Neue Internet-Adressen für Europa

.eu-Domain nimmt Gestalt an

03.11.2000
MÜNCHEN (CW) - Die EU-Kommission hat erstmals konkrete Vorschläge zur Verwaltung der geplanten Top-Level-Domains (TLD) mit der Endung .eu präsentiert, die die Entwicklung des E-Commerce in Europa vorantreiben soll.

Bei der Verwaltung der .eu-Domain will das Interim Steering Committee (ISG), eine Arbeitsgruppe der EU-Kommission, die politisch-organisatorischen Fragen vom operativen Geschäft trennen.

Breite Zustimmung innerhalb der Arbeitsgruppe findet dem ISG-Vorsitzenden Christopher Wilkinson zufolge ein Modell, das - ähnlich wie die Internet-Verwaltung "Internet Corporation for Assigned Names and Numbers" (Icann) - aus drei voneinander unabhängigen Funktionsbereichen besteht: den politisch-organisatorischen Tätigkeiten der EU-Kommission, einer nicht kommerziellen Instanz zur Verwaltung der Datenbanken für die europäischen URLs sowie den privaten Registraren wie Verisign oder Registrar.com - Unternehmen, bei denen Firmen und Privatpersonen die neuen TLDs anmelden können.

Die .eu-Domain soll vor allem den elektronischen Handel in Europa vorantreiben. Unternehmen und Organisationen haben damit wieder mehr Möglichkeiten bei der Namensgebung und können die Domain-Namen stärker auf bestimmte Fach- oder Interessensgebiete zuschneiden. Die neue TLD wird nach Einschätzung von Wilkinson im April 2001 starten.

Zuvor muss die Icann ihre Zustimmung erteilen, die im kommenden Jahr eine ganze Reihe weiterer TLDs einführen will, um den Mangel an länderübergreifenden Internet-Adressen mit den Endungen .com, .net und .org auszugleichen. Die Internet-Verwaltung erhofft sich von neuen Adressen vor allem, den Registrierungsmissbrauch einzudämmen, der insbesondere bei den .com-Domains grassiert. Gemeint ist das "Hamstern" von nicht verwendeten URLs sowie das so genannte Cybersquatting: die Reservierung von Domain-Namen mit dem alleinigen Ziel, sie gewinnbringend weiterzuverkaufen.

Aber auch mehr Wettbewerb unter den Registraren verspricht sich die Icann von zusätzlichen TLDs. So soll Marktführer Verisign von der Vergabe der neuen Domains zum Teil ausgeschlossen werden, da das Unternehmen die meisten .com-, .net- und .org-Adressen vergibt.

Eine gewisse Entzerrung im Namensraum könnte es auch durch die Einrichtung von Second-Level-Domains (SLDs) geben, die der eigentlichen TLD vorangestellt werden. Denkbar wäre etwa .per.eu für Personen oder .co.eu für Unternehmen. Außerdem will die EU Schlichtungsregeln aufstellen, um Domain-Streitigkeiten außergerichtlich beilegen zu können.

Streit um neue TLDsAm 15. November soll die Entscheidung fallen, welche der rund 150 eingereichten Vorschläge - etwa .web, .shop oder .firm - ab Anfang nächsten Jahres ans Netz gehen. Bis dahin muss die Icann die rechtlichen Fragen, die einige der vorgeschlagenen Endungen aufwerfen, geklärt haben. Auf Widerstand stoßen bestimmte Abkürzungen vor allem in namensrechtlicher Hinsicht. Die US-Firma Economic Solutions etwa setzt sich gegen die Einführung einer TLD mit der Endung .biz zur Wehr. Das Unternehmen hatte sich im vergangenen Jahr die Country-Code-Domain .bz des Inselstaats Belize als Second-Level-Domain (SLD) reserviert - also .bz.com - und befürchtet Verwechslungen, wenn die .biz-TLD grünes Licht erhält. Nach US-Recht stehen TLDs jedoch nicht unter markenrechtlichem Schutz. Außerdem, so Icann-Generalkonsul Louis Touton, handelt es sich im vorliegenden Fall nur um eine SLD. Und schließlich sei die Endung .bz in erster Linie für die Internet-Community von Belize gedacht - "und nicht für US-Firmen, die etwas haben wollen, das wie ,biz'' klingt".