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EU-Wettbewerbshüter und Microsoft streiten vor Gericht

21.04.2006
Die Brüsseler Wettbewerbshüter und Microsoft werden von Montag an erstmals vor Gericht über die Rechtmäßigkeit weit gehender EU-Sanktionen streiten.

Bei der bis Freitag angesetzten Anhörung vor dem zweithöchsten EU-Gericht in Luxemburg werden auch Konkurrenten des US-Konzerns zur Sprache kommen. Das Verfahren ist eine große Bewährungsprobe für die EU-Wettbewerbshüter; Microsoft hatte ihnen in ungewöhnlich scharfer Form unfaires Verhalten vorgeworfen.

"Ein Urteil des EU-Gerichts Erster Instanz wird erst im kommenden Jahr erwartet. Gerichtspräsident Bo Vesterdorf hatte vor eineinhalb Jahren in einer vorgeschalteten Eilprozedur die EU-Sanktionen gegen den Konzern zunächst einmal bestätigt. Microsoft hatte gegen die Brüsseler Strafen geklagt und nimmt die mündliche Verhandlung sehr ernst. Laut einem früheren Bericht der Brüsseler Wirtschaftszeitung "L'Echo" verpflichtete der Konzern zur Vorbereitung den früheren EU-Richter Melchior Wathelet.

Microsoft hatte vor zwei Jahren wegen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung die Rekord-Strafe von 497 Millionen Euro in die EU-Kasse gezahlt. Zudem verlangten die Wettbewerbshüter, dass Microsoft Konkurrenten bestimmte Schnittstelleninformationen zur Verfügung stellt.

Eine zweite Auflage verpflichtet den Konzern, eine Version des marktbeherrschenden Betriebssystems Windows ohne das Multimedia-Abspielprogramm Media Player zu liefern. Um die Umsetzung dieser Sanktionen gibt es weiterhin Streit. Die EU-Kommission drohte deshalb im vergangenen Dezember an, tägliche Zwangsgelder von bis zu zwei Millionen Euro zu verhängen. Außerdem behält sich EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes vor, ein neues Verfahren wegen des kommenden Betriebsystems Vista zu eröffnen. Computerhersteller und Verbraucher könnten bei Vista möglicherweise keine ausreichende Auswahl zwischen verschiedenen Softwarepaketen haben - so lautet der vorläufige Verdacht. Microsoft ist schon jetzt der mit Abstand komplizierteste Brüsseler Wettbewerbsfall.

Die Interessengemeinschaft ECIS, die in dem Konflikt die EU-Kommission unterstützt, teilte mit, es gebe keine Grundlage, die Entscheidung der EU-Behörde vom März 2004 zu kippen. Microsoft habe seine beherrschende Stellung bei PC-Betriebssystemen genutzt, um Wettbewerb auf angrenzenden Märkten zu verhindern. "Wir sind zuversichtlich, dass das Gericht am Ende der Beratungen die Entscheidung der Kommission bestätigen wird", sagte ECIS-Chef Simon Awde. ECIS gehören nach eigenen Angaben Unternehmen wie Corel, IBM, Nokia, Opera, Oracle, RealNetworks oder Sun Microsystems an. (dpa/tc)