraktiken eingereicht. Dass Brüssel erst jetzt reagiert, wird weithin als Hinweis auf die Komplexität der Angelegenheit und darauf gewertet, dass sich Juristen uneins darüber sind, wie Intels Subventionen und Rabatte zu bewerten seien.

AMD wirft Intel vor, PC-Hersteller mit benachteiligenden Rabatten, Preisnachlässen und Marketing-Incentives dazu zu nötigen, 90 bis 100 Prozent ihrer Prozessoren von Intel zu beziehen. In den USA hat AMD eine eigene Kartellklage gegen Intel angestrengt und drängt die dortigen Kartellbehörden, gegen Intels Gebaren vorzugehen.

Intel besteht natürlich seinerseits darauf, seine Praktiken seien fair und legal. "In jeder anderen Branche würde, was hier geschieht, auf der Titelseite jeder Zeitung landen", beklagte sch Henri Richard, AMDs Executive Vice President für Sales und Marketing, gestern im Anschluss an ein Meeting mit Analysten. "Aus unerfindlichen Gründen wird es in der Computerindustrie toleriert."

Intel argumentiert unter anderem, seine Incentives seine effektiv Nachlässe, die die Preise seiner Chips senkten und damit den Verbrauchern günstigere PCs bescherten. AMD wiederum unterstellt, Intel arrangiere seine Subventionen dergestalt, dass damit PC-Bauer bestraft werden könnten, die bei AMD kaufen - etwa, indem vierteljährliche Rabattzahlungen verzögert werden.

David Balto, der als Policy Director bei der US-Aufsichtsbehörde Federal Trade Commission (FTC) in den 1990er Jahren Intels Taktiken untersucht hatte, erklärte, die Beweise dafür, dass Intels Rabatte an die Endkunden weitergereicht würden, seien "sehr zweifelhaft". Auf lange Sicht hinderten sie AMD daran, seinen Marktanteil substantiell auszubauen und damit Wettbewerb herzustellen, der Verbrauchern nütze.

AMD gelang es zuletzt zwischen 2003 und 2006, seinen Marktanteil merklich zu steigern. Im vergangenen Sommer konterte Intel mit einer Serie verbessert Produkte und holte sich verlorene Anteile zurück, insbesondere im ersten Quartal dieses Jahres. In der vergangenen Woche konnte AMD allerdings im Rahmen seiner Quartalszahlen vermelden, dass es seine Chip-Auslieferungen gegenüber dem vorhergehenden Vierteljahr um 38 Prozent erhöhen konnte, was auf wieder steigende Marktanteile hindeutet.

Bei seinem Analysten-Meeting gestern kündigte AMD eine neue Chipfamilie mit energieeffizientem Design (Codename "Bobcat") für den Einsatz in Settop-Boxen, anderen Consumer Electronics sowie in tragbaren Computern an. Der Bobcat-Kern ließe sich mit anderen Schaltungen laut Chief Technology Officer Phil Hester sogar zu einem so genannten System-on-a-Chip kombinieren, dass womöglich mit einer Leistungsaufnahme von nur 1 Watt auskommen könnte.

Intel hat mit "Silverthorne" ein vergleichbares Produkt in der Mache. AMD arbeitet außerdem an einer Hochleistungsausführung von Bobcat mit dem Codenamen "Bulldozer", die mit bis zu acht Rechenkernen auf einem Chip arbeitet soll. (tc)