Angst vor mehr Bürokratie und Kosten

EU-Parlament lehnt Bilanzierungsstandards für Mittelstand ab

30.04.2008
Das Europäische Parlament hat die Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards (IFRS) für kleine und mittlere Unternehmen abgelehnt. Der Grund: Das Plenum sieht keine Notwendigkeit für diese komplexen und komplizierten Regeln, die das International Accounting Standards Board (IASB) in London vorgeschlagen hatte.

Die Europaabgeordneten bezweifeln, dass auf EU-Ebene überhaupt Bedarf an einheitlichen Standards für den Mittelstand besteht. Sollte sich jedoch eine solche Notwendigkeit ergeben, will die EU-Kommission die erforderlichen Richtlinien als europäischer Gesetzgeber selbst erarbeiten und nicht auf die IASB-Standards zurückgreifen. Das privatrechtlich organisierte und finanzierte IASB hatte 2007 unaufgefordert einen Entwurf von Standards für den Mittelstand vorgelegt. Bislang gelten von der Londoner Organisation ausgearbeitete, internationale Rechnungslegungsstandards nur für börsennotierten Unternehmen, die sie seit 2005 anwenden müssen. Diese IASB-Standards wurden auch in gültiges EU-Recht umgesetzt, nicht aber die Vorschläge des IASB für den Mittelstand.

Handlungsbedarf könnte für die EU-Kommission allerdings notwendig werden, weil Dänen und Briten ihren mittelständischen Unternehmen möglicherweise empfehlen wollen, die IASB-Standards anzuwenden, sobald sie in endgültiger Fassung vorliegen. Sollten einige Mitgliedstaaten in diesem Sinne verfahren, befürworten die Abgeordneten eine EU-einheitliche Lösung, um einer Zersplitterung des Marktes vorzubeugen.

Bürokratie und Kosten vermeiden

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) sprach indes von einer "richtigen" Entscheidung, da die mit den IFRS verbundenen Anforderungen zusätzlichen Bürokratieaufwand und Kosten verursacht hätten. Der Verband schloss sich zudem der Kritik von Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy gegenüber dem IASB an. Der Politiker hatte den Entwurf des Boards für Bilanzierungsstandards im Mittelstand als für die Mehrheit dieser Unternehmen nicht anwendbar bezeichnet.

Ohoven: Freiwillig sollte kein Mittelständler nach IFRS bilanzieren.
Ohoven: Freiwillig sollte kein Mittelständler nach IFRS bilanzieren.
Foto: BVMW

Zufrieden mit dem Veto der EU-Parlamentarier zu den Bilanzierungsnormen für den Mittelstand ist zunächst auch der Bundesverbands mittelständischer Wirtschaft (BVMW). "Das Europäische Parlament hat mit dem klaren Nein zur Einführung internationaler Rechnungslegungsvorschriften für kleine und mittlere Unternehmen ein positives Signal gesetzt. Dem Mittelstand bleiben so zusätzliche Bürokratie und Kosten erspart," sagte BVMW-Präsident Mario Ohoven. Er hoffe, dass die neuen Bilanzregeln nicht doch noch durch die Hintertür der Übernahme in einzelnen Mitgliedstaaten Einzug in Europa hielten. Gegen die internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) sprächen vor allem die Komplexität des Regelwerks und die mit der Umstellung verbundenen Kosten. "Ich kann deshalb auch so gut wie keinem Mittelständler empfehlen, auf freiwilliger Basis nach IFRS zu bilanzieren", so Ohoven.