Nach Selbstbeschränkungserklärung bei Settop-Boxen-Technik

EU-Kommission beendet Microsoft-Untersuchung

27.04.2001
MÜNCHEN (CW) - Die Europäische Kommission beendet eine von drei Untersuchungen gegen Microsoft. Das Softwarehaus war wegen seines "übermäßigen Einflusses" im Zusammenhang mit dem Einsatz von Techniken in Settop-Boxen bei zwei Kabel-TV-Firmen ins Fadenkreuz der Kartellbehörden geraten.

Microsoft erklärte sich bereit, diesen großen Einfluss auf technische Entscheidungen der beiden Anbieter von Settop-Boxen NTL aus Großbritannien und United Pan-Europe Communications (UPC) aus den Niederlanden nicht weiter auszuüben. Die europäischen Wettbewerbshüter untersuchen allerdings noch in zwei anderen Verfahren den Vorwurf, Microsoft nutze seine dominierende Stellung im Markt für PC-Betriebssysteme, um sich auch Wettbewerbsvorteile bei der Server-Software zu verschaffen.

Wesentlicher Grund für das Ende der Untersuchungen im Markt für Kabel-TV-Techniken ist eine Einverständniserklärung von Microsoft und seinen beiden Partnern. Danach werden diese ihre "Technology Boards" auflösen beziehungsweise deren Aktivitäten in wettbewerbsrechtlich akzeptabler Weise verändern. Bei NTL wird das Technologiegremium ganz abgeschafft, bei UPC sollen auch Vertreter anderer Unternehmen dem Board angehören dürfen. Nach den Erkenntnissen der Ermittler stellten diese Technologieausschüsse unter maßgeblicher Beteiligung von Microsoft technische Empfehlungen auf, die de facto bindend waren. Das soll ab sofort unterbleiben, versprachen Vertreter des Softwareherstellers.

Microsoft hatte immer behauptet, es habe seine Minderheitsbeteiligungen an den beiden Firmen nicht dazu benutzt, Einfluss auf die technische Auslegung der Settop-Boxen zu nehmen und so Microsofts eigene Technik zum Einsatz zu bringen. Die Gates-Company stand unter anderem im Verdacht, in den Settop-Boxen Windows-artige Betriebssysteme unterbringen zu wollen. Microsoft sagte dazu, man habe noch nicht einmal ein fertiges Produkt anzubieten, das sich für Fernsehgeräte und Settop-Boxen eigne.

Das britische Unternehmen NTL, an dem Microsoft eine dreiprozentige Beteiligung besitzt, nutzt die Settop-Boxen des kalifornischen Herstellers Liberate Technologies. Von Philips stammt die Software, die UPC in seinen Geräten einsetzt. An UPC hält Microsoft einen Anteil von sechs Prozent. Allerdings testet UPC nach einem Bericht des "Wall Street Journal" in seiner neuen Gerätegeneration sowohl Software von Liberate als auch von Microsoft.

Angeschlossen an Fernsehgeräte, können Settop-Boxen nicht nur zum Navigieren via TV im Internet benutzt werden. Vielmehr lassen sich über diesen Weg auch diverse interaktive TV-Dienste auf Fernseher übertragen. Microsoft will die eigene, noch fertig zu entwickelnde Settop-Box-Software in eine künftige Variante seines PC-Betriebssystems mit dem Codenamen "Whistler" einbinden. PC-Nutzer könnten dann auf ihrem Computer Fernsehprogramme empfangen und hierbei ihren Rechner als Settop-Box benutzen.

Mit der jetzt in beiderseitigem Einvernehmen getroffenen Vereinbarung ist nunmehr, so hoffen die europäischen Wettbewerbshüter, die Gefahr ausgeräumt, dass Microsoft sich auf dem alten Kontinent eine monopolartige Stellung in der technischen Ausstattung digitaler Kabelnetze verschaffen könnte.