Ab 2005 müssen Hersteller Altgeräte kostenlos entsorgen

EU verabschiedet Richtlinie für Elektronikschrott

10.01.2003
MÜNCHEN (CW) - Das europäische Parlament hat der vom Vermittlungsausschuss gebilligten Version einer Richtlinie zur Rücknahme und Entsorgung von Elektrogeräten zugestimmt. Danach haben die Mitgliedsstaaten bis spätestens 2005 entsprechende Rücknahmesysteme einzurichten.

Verbraucher sollen ab 2005 ihren Elektroschrott kostenlos an eigens dafür eingerichteten Sammelstellen abgeben können. Das Finanzierungskonzept sieht vor, dass die Hersteller der Geräte zumindest ab den Rücknahmestel-len die anfallenden Kosten für Sammlung, Verwertung und Entsorgung tragen müssen. Ferner haben die Abgeordneten ihr Modell der individuellen Finanzierung durchgesetzt. Das bedeutet, dass jeder Hersteller für die Entsorgung seiner eigenen Produkte geradestehen muss. Die Politiker erhoffen sich von dieser Regelung einen verstärkten Trend zu umweltbewussterem Design künftiger Elektronikprodukte.

EU-Mitglieder streiten über Sammelquoten

Die Elektroschrott-Richtlinie mit der Kurzbezeichnung WEEE (Waste from Electrical and Electronic Equipment) passierte nach sich über zwei Jahre hinziehenden Debatten das Europaparlament in dritter Lesung. Streit gab es bis zuletzt über Vorschriften zu den Sammelquoten. Während der Europäische Rat keine verbindlichen Vorgaben in der Richtlinie festschreiben wollte, bestanden die EU-Parlamentarier in ihrem Entwurf zunächst auf einer Recycling-Quote von sechs Kilogramm pro Einwohner und Jahr. Zuletzt einigte man sich im Vermittlungsausschuss auf eine Sammelquote von vier Kilogramm, die jedes EU-Mitgliedsland spätestens ab 2006 nachweisen muss.

Die Richtlinie, die innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht umgewandelt werden muss, schreibt ferner Einzelquoten für bestimmte Produktkategorien vor. So müssen beispielsweise bis Ende 2006 Recycling-Quoten von 50 Prozent für Kleingeräte wie Toaster oder Staubsauger beziehungsweise 75 Prozent für Großgeräte wie Kühlschränke erreicht werden. Ein gesondertes Finanzierungskonzept ist für die Entsorgung von Geräten notwendig, die vor 2005 in Umlauf gebracht werden. Da eine Reihe von Herstellern vermutlich nicht mehr zu ermitteln sein wird, müssten die Kosten für das Recycling kollektiv getragen werden. Dabei sollen die Hersteller der jeweiligen Branche in die Pflicht genommen werden.

Nach Einschätzung des Abfallexperten des Europaparlaments Karl-Heinz Florenz von der CDU können Verbraucher, Umweltschützer und Industrievertreter mit der neuen Regelung zufrieden sein. Die Hersteller würden motiviert, Produkte herzustellen, deren Verwertung möglichst preiswert ist. Davon würden nicht zuletzt auch die Verbraucher profitieren. Mit der Richtlinie betont die EU ihren Willen, Recycling von Wertstoffen zu fördern. Dies stehe jedoch im Widerspruch zu den Praktiken einzelner Hersteller, heißt es in einer EU-Meldung. Insbesondere Tintenpatronen für Drucker würden mit Vorrichtungen versehen, die eine Wiederverwendung verhinderten, rügen die verantwortlichen Politiker. Künftig sollen derartige Praktiken unterbunden werden. Wie die Druckerhersteller, die einen Großteil ihres Profits mit Verbrauchsmaterialien wie Tinte erwirtschaften, darauf reagieren werden, bleibt abzuwarten. Keine Wartefrist gibt es dagegen für das Verbot von gefährlichen Stoffen bei der Produktion von Elektrogeräten. So sind ab 1. Juli 2006 Stoffe wie Blei, Cadmium, Quecksilber und sechswertiges Chrom verboten.

Entsorgung kostet in Deutschland bis zu 500 Millionen Euro

Das Echo der Branchenverbände auf die EU-Richtlinie ist uneinheitlich. Vertreter des Branchenverbandes Bitkom begrüßten den entschärften EU-Beschluss. So habe die Industrie erreichen können, dass beispielsweise giftige Verbrauchsmaterialien wie Tonerkartuschen von der Richtlinie nicht betroffen seien. Die Bitkom-Verantwortlichen rechnen damit, dass von den EU-weit etwa sechs Millionen Tonnen Elektroschrott rund 1,1 Millionen Tonnen pro Jahr in Deutschland anfallen werden. Die Entsorgungskosten taxieren die Experten auf 350 bis 500 Millionen Euro. Angesichts dieser Summe mahnt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder, die Kommunen zum Sammeln des Mülls gesetzlich zu verpflichten. Diese seien dafür verantwortlich, dass genügend Sammelbehälter aufgestellt würden. Die Industrie übernehme dann die umweltgerechte Verwertung und Entsorgung.

Der Zentralverband der Elektroindustrie (ZVEI) warnt vor schärferen Vorschriften. So müssten die EU-Mitgliedsstaaten zwar die Richtlinie in nationales Recht umwandeln. Es gibt aber auch die Möglichkeit, das Regelwerk abzuändern. Beispielsweise lasse die Richtlinie offen, ob die Hersteller nur die Verwertung der Altgeräte oder auch zusätzlich das Einsammeln übernehmen müssen. Sollten nun beispielsweise in manchen Ländern die Elektronikproduzenten dazu verpflichtet werden, Geräte ab der Haustür der Verbraucher zu übernehmen, könnte dies innerhalb der EU zu Wettbewerbsverzerrungen führen, mahnen die Branchenvertreter.

Die Hersteller haben die EU-Richtlinien akzeptiert und beginnen bereits mit ihren Planungen für die Entsorgung und Verwertung des Elektroschrotts. So haben beispielsweise Unternehmen wie Hewlett-Packard, Sony, Braun und Elektrolux ein Abkommen unterzeichnet, die Rücknahme der Altgeräte gemeinsam zu organisieren.

Firmen schließen Bündnisse zur Schrottverwertung

Die Firmen wollen zusammen einen europaweit agierenden Dienstleister mit der Schrottverwertung beauftragen. Von der Bündelung der Recycling-Interessen versprechen sie sich Einsparungen in Höhe von 30 bis 40 Prozent. Auch die zehn weltweit führenden Handy-Hersteller haben bereits ein Abkommen zur gemeinsamen Entsorgung von Alt-Handys unterzeichnet. So wollen LG, Matsushita, Mitsubishi, Motorola, NEC, Nokia, Philips, Samsung, Siemens und Sony/Ericsson künftig zusammen mit den Netzbetreibern ausgediente Mobiltelefone umweltgerecht recyceln. (ba)