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EU-Gericht entscheidet am 17. September über Microsoft-Berufung

06.06.2007
Der Europäische Gerichtshof Erster Instanz in Luxemburg wird voraussichtlich am 17. September darüber urteilen, ob die Europäische Kommission Microsoft im März 2004 zu recht wegen Verstoß gegen EU-Kartellrecht verurteilt hat.

Der 17. September ist der letzte Werktag, bevor der dem langwierigen Verfahren vorsitzende Richter Bo Vesterdorf abtritt. Die eigens eingesetzte 13-köpfige Große Kammer des Luxemburger EU-Berufungsgericht muss klären, ob die Kommission den Fall weiter vorantreiben kann oder einen Rückzieher machen und Microsoft erlauben muss, seine Geschäftspraxis fortzuführen.

Im März 2004 hatte die Kommission Microsoft zu einer Rekordgeldstrafe von 497 Millionen Euro verurteilt und dem Konzern verschiedene Auflagen gemacht. Unter anderem befand die Kommission, Microsoft stelle anderen Server-Anbietern nicht genügend Informationen zu den Kommunikationsschnittstellen seines Server-Windows zur Verfügung.

Außerdem entschied die Brüsseler Exekutive, Microsoft behindere durch das Bundling seines Windows Media Player mit dem Betriebssystem den Wettbewerb mit anderen Anbietern von Mediensoftware wie RealNetworks und Apple. Microsoft musste auf Geheiß der Kommission eine absurde Windows-Variante ohne Media Player anbieten, für die sich weder PC-Hersteller noch Kunden interessieren.

Speziell bezüglich der Windows-Schnittstelleninformationen hat sich Microsoft der Entscheidung der Kommission bislang nicht gebeugt. Deswegen wurde im Juli 2006 ein weiteres Bußgeld in Höhe von 280,5 Millionen verhängt, weitere wurden angedroht. "In 50 Jahren europäischer Kartellpolitik sind wir zum ersten Mal mit einem Unternehmen konfrontiert, das einer Antitrust-Entscheidung nicht Folge geleistet hat", erklärte Kommissionssprecher Jonathan Todd.

Microsoft sieht das naturgemäß anders. Der Konzern steht auf dem Standpunkt, er habe nichts falsch gemacht und werde von der Kommission an Wettbewerb und Innovation gehindert.

Das Urteil des Gerichtshofs Erster Instanz wird endgültig sein, was die Feststellung von Fakten betrifft. Die Verliererseite wird aber zumindest die theoretische Möglichkeit haben, in rechtlichen und Verfahrensfragen von dem Europäischen Gerichtshof in die Berufung zu gehen.

Die Europäische Kommission behält sich vorsichtshalber schon einmal vor, neue Richtlinien dazu zu veröffentlichen, wie Anwälte unter Unternehmen Artikel 82 des EU-Staatsvertrags interpretieren sollten. Dieser deckt die Microsoft-Entscheidung ab. (tc)