"America Offline" als warnendes Beispiel

EU-Carrier kritisieren US-Abrechnungsverfahren

14.03.1997

Stellvertretend für viele europäische Carrier kritisierte ein Repräsentant von British Telecom (BT) jetzt das amerikanische Modell als "absurd". Auf diese Weise, so Rupert Gavin, Director of Multimedia Services bei BT, könne ein Internet-Service-Provider (ISP) nie Geld verdienen. Der unbegrenzte Zugang für die Amerikaner verführt Gavins Meinung zufolge nur dazu, daß die Anwender den ganzen Tag online blieben und so Leitungskapazitäten blockierten.

Als Ursache dafür hat der BT-Manager das kostenlose Telefonieren im Ortsbereich ausgemacht. Diese Unsitte führe nicht nur zu Engpässen im Internet, sondern auch dazu, daß weder Carrier noch ISPs auf ihre Kosten kämen. Letzte Konsequenz seien dann Probleme, wie sie America Online (AOL) nach der Einführung eines Pauschaltarifs gehabt habe. Spötter hatten den Dienst in den USA aufgrund der ständigen Überlastungen bereits in "America Offline" umgetauft.

Allerdings dürfte sich Gavin mit seiner Kritik etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt haben, denn BT bietet selbst einen unbegrenzten Internet-Zugang für 19 Dollar im Monat an. Im Gegensatz zu den USA müssen die Anwender aber für den örtlichen Zugang zum Internet-Knoten zusätzlich Telefongebühren zahlen.

Vor diesem Hintergrund empfand Laurence Blackall, Managing Director der Global Internet Ltd., Gavins Kritik als scheinheilig. Blackall geht nämlich davon aus, daß BT mit seinem Internet-Dienst Verluste einfährt, die der Carrier über die Telefongebühren subventioniert. Unter dem Strich, so die Vermutung des Managers, dürfte BT dank dem Gebührenaufkommen im Ortsbereich ein Geschäft mit dem Internet machen.